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Otto Lilienthal: Flugpionier der ersten Stunde

Wann packte Lilienthal der Traum vom Fliegen?

Schon als Kind im pommerschen Anklam war Otto Lilienthal (1848–1896) vom Fliegen fasziniert. Mit seinem Bruder studierte er den Vogelflug, schnallte sich Flügel an, um durch die Luft zu gleiten und mehr oder weniger sanft zu landen. Nach dem Abitur und einer Mechanikerlehre absolvierte Lilienthal in Berlin-Charlottenburg ein Ingenieurstudium. 1881 gründete er in Berlin eine Maschinenfabrik, in der Dampfmaschinen, Heizungsanlagen und Transmissionen hergestellt wurden. Nach seinen Plänen entstanden Dampfkessel, Heißluftmotoren, Schrämmmaschinen und auch der »Ankersteinbaukasten« für Kinder.

Was inspirierte die Erfindung des Fliegers?

Ab 1874 führte er intensive Studien zum Flugverhalten der Vögel und aerodynamische Versuche an Flügelmodellen durch. 1889 veröffentlichte er seine Abhandlung »Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst« und machte sich daran, seine theoretischen Erkenntnisse mit eigenen Flugapparaten praktisch umzusetzen. Anfangs gelangen ihm nur kleine Hüpfer vom Schuppendach, doch ab 1891 wurden seine Flugversuche respektabler. Am 9. August 1896 wurde er bei einem Probeflug von einer Windbö erfasst und stürzte ab. »Opfer müssen erbracht werden«, waren seine letzten Worte, bevor er am Tag darauf seinen schweren Verletzungen erlag.

Wie entwickelten sich die Flugapparate?

Der Durchbruch war Lilienthal bei Derwitz in der Mark Brandenburg mit seinem »Derwitz-Apparat« gelungen. Das erste manntragende Flugzeug brachte ihn 25 Meter durch die Luft. 18 Kilogramm leicht war der Apparat, mit einer Flügelspannweite von 7,6 Metern und einer Flügelfläche von zehn Quadratmetern.

Nach und nach wurden Lilienthals Apparate stabiler und aerodynamisch ausgefeilter. 1893 flog er mit seinem »Maihöhe-Rhinow-Apparat« 50 Meter weit. Das Fluggerät mit den Segeltuchtragflächen baute er zum »Normalsegelapparat« aus, erzielte damit eine Höhe von 23 Metern und seine Rekordreichweite von 250 Metern. Für 500 Reichsmark war das Serienmodell im Handel erhältlich.

Im Lauf der Jahre entstanden die unterschiedlichsten Fluggeräte. Lilienthal baute Apparate, deren Flügel strahlenförmig ausgerichtet waren und zusammengefaltet werden konnten, er experimentierte mit Vorflügeln, beweglichem Leitwerk und Schwingklappen an den Flügelspitzen oder konstruierte Doppeldecker-Gleiter. Seine Apparate mit Schwingen an den Flügelspitzen, die durch Kohlensäuremotorantrieb betätigt werden sollten, hoben indes nicht ab. Zu sehr war er auf den Schwingenflug der Vögel fixiert.

Wie reagierte die Öffentlichkeit?

Nicht nur beim schaulustigen Publikum erregte Otto Lilienthal mit seinen Flugapparaten viel Aufmerksamkeit. Da die Fotos seiner Flugversuche um die Welt gingen, stieß er auch international auf großes Interesse. Flugpioniere reisten aus dem Ausland an, um sich von der sensationellen Leistung des deutschen Ingenieurs zu überzeugen. Seine zukunftsweisenden Ideen von einem motorgetriebenen Antrieb konnte Lilienthal wegen seines tödlichen Absturzes nicht mehr umsetzen. Doch seine Erfahrungen und sein Wissen schufen die Voraussetzungen für den ersten Motorflug der Gebrüder Wright im Jahr 1903.

Wussten Sie, dass …

der technisch innovative Lilienthal rund 20 Patente in seinem Leben erwarb, vier davon im Bereich Aeronautik?

Lilienthal zwischen 1889 und 1896 insgesamt 18 Flugapparate konstruierte und rund 2000 Flugversuche unternahm?

der Flieger seine Flugversuche von einem 15 Meter hohen künstlich errichteten Hügel, dem »Fliegeberg« bei Berlin-Lichterfelde, durchführte, den es heute noch gibt?

Wo sind noch heute ähnliche Flugapparate im Einsatz?

Im Freizeitsport. Das heutige Drachenfliegen geht auf den NASA-Ingenieur Francis Melvin Rogallo zurück, der für Fallschirme eine flexible, quadratische Tragfläche aus Stoff konstruierte. 1961 hat sie der US-Amerikaner Barry Hill Palmer zum ersten Hängegleiter aus Bambus und Cellophan weiterentwickelt, der damit zum ersten Drachenflieger der Welt wurde. Mitte der 1960er Jahre fand dieser neue Luftsport besonders in den Küstenregionen der USA immer mehr Freunde. Die »Freiheit der Lüfte« fügte sich perfekt ein in das Lebensgefühl der Flower-Power-Generation. Ende der 1960er Jahre wurden modernere Werkstoffe eingesetzt. Mit der Erfindung des Steuerbügels kam die entscheidende Verbesserung in der Steuertechnik.

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