Lexikon
Europạ̈ische Union
Organe der EU
Das institutionelle System der EU hat sich funktional aus den Vertragsorganen der verschiedenen Europäischen Gemeinschaften entwickelt. Dabei stehen Organe mit starkem Einfluss nationalstaatlicher Interessen (Europäischer Rat und Ministerrat) den Organen mit deutlicher Gemeinschaftsverpflichtung (Kommission und Europäisches Parlament) gegenüber. Die Zuständigkeiten sind zwischen den EU-Organen und zwischen europäischer und mitgliedstaatlicher Ebene meistens nicht klar aufgeteilt, wodurch der Eindruck fehlender Transparenz und mangelnder demokratischer Legitimation entsteht.
Im Europäischen Rat treffen sich mindestens zweimal im Jahr die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer mit dem Kommissionspräsidenten, unterstützt von den Außenministern, um die politischen Leitlinien für die EU zu vereinbaren. Der Europäische Rat, dem ein gewählter Präsident vorsitzt (Präsident des Europäischen Rates) soll der Union als Ganzes neue Impulse geben, er leitet Reformen ein und entscheidet über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU. In der GASP bestimmt er die strategische Orientierung und legt fest, in welchen Fragen der Rat mit qualifizierter Mehrheit entscheiden darf.
Im Rat der Europäischen Union (Rat; Ministerrat) sind die Regierungen der Mitglieder durch je einen Minister vertreten. Der Vorsitz im Rat rotiert nach einem festgelegten Modus zwischen den Mitgliedstaaten. Die Zusammensetzung des Rates wechselt entsprechend der zu beratenden Themen (Außenminister, Wirtschafts- und Finanzminister, Landwirtschaftsminister u. a.). Der Rat ist zusammen mit dem Europäischen Parlament das gesetzgebende Organ der EU. Zentrale Fragen (z. B. Erweiterung) entscheidet er einstimmig, meistens jedoch mit qualifizierter Mehrheit. Dabei orientiert sich das Stimmengewicht jedes Mitglieds nur noch während einer Übergangsfrist bis 2014 an den ehemals vertraglich festgelegten Relationen, danach wird der jeweilige Bevölkerungsanteil bei qualifizierten Mehrheitsentscheidungen stärker gewichtet (55 Prozent der Mitgliedsländer und zugleich 65 Prozent der EU-Bevölkerung). In der GASP und der ESVP setzt der Rat die vom Europäischen Rat verabschiedeten Leitlinien und Strategien durch Ausführungsbeschlüsse um. Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik ist zugleich Vizepräsident der Europäischen Kommission. Er koordiniert den Entscheidungsprozess und die Durchführung von Maßnahmen, wobei er denEuropäischen Auswärtigen Dienst als unterstützendes Instrument hat.
Die Europäische Kommission gilt als „Motor der Integration“ und vertritt die EU in internationalen Organisationen. Die ab 1. 7. 2013 28 Kommissare (der Präsident und 27 weitere Mitglieder) werden von den Mitgliedstaaten nominiert und müssen vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Die Kommissionsmitglieder, die sich an den Interessen der gesamten EU zu orientieren haben, sind jeweils für ein eigenes Sachgebiet verantwortlich (Binnenmarkt, Wettbewerb, Landwirtschaft, Handel u. a.), treffen jedoch alle Entscheidungen gemeinsam (Kollegialprinzip) mit einfacher Mehrheit. In den gemeinschaftlich geregelten Politikbereichen hat die Kommission das alleinige Initiativrecht für Gesetzesvorschläge, auf deren Basis Rat und Europäisches Parlament tätig werden können. Die Kommission stellt den Haushaltsplan auf, überwacht die Durchführung der Gemeinschaftsbeschlüsse sowie die Einhaltung des Rechts, und ist für die korrekte Ausführung von EU-Programmen verantwortlich. Deshalb wird sie auch als „Hüterin der Verträge“ bezeichnet. Im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion prüft die Kommission die Erfüllung der Aufnahmekriterien und überwacht die Einhaltung der Stabilitätskriterien. Bei Verstößen schlägt sie Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung der Euro-Länder und gegebenenfalls Sanktionen vor.
