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Internationaler Weltfrauentag: Welche Rolle spielen Frauen in Filmen?

Die Filme „Das Dschungelbuch“ und „Men in Black 3“ haben eines gemeinsam: Frauen kommen dort fast gar nicht zu Wort. Das sollte eine Seltenheit sein, kommt aber leider immer wieder vor. Dieses Phänomen ist eines vieler Indizien, dass Männer und Frauen in der Gesellschaft immer noch nicht gleichgestellt sind. Um das zu ändern, demonstrieren Tausende jährlich zum Internationalen Weltfrauentag für mehr Gleichberechtigung. Aber wie testet man den Gender-Bias in Filmen am besten? Und hat sich die Situation in den letzten Jahren entwickelt?
THE, 08.03.2024
Symbolbild Weltfrauentag 2024

© Hintergrund: drante, iStock: Frau mit Cape: nicoletaionescu, iStock

Jedes Jahr am achten März demonstrieren weltweit tausende Frauen auf den Straßen. Anlass ist der Internationale Frauentag. Der Tag soll darauf aufmerksam machen, dass Frauen auch heute noch teilweise weniger Rechte und schlechtere Chancen haben als ihre männlichen Freunde, Mitbewohner oder Kollegen. Die Auswirkungen der Ungleichbehandlung sind vielerorts präsent. Frauen verdienen oft weniger, sind häufiger sexueller Belästigung und häuslicher Gewalt und ausgesetzt und bekleiden immer noch deutlich seltener Führungspositionen als Männer.

Der Bechdel-Test: Von Frau zu Frau

Doch diese Ungleichbehandlung kann auch subtilere Züge annehmen: In vielen Romanen, Filmen oder Serien kommen beispielsweise kaum weibliche Personen vor. Sollten sich doch eine oder gar zwei Damen in die Story verirren, spielen sie eher unwichtige Nebencharaktere. Das Phänomen ist so bemerkenswert, dass die amerikanische Cartoon-Zeichnerin und Autorin Alison Bechdel 1985 einen Test einführte, der Filme auf Sexismus prüfen soll: den nach ihr benannten Bechdel-Test.

Der Test besteht aus drei simplen Fragen. Erstens: Gibt es in dem Film mindestens zwei Frauenrollen? Zweitens: Sprechen die Frauen miteinander? Drittens: Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Die Auswahl an Filmen, die gnadenlos durchfallen, ist überraschend lang. Während man von Filmen wie „Avatar“, „The Avengers“ oder vielen „James Bond“-Filmen vermutlich auch nichts anderes erwartet hat, sind einige Filme auf der Liste sehr überraschend.

Beispielsweise der Film „Breakfast At Tiffany’s“. In dem romantischen Filmklassiker verliebt sich die naive Holly Golightly in einen erfolglosen Schriftsteller, obwohl sie ursprünglich auf der Suche nach einem reichen Ehemann war. Die Story dreht sich also um die Welt einer Frau, trotzdem redet die Protagonistin anscheinend nie mit einer Geschlechtsgenossin. Die "Herr der Ringe"-Trilogie besteht den Bechdel-Test hingegen schon. Grund ist eine etwa 15-sekündige Szene im zweiten Teil: Kurz vor einem ausbrechenden Kampf legt Eowyn, eine blonde, langhaarige Adelige, die sonst eine eher untergeordnete Rolle spielt, einem jungen Mädchen eine Decke um die Schultern. Das Mädchen fragt sie daraufhin: „Wo ist Mama?“. Auch derart oberflächliche Unterhaltungen könnten also schon zum Bestehen des Tests führen.

Männer reden mehr als Frauen – zumindest im Film

Doch auch wenn der Bechdel-Test eher ironisch-lustig gemeint war: „Es war ein Scherz [...]. Aber es ist irgendwie cool“, sagte Bechdel in einem Interview mit „The Guardian“ und der Test auch nicht sehr wissenschaftlich ist – er zeigt einen Missstand auf. Um herauszufinden, wie unterschiedlich die Rollengewichtung von Frauen und Männern in Filmen tatsächlich ist, haben sich Autoren von dem Magazin „The Pudding“ daran gemacht, handfeste Daten zum Thema zu sammeln. In einer privaten Mini-Studie zählten sie bei einer Auswahl von 2.000 Filmen, wie viele Worte im Film von Männern gesprochen wurden und wie viele von Frauen.

Das Ergebnis ist ernüchternd: In nur einem Fünftel der Filme quasselten weibliche Figuren dabei mehr. Auch Disney-Filme, die einen besonders großen Einfluss auf das Weltbild junger Mädchen und Jungs haben, sind keine Ausnahme: In mehr als zwei Drittel der Filme überwog der Redeanteil der männlichen Monster, Clownfische oder Prinzen. Während es vielleicht wenig überrascht, dass die entschlossene, aber schweigsame Mulan im gleichnamigen Film weniger spricht als ihr kleiner Drachenkumpel Mushu, der sich gerne mal um Kopf und Kragen redet, stehen auch bei klassischen Disneyprinzessinnen-Filmen wie „Die Schöne und das Biest“ oder „Pocahontas“ männliche Rollen im Mittelpunkt.

Es wird besser – oder?

Doch jetzt die gute Nachricht: In den letzten Jahren wandelt sich die Welt und auch die Filmbranche. Gerade die neuen Disney-Filme fokussieren sich inzwischen stärker auf die Geschichten weiblicher Charaktere. Das wohl bekannteste Beispiel ist „Frozen“. Auch wenn im klassischen Disney-Prinzessinnen-Stil Romanzen und schöne Kleider nicht fehlen dürfen, steht im Mittelpunkt der Geschichte die Beziehung der zwei Schwestern Elsa und Anna.

Auch in anderen neueren Filmen wurden starke Frauenrollen als Haupt- oder Nebencharaktere gecastet. Im Marvel-Film „Black Panther“ beispielsweise wird die Hauptrolle T'Challa von verschiedenen starken weiblichen Figuren begleitet, unter anderem seiner Schwester Shuri, einem absoluten Technik-Freak. Auch in der neuesten Star Wars Trilogie kommen zwar altbekannte Charaktere wie Yoda oder Luke Skywalker vor. Doch die Hauptrolle spielt die talentierte Mechanikerin und einstige Schrottsammlerin Ray.

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