Lexikon

Europạ̈ische Union

Tätigkeitsfelder

Die Zuständigkeiten und das Entscheidungsverfahren der EU sind mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Vertrag über die Europäische Union und im Vertrag über Arbeitsweise der Europäischen Union geregelt. Bei den EU-Kompetenzen wird nach ausschließlichen und mit den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeiten unterschieden; in Politikbereichen, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind, können im EU-Rahmen unterstützende Maßnahmen vereinbart werden (z. B. Forschung und Technologie).
Aufgrund der Zollunion und des Binnenmarktes ist die EU sowohl für die Festlegung der Zölle nach außen, die Wettbewerbsregeln nach innen, als auch für die Außenhandelspolitik zuständig. So werden die EU-Partner beispielsweise bei Handelsabkommen und multilateralen Verhandlungen (WTO u. a.) vom EU-Kommissar für Handel vertreten. Im Verhältnis zu den Entwicklungsländern hat sich diese Zuständigkeit der EG für den Außenhandel und für Assoziierungen in einer umfangreichen Entwicklungspolitik niedergeschlagen, die ihren Ursprung in der Unterstützung und engen Anbindung der (ehemaligen) Kolonien an die EWG-Staaten hat. Seit den 1960er Jahren wurde einer wachsenden Zahl von Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP-Staaten) mittels der mehrjährigen Abkommen von Jaunde und später Lomé Handelspräferenzen, günstige Marktzugangskonditionen und Preisgarantien für bestimmte Rohstoffe zugesichert. Seit dem Jahr 2000 gilt das Abkommen von Cotonou, das neben den bisherigen Zielen des Freihandels auch die Förderung von Demokratie und Menschenrechten sowie von regionalen Abkommen unter den 77 AKP-Staaten beinhaltet.
Für die Währungspolitik ist seit dem Inkrafttreten der 3. Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion, mit der Einführung des Euro und der Festschreibung der Wechselkurse zum 1. 1. 1999, die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main alleine verantwortlich. An der Spitze der EZB steht ein sechsköpfiges Direktorium mit einem Präsidenten, dessen Mitglieder auf 8 Jahre ernannt sind. Die EZB ist mit den beteiligten Zentralbanken der Mitglieder im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) zusammengefasst. Das EZB-Direktorium und die Präsidenten der beteiligten Nationalbanken bilden den EZB-Rat. Die EZB ist auf die Priorität der Währungsstabilität verpflichtet. Unterstützt wird sie dabei von der Kommission, die die Einhaltung der hierzu in der Wirtschafts- und Währungsunion sowie im Stabilitäts- und Wachstumspakt vereinbarten Konvergenzkriterien (Begrenzung der Neuverschuldung auf 3% des BIP u. a.) in den Euro-Ländern überwacht und bei Verstößen Sanktionen verhängt. Wichtige Steuerungsinstrumente der EZB sind die Kontrolle der Geldmenge sowie die Festsetzung der Leitzinsen in der Eurozone.
Europäische Zentralbank
Eurotower in Frankfurt
Eurotower in Frankfurt am Main, Sitz der Europäischen Zentralbank
Bei ihrer Tätigkeit ist die EZB von Weisungen der nationalen Regierungen oder der EU-Organe unabhängig.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist seit den 1960er Jahren einer der am intensivsten auf Gemeinschaftsebene geregelten Politikbereiche, dessen Finanzierung durch den EAGFL erfolgt. Unter der Maßgabe der Versorgungssicherheit, der Existenzsicherung der Landwirte, der Stabilisierung der Märkte und der Gemeinschaftspräferenz wurden durch Agrarmarktordnungen (Milch, Rindfleisch, Getreide u. a.) Mengen und Preise festgelegt, die die Marktmechanismen weitgehend außer Kraft setzten. Durch technischen Fortschritt, effektivere Produktionsmethoden, Ausweitung der Bewirtschaftung und fehlenden Konkurrenzdruck durch den Weltmarkt kam es zu massiven Fehlentwicklungen durch Überproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die teuer gelagert, subventioniert verkauft oder vernichtet werden mussten.
Seit den 1980er Jahren hat der Europäische Rat in mehreren Reformrunden versucht, durch feste Produktionsquoten, Preissenkungen, Flächenstilllegungen und Umstrukturierungen die Ausgaben für die GAP zurückzuführen, die jedoch immer noch den größten Teil des EU-Haushalts ausmachen (2009: 41% bzw. 40 Mrd. Euro). Angesichts des Beitritts stärker agrarisch strukturierter Staaten im Zuge der EU-Osterweiterung (Polen u. a.), wegen des massiven Widerstands der Agrar-Lobby gegen weitere Kürzungen und des Beharrens vieler EU-Mitglieder auf einer Fortführung der Agrarförderung (Frankreich, Spanien u. a.) sind Änderungen schwer durchzusetzen.
