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„Gesunder“ Drogenkonsum durch Drug-Checking?

Dass Drogen der Gesundheit schaden, ist allgemein bekannt. Doch wer illegal beim Dealer kauft, muss sich nicht nur um die schädlichen Drogen an sich sorgen, sondern auch um mögliche Verunreinigungen und zu hohe Dosierungen. „Drug-Checking“ soll das ändern – bald vielleicht sogar bundesweit. Doch was bringen die kostenlosen Drogenüberprüfungen wirklich? Machen sie den Konsum tatsächlich „gesünder“? Und wieso ist die Polizei nicht gerade begeistert von ihnen?
AMA, 26.06.2023
Symbolbild Drug-Checking

© Ivan-balvan, GettyImages

In Deutschland sind eine ganze Reihe von berauschenden Substanzen verboten, darunter Ecstasy, Speed, Kokain und LSD. Doch das hält Drogensüchtige nicht immer von ihrem Konsum ab. Wer allerdings Crystal Meth und Co. von einem illegalen Dealer bezieht, kauft die Katze im Sack. Von außen kann man den Substanzen meist nicht ansehen, ob sie mit weiteren gefährlichen Stoffen verunreinigt oder viel zu hoch dosiert sind. Um den Konsum sicherer zu machen, hat die Stadt Berlin deshalb Anfang Juni 2023 drei sogenannte Drug-Checking-Stellen eingerichtet.

Was ist Drug-Checking?

Bei einem solchen Drug-Checking können Erwachsene anonym Proben ihrer Drogen-Käufe bei speziellen Beratungsstellen abgeben und die Substanzen dort kostenlos überprüfen zu lassen. Ein neutrales Labor untersucht die Drogen dann hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe und nach drei Tagen bis einer Woche erfahren die Käufer schließlich, ob ihre Ware „clean“ oder verunreinigt ist.

Bislang gibt es ein solches Angebot hierzulande nur in Berlin. Es richtet sich sowohl an täglich konsumierende Süchtige als auch an Personen, die hin und wieder auf Partys Drogen nehmen. Zum Berliner Drug-Checking gehört neben der Inhaltsanalyse außerdem ein verpflichtendes Beratungsgespräch. „Es soll dich dabei unterstützen, dein Konsumverhalten einzuschätzen und deine persönlichen Konsumrisiken zu minimieren“, heißt es auf der Webseite des Anbieters.

Was bringt Drug-Checking?

Das Angebot des Drug-Checkings soll Konsumenten vor besonders gesundheitsschädlichen Präparaten warnen und ihnen dabei helfen, ihr eigenes Konsumverhalten zu überdenken. Im besten Fall minimiert es dadurch die Risiken, die mit dem Drogenkonsum einhergehen. So kann es etwa dabei helfen, Drogentote zu vermeiden. Wirklich „gesund“ ist der Konsum nach einem durchlaufenen Drug-Check aber noch lange nicht, lediglich weniger gefährlich.

Das Verfahren könnte außerdem dazu beitragen, den generellen Konsum zu senken. Denn, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, führt ein Warnhinweis nach der chemischen Analyse häufig dazu, dass Betroffene entweder weniger oder sogar nichts von ihren Käufen konsumieren.

Lob von Ärzten und der Politik

Lob für das Drug-Checking-Projekt in Berlin kommt unter anderem von Ärztevertretern. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte würde sich sogar wünschen, das Angebot auch auf Minderjährige auszuweiten. „Ein Nachweis von toxischen Substanzen birgt die Möglichkeit, Jugendliche davon zu überzeugen, die Hände vollständig von Drogen zu lassen und sorgt für eine zusätzliche Sicherheit“, teilte Sprecher Jakob Maske der „Welt“ mit.

Auch das Bundesgesundheitsministerium heißt Drug-Checking grundsätzlich gut. Trotzdem dürfe damit nicht der Irrglauben verbreitet werden, dass es den Drogenkonsum vollkommen ungefährlich mache. „Der beste Drogenkonsum ist gar kein Drogenkonsum“, betont das Ministerium in der „Welt“.

Polizei ist skeptisch

Die Gewerkschaft der Polizei in Berlin sieht das Drug-Checking hingegen noch skeptisch. In ihrer Kritik geht es vor allem darum, dass den Drogen-Käufern Anonymität zugesichert wird. Dadurch seien an den Beratungsstellen allerhand Menschen unterwegs, die offen zugeben, illegale Drogen zu besitzen, aber trotzdem keine strafrechtliche Verfolgung fürchten müssen.

Spinnt man dieses Szenario weiter, könnte jemand, bei dem im Rahmen einer Kontrolle Drogen entdeckt werden, theoretisch einfach behaupten, er sei gerade auf dem Weg zum Drug-Checking. Die Polizei könne in einer solchen Situation jedoch nicht einfach wegsehen und denjenigen durchwinken, heißt es von Seiten der Gewerkschaft.

Gibt es das Angebot bald bundesweit?

Trotz polizeilicher Kritik könnte Drug-Checking bald deutschlandweit verfügbar sein. Dass Bedarf daran besteht, zeigt sich unter anderem am großen Andrang in Berlin. Die Anbieter verzeichnen aktuell doppelt so viele Anfragen, wie sie bewältigen können. Seit Einrichtung des Angebots Anfang Juni seien bereits 83 Rauschgiftproben zur Laboranalyse abgegeben worden, teilte die Senatsgesundheitsverwaltung mit.

Seit vergangener Woche liegt auch ein Gesetzesentwurf der Regierung vor, der Drug-Checking in ganz Deutschland ermöglichen will. Die Rechtslage soll sich dahingehend ändern, dass zukünftig alle Bundesländer ähnliche Modellprojekte wie aktuell Berlin ins Leben rufen können. Einzige Bedingung: Die Rauschgiftanalyse muss mit einer Risikobewertung und gesundheitlichen Aufklärung für den jeweiligen Konsumenten verbunden sein.

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