Lexikon
Käutner
Helmut, deutscher Schauspieler, Filmregisseur und Autor, * 25. 3. 1908 Düsseldorf, † 20. 4. 1980 Castellina, Italien; erst Tätigkeit beim Kabarett, seit 1939 beim Film; Regie u. a. bei „Romanze in Moll“ 1943; „Große Freiheit Nr. 7“ 1944; „Unter den Brücken“ 1945; „In jenen Tagen“ 1947 (1. deutscher Nachkriegsfilm); „Die letzte Brücke“ 1954; „Des Teufels General“ 1955; „Der Hauptmann von Köpenick“ 1956; „Die Feuerzangenbowle“ 1970.
Käutner, Helmut
Helmut Käutner
© wissenmedia
- Deutscher Titel: Romanze in Moll
- Original-Titel: ROMANZE IN MOLL
- Land: Deutsches Reich
- Jahr: 1943
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Willy Clever, Helmut Käutner
- Kamera: Georg Bruckbauer
- Schauspieler: Marianne Hoppe, Paul Dahlke, Ferdinand Marian, Elisabeth Flickenschildt
Der Film wird von vielen Kritikern als einzige Arbeit eines Filmemachers in Nazi-Deutschland gewertet, der bleibender Wert zukommt. Vor allem in Frankreich wird Käutners Film sehr gelobt und in Beziehung zum »poetischen Realismus« gesetzt.
Der Mann einer schwer kranken Frau sucht ein Pfandhaus auf, um deren Schmuck für ihre Rettung zu versetzen. Um diesen Schmuck rankt sich eine dramatische Liebesgeschichte.
Eine junge, verheiratete Frau (Marianne Hoppe) wird von einem Komponisten (Ferdinand Marian) verehrt. Sie inspiriert ihn zu der Melodie »Romanze in Moll«, die ein durchschlagender Erfolg wird. Der Komponist schenkt der Frau jene Kette. Doch dann wird ihr Verhältnis bekannt: Der Vorgesetzte ihres Mannes versucht die Frau zu erpressen, die sich daraufhin umbringt.
Die Geschichte folgt einer Novelle von Maupassant und wird wegen ihres tragischen Ausgangs verboten. Propagandaminister Joseph Goebbels kann sich jedoch der begeisterten Akzeptanz beim Publikum nicht entziehen und gibt den Film kurze Zeit später wieder zur Aufführung frei.
- Deutscher Titel: Große Freiheit Nr. 7
- Original-Titel: GROSSE FREIHEIT NR. 7
- Land: Deutschland
- Jahr: 1944
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Helmut Käutner, Richard Nicolas
- Kamera: Werner Krien
- Schauspieler: Hans Albers, Ilse Werner, Hans Söhnker, Hilde Hildebrandt, Gustav Knuth, Günther Lüders
Helmut Käutners Film »Große Freiheit Nr. 7« wird am 15. 12. 1944 in Prag uraufgeführt und von der NS-Führung für das Deutsche Reich verboten. Ausschlaggebend dafür ist das moralisch anrüchige Reeperbahn-Milieu. Erst 1945 gelangt der Film in die deutschen Kinos und gilt seitdem als einer der besten der 40er Jahre.
Matrose Hannes (Hans Albers) verdient seinen Lebensunterhalt als Sänger in einer Bar. Seinem Bruder Jan verspricht er an dessen Sterbebett, sich um Gisa (Ilse Werner) zu kümmern. Hannes verliebt sich in das junge Mädchen und träumt von Hochzeit, bürgerlichem Leben und einer eigenen Barkasse. Zu spät aber gesteht er Gisa seine Liebe – sie hat ein Verhältnis mit dem Hafenarbeiter Willem (Hans Söhnker). Hannes verlässt St. Pauli und kehrt zu seinem früheren, unruhigen Leben als Matrose zurück.
Über Käutners Film liegt eine Atmosphäre der Melancholie und Resignation, die in der Figur des Hannes Gestalt annimmt. Albers überwindet sein Rollenklischee als draufgängerischer »Blonder Hans« aus »Münchhausen« (1943). Er spielt den Hannes als einfühlsamen Menschen, der sich hinter einer rauen Schale verschanzt. Der weiche Kern kommt in seinen Liedern zum Ausdruck, die in der Nachkriegszeit berühmt werden (»La Paloma«).