Neben der GAP bildet die Regional- und Strukturpolitik den zweitgrößten Finanzierungsschwerpunkt der EU. Ziele sind die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, der Ausgleich des Wohlstandsgefälles zwischen ärmeren und reicheren Regionen der EU sowie die gezielte Beseitigung struktureller Probleme innerhalb des gemeinsamen Marktes. Die Mittel zur Verbesserung regionaler Standortbedingungen, zur Stärkung wirtschaftlich rückständiger Gebiete und zur Bekämpfung sozialer Probleme kommen aus den europäischen Strukturfonds (EFRE, ESF, EIF, Abteilung Ausrichtung des EAGFL), aus dem 1992 geschaffenen Kohäsionsfonds sowie von der EIB. Am stärksten profitieren diejenigen Regionen von EU-Fördermitteln, die als Kofinanzierung zu Projekten in den Mitgliedsländern von der Kommission ausgezahlt werden, deren Wirtschaftskraft weniger als 75% des EU-Durchschnitts ausmacht („Ziel-1-Gebiete“). Mit der EU-Osterweiterung hat sich der Förderschwerpunkt von den ehemals bedürftigsten Regionen in Griechenland, Portugal, Spanien und Irland in die mittel- und osteuropäischen Staaten verlagert, deren Pro-Kopf-Einkommen teilweise unter 50% des Gemeinschaftsdurchschnitts liegt.
Nachdem viele Aufgaben aus dem Bereich der Innen- und Justizpolitik (Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts) bereits seit dem Amsterdamer Vertrag in die Gemeinschaftszuständigkeit überführt wurden (Visa- und Einwanderungspolitik, Grenzkontrollen u. a.), ist die GASP das einzige Politikfeld mit gemeinsamem Regelungsanspruch, in dem noch das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Da sich die meisten Regierungen die Letztentscheidung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen weiterhin vorbehalten, erfolgt im Rahmen der GASP lediglich ein kontinuierlicher Meinungsaustausch, eine Abstimmung der Interessen und nur im Einzelfall ein gemeinsames Vorgehen. In internationalen Organisationen und bei internationalen Konferenzen treten die EU-Mitglieder seit den 1970er Jahren (KSZE) jedoch häufig geschlossen auf. Gemeinsames außenpolitisches Handeln im Rahmen der GASP kann in Form von Leitlinien, Beschlüssen z. B. von Aktionen oder gemeinsamen Standpunkten) zum Ausdruck kommen; Gesetzgebungsakte wie in anderen EU-Bereichen bleiben weiterhin ausgeschlossen.
Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vertritt diese Beschlüsse zusammen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates nach außen. Er kann sogar ermächtigt werden die EU-Position im UN-Sicherheitsrat zu präsentieren. Bei Bedarf setzt der Rat Sonderbeauftragte für einzelne Aufgaben oder Zielregionen ein (Naher Osten; Südosteuropa u. a.). Am weitesten ist seit dem Ende der 1990er Jahre die Festlegung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) fortgeschritten, die gemäß dem Vertrag von Lissabon als Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) firmiert. Sie „umfasst die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik“, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führt, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschließt (Art. 42 EUV von Lissabon). Dabei wurden mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK), dem Militärausschuss der EU (EUMC) sowie einem Militärstab (EUMS) beratende Gremien eingesetzt, die den Rat bei humanitären Aufgaben, Rettungseinsätzen, friedenserhaltenden Maßnahmen sowie Kampfeinsätzen zur Krisenbewältigung unterstützen sollen. Zur Durchführung friedenssichernder und -erzwingender Maßnahmen haben die EU-Mitglieder den Aufbau eigenständiger militärischer Kapazitäten in Form einer 50 00060 000 Mann starken schnellen Eingreiftruppe, die Aufstellung kleiner Kampfverbände (Battle Groups), die Beschaffung eigener Transport- und Aufklärungskapazitäten sowie einen festen Abstimmungsmodus zur Nutzung von NATO-Strukturen vereinbart. Daneben erfolgte auch der Aufbau einer europäischen Polizeitruppe für Krisenregionen. Seit 2003 erfolgten über 20 EU-Einsätze zur Friedenssicherung und Stabilisierung nach Krisen mit militärischem, zivilem sowie zivil-militärischem Charakter; die regionalen Schwerpunkte bildeten der Balkan (Mazedonien; Bosnien und Herzegowina; Kosovo) und instabile afrikanische Staaten (Kongo, Sudan).
  1. Einleitung
  2. Historische Entwicklung
  3. Organe der EU
  4. Tätigkeitsfelder
  5. EU-Perspektive
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