Lexikon
Nahostkonflikt
Erste Intifada und Friedensbemühungen der 1990er Jahre
Seit 1987 entwickelte sich in den von Israel besetzten Gebieten eine Aufstandsbewegung (Intifada). Auslöser war ein von einem israelischen Militärfahrzeug verursachter Unfall, bei dem vier Palästinenser ums Leben kamen. Von palästinensischer Seite kamen allerdings Gerüchte auf, es habe sich dabei um einen Anschlag des israelischen Geheimdienstes gehandelt. Meist jugendliche Palästinenser errichteten Barrikaden, warfen mit Steinen („Krieg der Steine“) und Molotowcocktails und riefen zum Generalstreik auf. Die anfangs spontanen Aktionen entwickelten sich zu organisierten Boykottmaßnahmen gegen Israel. 1988 wurde von der PLO ein unabhängiger „Staat Palästina“ proklamiert, ohne dass dessen Grenzen definiert wurden.
Der Abbau der Ost-West-Konfrontation und der Golfkrieg von 1991 wirkten sich auch auf den Nahostkonflikt aus. Im Oktober 1991 nahm die UdSSR die 1967 abgebrochenen Beziehungen mit Israel wieder auf. Syrien, das inzwischen faktisch die Herrschaft über den Libanon gewonnen hatte, lockerte seinen strikten Konfrontationskurs im Nahostkonflikt. So konnte am 30. 10. 1991 in Madrid unter Schirmherrschaft der UdSSR und der USA eine Nahostfriedenskonferenz eröffnet werden. Nach der Eröffnung wurden die Gespräche in Form bilateraler Verhandlungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn in Washington und Moskau fortgesetzt. Jordanier und Palästinenser bildeten eine gemeinsame Delegation.
1993 kam es nach Geheimverhandlungen unter norwegischer Vermittlung in Oslo auf der Basis des Prinzips „Land gegen Frieden“ zu einer gemeinsamen Grundsatzerklärung (Declaration of Principles) zwischen Israel und der PLO, die die Grundlage bildete für ein 1994 in Kairo unterzeichnetes Konkretisierungsabkommen (Oslo-I-Abkommen bzw. Gaza-Jericho-Abkommen, 1995 ergänzt durch das Oslo-II-Abkommen). In Abweichung von ihrem noch geltenden Programm erkannte die PLO das Existenzrecht Israels an, während Israel die PLO, mit der es bisher jeden offiziellen Konflikt vermieden hatte, als Vertretung des palästinensischen Volkes anerkannte. Das Abkommen sah u. a. eine Autonomieregelung zunächst für den Gazastreifen und das im Westjordanland liegende Jericho vor. Die israelischen Truppen räumten 1994 den Gazastreifen und die Region vor Jericho. In diesen Gebieten wurde eine palästinensische Selbstverwaltung mit beschränkten Befugnissen errichtet. Im selben Jahr schlossen Israel und Jordanien Frieden. 1995 begann Israel mit der Räumung weiterer Städte im Westjordanland. 1996 wurde von der Bevölkerung der teils geräumten, teils noch besetzten Gebiete ein palästinensischer Autonomierat unter dem PLO-Vorsitzenden J. Arafat gewählt.
Der politische Kurs der israelischen Netanjahu-Regierung führte seit 1996 zu einer Blockade des Friedensprozesses. Diese sollte durch das 1998 unter US-amerikanischer und jordanischer Vermittlung abgeschlossene Wye-Abkommen, in dem ein weiterer israelischer Truppenrückzug aus dem Westjordanland vereinbart wurde, beseitigt werden. Die Regierung Netanjahu setzte die Umsetzung des Abkommens jedoch im Dezember 1998 aus. Das im September 1999 von dem zwischenzeitlich zum neuen israelischen Ministerpräsidenten gewählten E. Barak unterzeichnete Wye-Folgeabkommen gab für eine endgültige Konfliktlösung keine neuen Impulse.
- Einleitung
- Teilung Palästinas
- Israelisch-arabische Kriege
- Krisenherd Libanon in den 1980er Jahren
- Erste Intifada und Friedensbemühungen der 1990er Jahre
- Jüngste Entwicklungen
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