Die reichhaltige Ausstattung des Films wurde durch NS-Funktionäre ermöglicht, die einen aufmunternden Film wollten und Käutner daher viele Mittel zur Verfügung stellten. Da der Film wegen des Kriegs zuerst in Hamburg, dann bei Berlin und schließlich in Prag gedreht werden musste, konnte Käutner relativ unbeaufsichtigt arbeiten und sich dem unmittelbaren Einfluss des Regimes entziehen.
- Deutscher Titel: Unter den Brücken
- Original-Titel: UNTER DEN BRÜCKEN
- Land: Deutsches Reich
- Jahr: 1945
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Walter Ulbrich, Helmut Käutner
- Kamera: Igor Oberberg
- Schauspieler: Hannelore Schroth, Carl Raddatz, Gustav Knuth
Auf ihrem Schleppkahn steuern Willi und Hendrik Richtung Berlin. Auf einer Brücke sehen sie die junge Anna (Hannelore Schroth), die Anstalten macht, Selbstmord zu begehen. Die beiden Schiffer eilen ihr zu Hilfe und überreden Anna, sie auf ihrer Fahrt zu begleiten. Das Zusammenleben auf dem Kahn verläuft anfangs sehr harmonisch. Wegen einer Nichtigkeit kommt es aber zum Streit. Anna verlässt zum Leidwesen beider Männer, die sich in sie verliebt haben, das Schiff. Willi und Hendrik schließen eine Wette ab: Wer das Mädchen für sich gewinnt, soll alleiniger Eigner des Boots werden. Hendrik gewinnt die Wette, will aber den Freund nicht verlieren. In alter Harmonie gehen die drei wieder auf Fahrt.
Käutner gelingt im letzten Kriegsjahr ein stimmungsvoller und idyllischer Film, der als einer der besten des »Dritten Reiches« gilt. Die einfühlsamen Landschaftsbilder harmonieren mit der einfachen Story.
Als der Film nach Kriegsende in die Kinos kommt, findet die Geschichte um Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt starken Widerhall beim Publikum.
- Deutscher Titel: In jenen Tagen
- Original-Titel: IN JENEN TAGEN
- Land: Deutschland
- Jahr: 1947
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Helmut Käutner, Ernst Schnabel
- Kamera: Igor Oberberg
- Schauspieler: Winnie Markus, Werner Hinz
In Episodenfilm entfaltet Helmut Käutner anhand von sieben Geschichten ein Kaleidoskop menschlicher Schicksale in der Zeit zwischen der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 bis zur deutschen Kapitulation 1945. Als verbindendes Element dient ein altes Auto, das 1945 von zwei Mechanikern ausgeschlachtet wird und ihnen seine Geschichte erzählt.
Die einzelnen Episoden handeln von Exilanten, politisch und rassisch Verfolgten, Widerstandskämpfern, Flüchtlingen und einfachen Soldaten. Sie sind von Leid und Tod, aber auch von der Liebe geprägt. Gemeinsam ist ihnen allen, dass die privaten Aspekte im Vordergrund stehen, die durch die politischen Bedingungen bestimmt werden. Käutners Film kommt beim deutschen Publikum gut an. Später wird »In jenen Tagen« als Beschönigung des Nationalsozialismus kritisiert, weil Käutner die positiven Züge seiner Protagonisten in den Vordergrund stellt.
- Deutscher Titel: Die letzte Brücke
- Original-Titel: DIE LETZTE BRÜCKE
- Land: Österreich
- Jahr: 1954
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Helmut Käutner, Norbert Kunze
- Kamera: Elio Carniel
- Schauspieler: Maria Schell, Bernhard Wicki, Barbara Rütting, Carl Möhner
- Auszeichnungen: Filmfestspiele Cannes 1954 für Film (Internationaler Preis)
Mit dem Anti-Kriegsfilm »Die letzte Brücke« feiert der Regisseur Helmut Käutner nach vielen Misserfolgen ein erfolgreiches Come-back. Es ist einer der wenigen anspruchsvollen deutschsprachigen Filme der Zeit. Kinderärztin Helga Reinbek (Maria Schell) arbeitet 1943 in Jugoslawien für das Rote Kreuz. Dabei wird sie eines Tages von Partisanen entführt, denen sie medizinische Hilfe leisten soll. Zunächst tut sie dies nur widerwillig, bis sie erkennt, dass die Partisanen menschlich sind und im Einsatz für ihre Ziele fast heldenhafte Züge tragen. Schließlich bleibt sie freiwillig bei ihnen. Bei ihrem Versuch, Medikamente im Feindeslager weiterzuleiten, wird sie auf einer Brücke zwischen den Fronten erschossen.
