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Happy Birthday DNA! Wie vor 70 Jahren die DNA-Struktur entdeckt wurde

Eine spiralig gewundene Strickleiter: Würde man unser Erbgutmolekül DNA extrem vergrößern, dann könnte man diese typische Doppelhelix-Struktur bestens erkennen. Wie unsere DNA aufgebaut ist, wissen wir seit dem 25. April 1953. Denn an diesem Tag vor 70 Jahren präsentierten Wissenschaftler um Francis Crick und James Watson erstmals die von ihnen entschlüsselte DNA-Struktur. Doch bis es dazu kam, wurden einige Irrwege eingeschlagen.
NPO, 25.04.2023
Symbolbild DNA-Struktur

© XH4D, GettyImages

Sie ist das "Betriebssystem" des Lebens: Die Desoxyribonukleinsäure – kurz DNA – enthält den Code, der uns zum Menschen macht und der fast alle Vorgänge unseres Körpers steuert. Ausgedruckt würden die rund drei Milliarden DNA-"Buchstaben" unseres Erbguts mehrere Bücher füllen. Dennoch passt die DNA bequem in die kleinste Einheit unseres Organismus: in unsere Zellen. Wie die DNA aber aussieht und wie der genetische Code funktioniert, blieb lange ein Rätsel.

Der Durchbruch zur Entschlüsselung unserer DNA ereignete sich vor rund 70 Jahren in einem Labor der Cambridge University in England. Dort tüftelten Wissenschaftler an der Struktur des Erbmoleküls DNA. Bereits im Jahr 1949 hatte der US-Chemiker Erwin Chargaff nachgewiesen, dass in der DNA die Basen Adenin und Thymin sowie Cytosin und Guanin jeweils im Verhältnis eins zu eins vorliegen, möglicherweise waren sie daher paarförmig angeordnet. Doch wie die DNA-Basen zueinander angeordnet sind und wie sie zusammengehalten werden, war unklar.

Die drei Hauptakteure

An diesem Punkt kommen drei Forschende ins Spiel, die das Rätsel um unser Erbgut entscheidend voranbringen sollten.  Der erste im Bunde war der US-Biologe James Watson. Hochbegabt, hatte er schon mit 15 Jahren ein Studium an der Universität von Chicago begonnen. Sein Interesse galt damals vor allem der Vogelwelt und so drückte er sich zunächst erfolgreich um jeden Chemie- und Physikkurs.

Als Watson mit 23 Jahren an das Cavendish Laboratory im britischen Cambridge wechselte, waren seine Kenntnisse der Biochemie daher eher bescheiden. In Cambridge traf er auf den 13 Jahre älteren britischen Physiker Francis Crick, der damals unter anderem die Struktur des Hämoglobin-Moleküls untersuchte – des Moleküls, das unserm Blut seine rote Farbe verleiht.

Die dritte, entscheidende Akteurin war die Physikerin Rosalind Franklin vom King’s College in London. Sie war Expertin in der Röntgenstrukturanalyse. Bei diesem Verfahren werden Molekülkristalle einem Röntgenstrahl ausgesetzt und erzeugen dabei ein Streuungsmuster im resultierenden Röntgenbild. Anhand dieser Streuung lässt sich auf die Kristallstruktur des Moleküls rückschließen – und damit auf seinen räumlichen Aufbau.

V.l.n.r.: James Watson und Francis Crick, Rosalind Franklin und Maurice Wilkins
Dramatis personae (v.l.n.r.): James Watson und Francis Crick, Rosalind Franklin und Maurice Wilkins

© Watson und Crick: Marjorie McCarty / PLoS Biol 3(10), CC BY 3.0; Rosalind Franklin: MRC Laboratory of Molecular Biology, CC BY-SA 4.0; Maurice Wilkins: National Institutes of Health

Watson und Crick auf dem Holzweg

Den Anstoß zur Suche nach der DNA-Struktur gab im November 1951 ein Vortrag von Franklin, in dem sie ihre jüngsten Röntgenbeugungsaufnahmen der DNA präsentierte. Watson war begeistert von ihrer Idee, die DNA könnte möglicherweise in einer gewundenen Helixstruktur vorliegen, die aus zwei, drei oder vier Windungen besteht. Zurück in Cambridge versuchte er zusammen mit Crick diese Struktur nachzubauen.

