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Der größte Sonnensimulator der Welt

Im nordrheinwestfälischen Jülich kann jeden Tag auf Knopfdruck die Sonne scheinen. Es können dort sogar zehntausend Sonnen scheinen, wenn es gewünscht ist. In der Forschungsanlage „Synlight“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) steht der größte Sonnensimulator der Welt. Er soll unter anderem dabei helfen, nachhaltigere Treibstoffe zu entwickeln.
JFL / DLR, 09.12.2021

 

Bis zu 121 Strahler können auf einen Brennpunkt ausgerichtet werden. Für dieses Bild nahm der Fotograf 121 Einzelbilder mit jeweils einem leuchtenden Strahler auf und montierte sie nachträglich zu einem Gesamtbild, weil die Lichtintensität sonst für eine Aufnahme zu hoch gewesen wäre. In der Testkammer rechts oben ist ein Reaktor für Experimente zur solaren Wasserstofferzeugung platziert.

Wenn einem eine Lampe direkt ins Gesicht scheint, kann das schon ungemütlich sein. Bei mehreren wird es dann schon richtig unangenehm. Bei den 149 Lampen im Synlight-Gebäude in Jülich wäre das alles noch milde ausgedrückt. Diese können Temperaturen bis zu 3.000 Grad Celsius erzeugen und dadurch sogar Stahlblöcke zum Schmelzen bringen.

Es handelt sich bei den Strahlern um Xenon-Lampen, wie sie auch in Filmprojektoren im Kino verwendet werden. Ihr Schirm hat einen Durchmesser von einem Meter und ist elliptisch geformt, wodurch sich das Licht gut bündeln lässt. Bis zu 121 der 149 Strahler können gleichzeitig auf einen Punkt fokussiert werden. Auf einer Fläche von zehn mal zehn Zentimetern entsteht dann eine Intensität, die etwas 10.000-mal so stark ist wie die natürliche Sonneneinstrahlung auf der Erde.

 

Synlight-Sonne

Das Ziel: Nachhaltige Wasserstoffproduktion

Im Zentrum der Forschungen steht bei Synlight die nachhaltige Produktion von Wasserstoff durch solarthermische Verfahren. „Wie der Name schon sagt, nimmt man Solarstrahlung, konzentriert sie und nimmt dann die hohen Temperaturen, um Wasser in zwei Schritten in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten“, erklärt Christian Sattler, Abteilungsleiter am DLR-Institut für Solarforschung. Durch die extrem hohen Temperaturen wird bei diesem Verfahren kein zusätzlicher Strom, wie beispielsweise bei der Elektrolyse, benötigt.

Die Xenon-Lampen bei Synlight verbrauchen zurzeit zwar noch einiges an Strom, durch das Kunstlicht werden allerdings neue Erkenntnisse über die Wasserspaltung gewonnen. So können die letztendlichen Herstellungsverfahren optimiert werden, die dann auch nur mithilfe von Sonnenenergie funktionieren.

Sattler sieht in Wasserstoff einen guten, nachhaltigen Energieträger: „Er ist nicht klimaschädlich und kann sowohl in Wärme als auch in Strom umgewandelt werden. Wasserstoff wird in Zukunft einen sehr großen Stellenwert einnehmen.“ Mithilfe der konzentrierten Solarstrahlung wollen die Forscher zukünftig Wasserstoff herstellen, ohne auf fossil erzeugten Strom angewiesen zu sein, wie es heutzutage häufig noch der Fall ist.

 

Die Xenon-Lampen von je einem Meter Durchmesser sind eigentlich für Großprojektoren von Kinosälen gedacht. Die DLR-Ingenieure wählten diesen Strahlertyp, weil er für seine Leistung vergleichsweise günstig zu bekommen ist.

Anwendungsgebiet: Solartürme

Die Synlight-Anlage dient den Wissenschaftlern dabei als Simulator für spätere Großanlagen. „Eine reale Anlage wäre ein sogenannter Solarturm. Das ist ein über 100 Meter hoher Turm, um den sehr viele Spiegel stehen, die den ganzen Tag der Sonne nachfahren“, erklärt Sattler. „Jeder dieser Spiegel projiziert das Licht auf einen Punkt an der Spitze des Turms. Dadurch hat man dort sehr hohe Temperaturen, um Wasserstoff herzustellen.“

So ein Solarturm wird ebenfalls zu Testzwecken bereits unweit der Synlight-Anlage in Jülich betrieben. „Bei den jetzigen Klimabedingungen werden solche Anlagen aber letztendlich niemals in Deutschland stehen, sondern in den Sonnengürteln der Erde, wo sie viel effizienter betrieben werden können“, so Sattler.

 

Sonnenwärmekraftwerk mit Solarturm in Südspanien

Die Restwärme kann weiterverwendet werden

Neben der Wasserstoffproduktion könnte die Hitze der konzentrierten Solarstrahlung noch für andere Anwendungen interessant sein. Nach dem Umwandlungsprozess ist die Anlage immerhin noch 800 Grad heiß. „Diese 800 Grad können wir natürlich weiter nutzen, beispielsweise um damit en Kraftwerk anzutreiben“, erklärt Sattler. „Damit erzeugen wir Strom und die Abwärme, die aus dem Kraftwerk kommt ist genau im richtigen Temperaturbereich, um beispielsweise in ein Fernwärmenetz eingespeist zu werden.“

Die ersten industriellen Umsetzungen könnten übrigens bald schon Wirklichkeit werden. Zumindest gibt es schon Energiekonzerne, die an den Anlagen in Jülich eigene Tests durchführen. In wenigen Jahren könnten dann die ersten konkreten Anlagen gebaut werden, um so nachhaltigen Wasserstoff zu produzieren.

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

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