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Happy Birthday, Pawlow!

Heute vor 175 Jahren wurde Iwan Petrowitsch Pawlow geboren. Seine Experimente zur Konditionierung von Hunden haben den russischen Mediziner weltberühmt gemacht. Entdeckt hat er die klassische Konditionierung allerdings eher zufällig. Woran forschte Pawlow eigentlich? Wie funktioniert klassische Konditionierung? Und wo begegnet sie uns im Alltag?
THE, 26.09.2024
Iwan Petrowitsch Pawlow (1849-1936), der 1904 unter anderem für seine Forschung zu den konditionalen Reflexen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde

© Pawlow: Денис Мартынов фотограф 1856-1932 / CC BY-SA 4.0; Experiment: Wellcome Collection gallery / CC BY 4.0

Heute, am 26. September 2024, würde Iwan Petrowitsch Pawlow seinen 175. Geburtstag feiern. Der russische Mediziner ist zwar für seine Experimente zur Konditionierung von Hunden bekannt. Doch eigentlich forschte Pawlow anfangs an anderen Themen: Seine Doktorarbeit handelte zum Beispiel von den Nerven des Herzens. Und auch die Experimente, für die er den Nobelpreis erhielt, behandelten nicht primär die Psychologie. Eigentlich untersuchte Pawlow nur den Zusammenhang zwischen Verdauung und Speichelfluss.

Dermoplastik eines der Pawlowschen Hunde im Pawlow Museum Rjasan, Russland
Dermoplastik eines der vielen Hunde, die Pawlow in seinen Experimenten gebraucht hatte. Auf der linken Kopfseite hängt der chirurgisch eingepflanzte Speichelauffangbehälter aus dem Maul.

Der Pawlowsche Hund

Menschen und Tiere produzieren vor und während dem Essen vermehrt Speichel, um so die Verdauung zu erleichtern. Während seiner Experimente zum Speichelfluss bei Hunden entdeckte Pawlow allerdings, dass den Testhunden das Wasser bereits dann im Munde zusammenlief, wenn sie nur die Schritte der Besitzer hörten – auch, wenn noch gar kein Futter in Sicht war.

Um die Ursache für dieses Phänomen zu ergründen, trainierte der russische Mediziner weitere Hunde. Er gab ihnen immer dann Fressen, wenn ein charakteristischer Glockenton erklungen war. Pawlow stellte daraufhin fest, dass der Speichel irgendwann auch dann floss, wenn lediglich die Glocke läutete, aber noch gar kein Futter präsentiert worden war – ähnlich wie zuvor bereits der Klang von Pawlows Schritten die Speichelbildung angeregt hatte.

Schema des Pawlowschen Experiments
Pawlow wies am Beispiel von Hunden nach, dass auch ein vormals neutraler Reiz wie ein Klingelton die Sekretion von Speichel und anderen Verdauungssäften auslösen kann, wenn er regelmäßig der Fütterung vorausgeht.

© Wellcome Collection gallery / CC BY 4.0

Die klassische Konditionierung ist geboren

Aus dieser Erkenntnis entwickelte Pawlow seine Theorie der klassischen Konditionierung. Diese besagt, dass eine Kopplung eines „sinnvollen“ Reizes, in diesem Fall der Anblick beziehungsweise Geschmack von Futter, und eines eigentlich neutralen Reizes, in diesem Fall Schrittgeräusche oder Glockenläuten, irgendwann zu derselben Reaktion führen – dem vermehrten Speichelfluss. „Somit beruht bei dem Akt des Fressens, bei der Scheinfütterung, die Erregung der Drüsennerven des Magens auf einem psychischen Moment, welches hier zu einem physiologischen geworden ist“, schrieb Pawlow dazu.

Der Grund für diesen Effekt: Im Hirn verändern sich bei der Konditionierung die Verbindungen zwischen Nervenzellen. Je häufiger wir erleben, dass ein Reiz dieselbe Folge nach sich zieht, desto kräftiger wird die erlernte Verknüpfung zwischen beiden. Bei diesem sogenannten assoziativen Lernen löst der Reiz dann irgendwann die antrainierte Reaktion aus. Hört der Hund die Glocke und wird danach gefüttert, lernt er irgendwann, dass auf den Glockenton das Fressen folgt und sein Körper schon einmal den Speichelfluss anregen kann. Das geschieht auch dann, wenn er die Glocke nur zufällig außerhalb der Fressenszeiten hört.

Ampeln und Wecker: Konditionierung beim Menschen

Auch für den Menschen liegt konditioniertes Lernen den meisten Lernvorgängen zugrunde. Ein typisches Beispiel hierfür ist die automatische Reaktion bei Ampelfarben. Selbst wenn wir nicht explizit darüber nachzudenken, reagieren wir auf einen Reiz – die Ampelfarbe – mit dem richtigen Verhalten: bei Rot bleiben wir stehen, bei Grün gehen wir weiter.

Ein weiteres Beispiel ist der morgendliche Weckton. Wenn man sich einen bestimmten Ton oder Song als Wecker einstellt, gewöhnt man sich irgendwann daran, dass dieser Sound bedeutet: Aufstehen, Stress, Cortisol. Und irgendwann spürt man das Stresshormon auch dann im Körper, wenn der Ton zufällig und nicht beim Aufwachen erklingt. Auf diese Weise hat der ein oder andere sich seinen als Weckton eingestellten Lieblingssong schon für immer verdorben.

Konditionierung könnte auch Bienen retten

Doch nicht nur Menschen und Säugetiere lassen sich konditionieren. Auch winzige Insekten verknüpfen Reiz und Reaktion miteinander. Honigbienen können beispielsweise durch Gerüche lernen. Auf diese Weise lässt sich auch ihr Verhalten beeinflussen, wie Forschende herausgefunden haben. Dafür konditionierten sie die kleinen Insekten auf verschiedene Düfte. Einer war zum Beispiel mit der Fütterung von Zuckerwasser verbunden. Sobald die Bienen diesen Geruch wahrnahmen, versuchten sie nach einiger Zeit, ihr geliebtes Zuckerwasser selbst dann aufzusaugen, wenn man ihnen gar keins gereicht hatte.

Diese klassische Konditionierung bei Bienen lässt sich auch zum Schutz der Tiere nutzen. „Bienen sind heutzutage bei der Palette an Pflanzenschutzmitteln vielen gefährlichen Gerüchen ausgesetzt. Im Idealfall erlernen sie, dass diese schlecht für sie sind. Dann können sie sich daran erinnern und einen Bogen darum machen. Bei Geschmäckern wissen sie bereits, wann ihnen schon einmal schlecht wurde“, erklärt Martin Paul Nawrot von der Universität Köln.

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