Basierend auf chemischen Gleichungen vermuteten Watson und Crick einen Aufbau der DNA aus drei Ketten, die schraubenförmig von Magnesium-Ionen zusammengehalten werden, dessen Molekülarme nach außen zeigen würden. Doch damit lagen die beiden Forscher falsch. Ein Zusammentreffen mit Rosalind Franklin und dem Biophysiker Maurice Wilkins aus London wurde zur Blamage. Denn die von Franklin und Wilkins gemachten Röntgenbeugungsbilder zeigten deutlich, dass entgegen Watsons und Cricks Annahme die tragenden Ketten nicht innen liegen konnten, und dass Magnesium-Ionen kaum in der Lage wären, diese Struktur zu tragen.

Auch Erwin Chargaffs wissenschaftliches Urteil über die beiden Jungforscher war vernichtend: „Enormer Ehrgeiz und Angriffslust, vereint mit einer fast vollständigen Unwissenheit und Verachtung der Chemie“, konstatierte er im Juli 1952. Als sei dies nicht genug, kam kurze Zeit später die Nachricht, dass sich der renommierte Chemiker Linus Pauling jenseits des Atlantiks ebenfalls für den Aufbau der Erbinformation interessierte und einen Modellvorschlag ankündigte. Damit drängte die Zeit – der Wettlauf um die Entschlüsselung der DNA-Struktur war eröffnet.

Schematische Darstellung der DNA-Doppelhelix
DNA kommt normalerweise als schraubenförmige Doppelhelix vor. Durch die Aneinanderlagerung der beiden Helixstränge stehen sich in der Mitte immer zwei bestimmte Basen gegenüber: Entweder Adenin und Thymin, die zwei Wasserstoffbrücken ausbilden, oder Cytosin und Guanin, die über drei Wasserstoffbrücken miteinander verbunden sind.

© Trinset, GettyImages

Die Entdeckung der Doppelhelix

Das Schlüsselerlebnis zum Erfolg kam dann durch eine eher beiläufige Geste: Ende 1952 zeigte Maurice Wilkins Watson und Crick im Vorbeigehen eine Röntgenstrukturanalyse seiner Kollegin Franklin – ohne deren Wissen. Es war die Aufnahme einer neu entdeckten Strukturform der DNA. Danach stand für die beiden Forscher fest: Die DNA muss aus zwei Ketten bestehen, die sich strickleiterförmig umeinander winden. Ihre Molekülarme, die jeweiligen komplementären DNA-Basen, werden dabei durch Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten.

Wie ein Puzzle setzten Watson und Crick nun ein Modell der von ihnen postulierten DNA-Struktur zusammen. „Ich glaube, nur wenige Entdeckungen waren von so perfekter Schönheit,“ beschrieb Watson das mehr als zwei Meter hohe Gerüst aus Pappe und Drähten, das einer schraubenförmig gewundenen Strickleiter glich – die Doppelhelix. Am 25. April 1953 veröffentlichten Watson und Crick ihren Modellvorschlag für die Struktur unseres Erbguts in der Fachzeitschrift „Nature“ - auf einer knappen Seite, illustriert lediglich durch eine einzige Abbildung.

DNA-Modell von Crick und Watson (1953)
DNA-Modell von Crick und Watson (r.; 1953) und Adenin-Bauteil des Modells (r.)

© Modell:Alkivar / Gemeinfrei; Bauteil: Science Museum, London / Science and Society Picture Library - Template from Crick and Watson’s DNA molecular model, 1953. Uploaded by Mrjohncummings / CC BY-SA 2.0

Watson und Crick ernten den Ruhm, Franklin geht leer aus

Dabei schien es, als wären sich die beiden Forscher der zukunftsweisenden Bedeutung ihres Modells ziemlich sicher, denn schon im zweiten Satz wiesen sie auf „die neuartigen Eigenschaften von beträchtlichem biologischem Interesse“ hin. Tatsächlich überzeugte das Doppelhelix-Modell der DNA auch die schärfsten Kritiker – und heute ist längst klar, dass die Forscher damit richtig lagen. Die Veröffentlichung des „Watson-Crick-Modells“ der DNA-Struktur gilt daher als die Geburtsstunde der molekularen Genetik.

Zusammen mit Maurice Wilkins teilten sich James Watson und Francis Crick 1962 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Doch Rosalind Franklin, deren Arbeit erst den entscheidenden Hinweis gab, ging leer aus. Sie starb 1958 im Alter von nur 37 Jahren an Gebärmutterkrebs und konnte den Ruhm ihrer langjährigen Arbeit nicht mehr ernten. Franklin und auch Wilkins sind heute fast vergessen. Das Modell der Doppelhelix bleibt mit den Namen Watson und Crick verbunden.

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