Das Europäische Parlament (EP) wird seit 1979 in den Mitgliedsländern für 5 Jahre direkt gewählt. Damit ist es das einzige direkt vom Volk legitimierte Organ der EU. Das Parlament ist zusammen mit dem Rat für die Gesetzgebung zuständig. Die Parlamentarier können, je nach Themenbereich, Beschlüsse des Rates zurückweisen oder Gesetzesentwürfe ganz zu Fall bringen. Das Europäische Parlament muss dem EU-Haushaltsplan zustimmen und es kann die Kommission durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen. Überdies hat die Volksvertretung ein Zustimmungsrecht bei Beitrittsbeschlüssen sowie bei Assoziierungsverträgen. Die Abgeordneten (ab 1. 7. 2013 766; ab 2014 dann 751) sind in Fraktionen organisiert, die sich nach parteipolitischer Orientierung und nicht nach nationaler Herkunft zusammensetzen. Die Zahl der Europaabgeordneten je Mitgliedsland orientiert sich nur grob an der Bevölkerungsgröße. Hierin kommt das „europäische Prinzip“ zum Ausdruck, wonach kleinere Staaten in den Organen eher über- und größere eher unterrepräsentiert sind. Der für fünf Jahre vom Parlament gewählte Europäische Bürgerbeauftragte soll bei Beschwerden über Organe und Institutionen der EU zwischen Bürgern und EU-Behörden vermitteln.
Rechtsprechendes Organ der EU ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Neben den Richtern (1 pro Mitgliedsland), die von den Regierungen für je 6 Jahre ernannt werden, gibt es noch 8 Generalanwälte. Der EuGH wacht über die Einhaltung der Verträge, entscheidet sowohl in Streitfällen zwischen den EU-Organen als auch in Fragen der Vereinbarkeit von nationalem mit EU-Recht sowie bei Klagen wegen Vertragsverletzung. Der EuGH hat eine maßgebliche Rolle bei der Fortentwicklung der europäischen Integration gespielt, u. a. durch wegweisende Urteile (Cassis-de-Dijon-Urteil u. a.).
Der Europäische Rechnungshof (EuRH), bestehend aus 28 Mitgliedern, ist für die Überwachung der recht- und ordnungsmäßigen Verwendung der Haushaltsmittel zuständig. Er überprüft sowohl die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der EU-Organe als auch die vereinbarungsgemäße Mittelverwendung durch die Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse veröffentlicht der Rechnungshof in einem jährlichen Bericht sowie in Sonderberichten.
Beratende Organe im Institutionengefüge der EU sind der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA), bestehend aus Vertretern von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Interessenverbänden (insgesamt 344), die von Rat, Kommission und Parlament im Rechtsetzungsverfahren angehört werden müssen, sowie der Ausschuss der Regionen (AdR). In ihm sind Vertreter von Regionen, Städten und Gemeinden versammelt (insgesamt 344), die bei Entscheidungen von regionaler oder kommunaler Bedeutung zu beteiligen sind.
Wissenschaft
Geoengineering wird kommen!
Der wissenschaftliche Fortschritt ist schwer zu prognostizieren. Menschliches Verhalten vorherzusagen ist im Vergleich dazu viel einfacher – behaupte ich. Und deshalb werde ich heute eine große und kühne Prophezeiung wagen: Die Ära des Geoengineering wird kommen. Die Menschheit wird sich also schon bald mit technischen Maßnahmen...
Wissenschaft
Wie der Anus entstand
Ohne Anus kein höheres Leben: Erst der Hinterausgang unseres Verdauungssystems ermöglicht eine effiziente Verwertung der Nahrung und legt damit den Grundstein für die Entwicklung größerer Körper und Gehirne. Doch wie ist der Anus im Laufe der Evolution entstanden? Eine Studie zeigt nun, dass winzige Würmer schon vor rund 550...
Mehr Artikel zu diesem Thema
Weitere Artikel aus dem Kalender
Weitere Artikel aus der Wissensbibliothek
Weitere Lexikon Artikel
Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon
Weitere Artikel auf wissenschaft.de
Besser als ihr Ruf
Erleuchtung für Computer
News der Woche 28.03.2025
Routen des Reichtums
Boden unter dem ausgetrockneten Aralsee hebt sich
Fortschritt durch Abtritt