Käutners Film gilt als wichtiger Beitrag zur Völkerverständigung. Die Inszenierung wird zwar stellenweise als zu rührselig bezeichnet, jedoch wirkt die Handlung des Films in ihrer realistischen, unpathetischen Gestaltung glaubwürdig. Maria Schell erhält nach dieser überzeugenden Darstellung Angebote für ernste Rollen in internationalen Produktionen.
- Deutscher Titel: Des Teufels General
- Original-Titel: DES TEUFELS GENERAL
- Land: BRD
- Jahr: 1955
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Georg Hurdalek, Helmut Käutner, Carl Zuckmayer, nach dem Theaterstück von Carl Zuckmayer
- Kamera: Albert Benitz
- Schauspieler: Curd Jürgens, Victor de Kowa, Karl John
- Auszeichnungen: Filmfestival Venedig 1955 für Darsteller (Curd Jürgens)
Nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Carl Zuckmayer, der darin im US-Exil bitter mit dem NS-Regime abgerechnet hatte, dreht Helmut Käutner »Des Teufels General«.
Luftwaffengeneral Harras (Curd Jürgens) wird durch seine Begeisterung für das Fliegen Mitglied der Wehrmacht Hitlers. 1941 wird ihm jedoch klar, dass er sich an der Grausamkeit des Krieges mitschuldig gemacht hat. Er kann die Machenschaften seines aalglatten SS-Generals Schmidt-Lausitz (Victor de Kowa) nicht länger moralisch mittragen und wendet sich von dem Regime ab. Die SS setzt ihn unter Druck, weil zahlreiche Maschinen aus unerklärlichen Gründen ausfallen. Er selbst soll den Ursachen auf den Grund gehen. Sein Kamerad Oderbruch (Karl John) ist mit an Bord, der sich ihm gegenüber als Saboteur offenbart. Gemeinsam fliegen sie in den Tod. Durch den Erfolg des Stücks ist auch die Publikumswirksamkeit des Käutner-Films gewährleistet. Curd Jürgens spielt den Flieger Harras überzeugend menschlich, wenn auch sein heldenhafter Charakter z.T. überzeichnet wird. Die Rolle verschafft Jürgens internationale Bekanntheit. Gute Kritiken erntet auch Victor de Kowa als SS-Mann. Das geschilderte Milieu lehnt sich zwar an das politische Zeitgeschehen an, jedoch lässt Käutner es, nach Kritikermeinung, an Tiefe mangeln: Die Atmosphäre ist allzu gefällig aufbereitet, den Zuschauern fällt es leicht, sich mit dem Helden zu identifizieren und seine Gräueltaten zu verzeihen.
- Deutscher Titel: Der Hauptmann von Köpenick
- Original-Titel: DER HAUPTMANN VON KÖPENICK
- Land: Deutschland
- Jahr: 1956
- Regie: Helmut Käutner
- Drehbuch: Carl Zuckmayer, Helmut Käutner, nach dem Bühnenstück von Carl Zuckmayer
- Kamera: Albert Benitz
- Schauspieler: Heinz Rühmann, Hannelore Schroth, Martin Held
Nach jahrelanger Zuchthausstrafe wegen Urkundenfälschung, Behördenirreführung und Passvergehens wird der Schuster Voigt (Heinz Rühmann) entlassen. Doch bei seinem Versuch, einen Pass zu bekommen, der für die Arbeitssuche unerlässlich ist, stößt er so heftig an die Schranken der Bürokratie, dass er sich selbst einen Pass ausstellt. Er wird erwischt – und geht wieder für 10 Jahre ins Gefängnis. Dort lernt er die preußische Felddienstordnung auswendig. Nach seiner Entlassung erlebt er wieder das gleiche Lied: Ohne Pass droht ihm die Ausweisung. Da besorgt Voigt sich eine Hauptmannsuniform, besetzt mit einigen Soldaten, die er souverän kommandiert, das Rathaus von Köpenick, nimmt den Bürgermeister gefangen und sucht die Passbehörde – die es hier aber nicht gibt. Obwohl alle Welt sich an seinem Streich erfreut, kommt er erneut ins Gefängnis, wird jedoch vom Kaiser begnadigt.
Die Neuverfilmung des Zuckmayer-Stücks – nach Richard Oswalds gleichnamigem Film von 1931 – wird besonders wegen Heinz Rühmanns anrührender Darstellung einer der größten internationalen Erfolge des deutschen Nachkriegskinos.
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