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Von der Natur abgeschaut – künstliche Photosynthese

Es klingt wie ein Traum: Einfach das Sonnenlicht zu nutzen und damit aus CO2 und Wasser Treibstoff zu erzeugen. Man würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens könnte man das Klimagas Kohlendioxid binden. Zweitens könnte man die alternative Energiequelle der Sonne nutzen und ihre Energie auch noch effektiv speichern. Im Labor funktioniert das Konzept bereits. Es gibt aber Probleme, dieses im großen Maßstab umzusetzen.

Ohne die Photosynthese wäre auf der Erde kein Leben möglich. Pflanzen wandeln bei diesem Prozess mit Hilfe des Sonnenlichts Kohlendioxid und Wasser unter Einsatz des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll in Sauerstoff und Zucker um. Die Energie der Sonnenstrahlung wird dabei in den Kohlenhydraten der Pflanze gespeichert. Auch Menschen nutzen Energie aus der Sonne – zum Beispiel elektrischen Strom aus Solarzellen. Dummerweise scheint die Sonne nicht immer, und Stromspeicher wie Akkus haben nur eine begrenzte Kapazität.

Beim sogenannte „Power-to-Gas“-Verfahren wird Wasser mit Solar- oder Windstrom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.

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Erdgas aus Solarkraft

Könnte man die Energie aus Sonne oder Wind dagegen in Gasen wie Wasserstoff oder Methan speichern, ließen sich solche Schwankungen besser ausgleichen. Eine Möglichkeit dafür ist das sogenannte „Power-to-Gas“-Verfahren, bei dem Wasser mit Solar- oder Windstrom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Den Wasserstoff kann man dann direkt als Treibstoff nutzen oder aus ihm mit Hilfe von Kohlendioxid Methan erzeugen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und ein ziemlich effizienter Energiespeicher, der leichter zu handhaben ist als Wasserstoff.

Das Problem bei diesen Verfahren ist der enorme Energieverlust bei der Wasserstoff-Herstellung. Wird aus dem Wasserstoff dann Methan synthetisiert, geht noch mehr Energie verloren. Wesentlich praktischer wäre es, die Sonnenenergie ohne den elektrischen Umweg direkt in chemischer Form – also als Wasserstoff oder Methan – zu speichern.

Zahlreiche Arten von Mikro­organismen können Sonnenlicht in energiereiche Substanzen umwandeln.

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Biokraftstoff aus grünem Schleim

Es gibt bereits Möglichkeiten, dies umzusetzen. Dazu nutzt man ziemlich einfache Organismen. Man kennt sie als grünen Belag im Aquarium – Algen. Unter bestimmten Bedingungen können diese einzelligen Organismen den Mechanismus ihrer Photosynthese umstellen. Statt die Energie der Sonne in Zucker und andere organische Verbindungen umzuwandeln, produzieren sie dann unter anderem Biokraftstoffe wie Wasserstoff.

Das Problem jedoch: Die Wasserstoffproduktion der Algen ist ziemlich ineffektiv. Und auch der Mechanismus der Photosynthese hat einen denkbar schlechten Wirkungsgrad: Nur etwa ein Prozent des einfallenden Sonnenlichts wird in Form von Biomasse gespeichert. Wissenschaftler versuchen deshalb schon lange, diesen Prozess effizienter zu gestalten.

Wasserstoffproduktion mit Algen: machbar, aber ziemlich ineffektiv.

U.S. Department of Energy from United States - 298 022 001

"Photosynthese" im Reagenzglas

Dafür versuchen Forscher zum einen, die Effizienz der „Bioreaktoren“ mit genetisch veränderten Algen zu verbessern. Bestimmte Genmutationen führen dazu, dass Grünalgen wesentlich mehr Wasserstoff produzieren. Eine andere Möglichkeit ist, die speziellen Enzyme, die die Produktion des Biogases vorantreiben, aus den Pflanzen zu extrahieren. Dann könnte man den Prozess der Wasserstoffproduktion außerhalb der Algen nachbauen und effektiver machen. Doch eine solche Extraktion ist extrem aufwendig.

Also haben Chemiker stattdessen versucht, die Reaktion im Labor nachzuahmen. Mit Hilfe von Hydrogenase – einem Enzym, das die aus Lichtenergie gewonnen Elektronen mit Protonen zu Wasserstoff umsetzt – gelang es Forschern der Ruhr-Universität Bochum vor zehn Jahren, die Wasserstoffproduktion der Grünalge im Reagenzglas nachzubauen.

Forschung steckt noch in den Kinderschuhen

Theoretisch könnte die Umwandlung von Sonnenlicht in gasförmigen Kraftstoff aber auch ganz ohne biologische Enzyme funktionieren. Denn auch Gold-Nanopartikel können das Klimagas Kohlendioxid in Methan umwandeln. Wenn Licht auf diese Nanoteilchen trifft, werden sie extrem heiß und ihre energiereichen Elektronen regen dann das chemisch eher träge Kohlendioxid an, in weiteren Reaktionsschritten mit Wasser zu Methan zu reagieren.

Daneben existieren noch zahlreiche weitere Forschungsansätze. Aber sie sind alle noch sehr ineffizient und funktionieren meist nur mit reinem Kohlendioxid. Das Kohlendioxid müsste im praktischen Prozess also erst aus der Luft gefiltert werden, um es anschließend in den Kraftstoff Methan umzuwandeln.

Im Labor funktioniert das Ganze zwar prinzipiell. Aber für die technische Produktion von Biokraftstoffen im großen Maßstab sind die Verfahren der künstlichen Photosynthese noch nicht effizient genug. Zudem sind die Katalysatoren, die dafür benötigt werden, zu teuer. Häufig basieren diese auf seltenen Metallen oder Edelmetallen.

Die Forschung im Bereich der künstlichen Photosynthese steht also noch recht weit am Anfang. Aber vielleicht gelingt eines Tages der Durchbruch und man kann das CO2 binden und in sinnvolle Energiespeicher wie Biogas umwandeln.

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