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Moschee von Córdoba: Raumschöpfung aus 1001 Nacht

Was macht die Moschee so besonders?

Die Freitagsmoschee im andalusischen Córdoba gilt als eindrucksvollstes Zeugnis islamischer Architektur in Spanien. Mit ihren stattlichen Ausmaßen von 178 x 128 Metern ist sie die drittgrößte Moschee der islamischen Welt und hat alle späteren Raubzüge und Eroberungen nahezu unbeschadet überstanden.

Fast 800 Jahre lang, von 711 bis 1492, herrschte der Islam im Südwesten Europas. In seiner Blütezeit vom 8. bis 10. Jahrhundert nahm das islamische Spanien den größten Teil der Iberischen Halbinsel ein. Nördlich davon hatten Christen ein kleines asturisch-galizisches Königreich gegründet, von wo aus sie neidvoll auf das reiche islamische Spanien blickten. Dessen politisches und kulturelles Zentrum war im 10. Jahrhundert Córdoba, mit rund 500000 Einwohnern die größte Stadt im westlichen Mittelmeerraum und neben Bagdad die Metropole der islamischen Welt.

Wer ließ die Moschee erbauen?

Die Moschee hatte mehrere Bauherren. Zunächst hatten die islamischen Eroberer nach dem Sieg über die Westgoten im 8. Jahrhundert Córdoba zur Residenzstadt ausgebaut. Emir Abd ar-Rahman I., der Al-Andalus zu einem mächtigen und reichen Staat machte, ließ ab 785 in Córdobas Zentrum eine neue Moschee errichten. Er wollte damit der Herrschaft seiner Dynastie und der wachsenden islamischen Bevölkerung ein religiöses Zentrum geben. Spätere Herrscher wie Mohammed I., Abd ar-Rahman III., Al-Hakem II. und Almansor vergrößerten das Bauwerk, bis es schließlich zu einem gewaltigen Moscheebezirk von 23400 Quadratmetern herangewachsen war.

Welche Wirkung erzielt die Architektur?

Der schlichte Außenbau mit seinen zwölf Meter hohen Mauern gleicht einer Festung. Künstlerische Akzente setzen mehrere Portale entlang der Ost- und Westflanke. Hervorzuheben ist die reiche Dekoration der Puerta del Palacio, deren Tor von einem kühn geschwungenen Hufeisenbogen bekrönt und von verblendeten und filigran vergitterten Fenstern sowie Blendarkaden eingefasst wird. Besonders reizvoll ist das Wechselspiel von rotem Ziegel und sandfarbenem Gestein. Im Patio de los Naranjos, dem Moscheevorplatz innerhalb der Mauern, standen einst Zypressen, Lorbeer- und Olivenbäume. Daneben gab es auch Brunnen, da das Areal den rituellen Reinigungsbädern vorbehalten war. Der Überlieferung nach ließ erst der christliche König Alfons X. hier Orangenbäume anpflanzen. Der heute steil aufragende Glockenturm ist ein barocker Umbau des Minaretts, das unter den Mauren im 10. Jahrhundert errichtet worden war.

Was gliedert den Innenraum?

Im Inneren der Moschee empfängt ein Wald aus dicht beieinanderstehenden Säulen den Besucher. Die 860 schlanken, schwerelos wirkenden Säulen sind größtenteils antikrömischen Ursprungs. Auf ihnen lasten die so genannten Kämpferblöcke. Sie dienen sowohl den Hufeisenbögen, die zu den benachbarten Stützen überleiten, als auch den aufragenden Pfeilern als Basis. Diese bilden ein oberes, von Halbkreisbögen bestimmtes »Stockwerk« aus, dessen Farbenspiel den Blick immer wieder auf sich zieht. Der älteste Bauabschnitt aus der Zeit Abd ar-Rahmans I. erstreckt sich über den nordwestlichen Teil der Gebetshalle und nahm einst elf Schiffe ein. Die Säulen schimmern rosafarben und blaugrau, die Keilsteine der Bögen setzen mit dem Wechsel aus rotem Ziegel und sandfarbenem Haustein optische Akzente. Der Mihrab (die Gebetsnische) des ersten Erweiterungsbaus aus dem 9. Jahrhundert hat sich in Gestalt der Capilla de Villaviciosa als eine der schönsten Raumschöpfungen der Moschee erhalten. Eine Rippenkuppel bekrönt die verzierten Schauwände mit ihren Vielpassbögen.

Wodurch zeichnet sich der Erweiterungsbau aus?

Durch seine hohe künstlerische Qualität. Der im Südwesten anschließende Erweiterungsbau erfolgte ab 961 unter Al-Hakem II. Sein Prunkstück ist ein zweiter Mihrab in Gestalt einer tiefen Nische mit muschelförmiger Kuppel, die je fünf quadratische Räume flankieren. Ausgezeichnet wird der Bereich durch eine zur Gebetshalle hin mit blauen und goldenen Mosaiken geschmückte Prachtfassade. Die Inschriften zitieren Koranverse und rühmen Al-Hakem II. Nicht minder aufwendig ist der Vorraum gestaltet, der aus ineinander verflochtenen Streben besteht. Ihn zieren Vielpassbögen sowie eine dünne Haut aus filigranem Stuckdekor. Die aus Bogenrippen gebildete Kuppel ist reich mit Mosaiken besetzt.

Wie gingen die Christen mit dem Zeugnis islamischer Baukunst um?

Selbst die christlichen Herrscher, die Córdoba 1236 erobern konnten, bewunderten die islamische Moschee. Anders die Domherren von Córdoba, die inmitten des Gebetsraumes ein mittelmäßiges Gotteshaus im Stil der Spätgotik errichten ließen. Kaiser Karl V. hatte ihnen – in Unkenntnis der Situation – seinen Segen gegeben. Als er später den brachialen Eingriff persönlich in Augenschein nahm, soll er ausgerufen haben: »Hätte ich gewusst, was das hier war, ich hätte nie gewagt, den alten Bau anzutasten. Ihr habt zerstört, was in der Welt einmalig war und etwas hingestellt, was man überall sehen kann!«

Wussten Sie, dass …

Córdoba 169 v. Chr. von den Römern besetzt und im 3. Jahrhundert n. Chr. Bischofssitz wurde?

an der Stelle, wo heute die Moschee ihre Pracht entfaltet, zuvor schon ein römischer Tempel sowie eine christliche Kathedrale stand?

die beeindruckenden Säulen des Inneren aus Jaspis, Onyx, Granit und Marmor bestehen?

Córdoba 1236 von den Christen zurückerobert wurde? Nur dem Geldmangel ist es zu verdanken, dass den Umbauplänen der neuen Herrscher nicht mehr zum Opfer fiel.

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