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Wie die Generation Z liebt und datet
Auf Dating-Apps wie Tinder oder OkCupid kann man die große Liebe finden, aber auch mal ziemlich schräge Vögel aufgabeln. Und selbst wenn man keine Matches hat, kann das Wischen durch die App unterhaltsam sein. Denn hier bekommt man Profile aus allen Teilen der Gesellschaft präsentiert, egal ob reich, arm, queer oder nicht, Metalhead oder Hip-Hop-Fan.
Gen Z auf Dating-Apps
Außerdem tummeln sich auf den Dating-Apps Menschen verschiedenster Altersstufen. Die Marktforschung teilt diese oft in verschiedene Generationen ein. Der Begriff Generation Z beschreibt dabei beispielsweise alle zwischen den Jahren 1997 und 2012 geborenen – diese jungen Erwachsenen sind von globaler Instabilität, Digitalisierung und sich wandelnden kulturellen Normen geprägt. Das hat sie angeblich besonders technologieaffin und offen gemacht.
Ob die Generation Z auch entsprechend weltoffen datet, beleuchtet nun ein Bericht der Dating-App „Feeld“ – der „Dating-App für aufgeschlossene Individuen“ – und des Kinsey Institutes. Hierfür befragten die Forschenden über 3.000 Nutzer aus insgesamt 71 verschiedenen Ländern zu ihren Beziehungs- und sexuellen Präferenzen. „Die Daten der Feeld-Mitglieder bieten einen faszinierenden Einblick, wie Gen Z Beziehungen neu definiert“, kommentiert Justin Lehmiller vom Kinsey Institute.
Weniger hetero und mehr Geschlechterfluidität
Jüngere Generationen scheinen beispielsweise zunehmend offener dafür, ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität im Laufe der Zeit zu erkunden und gegebenenfalls auch neu zu definieren. Beispielsweise änderten etwa zehn Prozent der Gen Zler ihre Geschlechtsidentität und 18 Prozent ihre sexuelle Orientierung seit ihrer Anmeldung in der App.
Das passt zu den Erkenntnissen des Marktforschungsunternehmen Ipsos, laut dem die Generation Z deutlich queerer ist als alle vorangegangenen Generationen. Denn beinahe jeder Fünfte Angehörige der Gen Z identifiziert sich als schwul, lesbisch, bisexuell oder sonstiges. Bei der Generation der derzeit etwa 60- bis 70-jährigen Babyboomer sehen sich dagegen nur etwa vier Prozent der Befragten als Teil der LGBTQ+-Community.
Generation Z ist kinky
Zudem interessiert sich die Gen Z zunehmend für kinky, also von der Norm abweichende, sexuelle Praktiken, wie Bondage oder Rollenspiele. Etwa die Hälfte der Gen Z hat BDSM-Fantasien, aber nur knapp zehn Prozent der Boomer. Das berichten auch die Feeld-Nutzer: Über die Hälfte der Gen Zler auf Feeld haben seit ihrer Anmeldung in der App einen neuen Kink entdeckt. Im Vergleich dazu geben nur knapp 40 Prozent der Gen X und ein Drittel der Boomer ähnliche Entdeckungen an.
„Junge Erwachsene, die heute ihre Sexualität erkunden, tun dies in einem Umfeld, in dem Kinks offener diskutiert werden als bei früheren Generationen“, so Lehmiller. Denn spätestens seit den „Fifty Shades“-Büchern und -Filmen, die die sadomasochistische Beziehung des Multimilliardärs Grey und der schüchternen Studentin Anastasia darstellen, ist der Kink in den Mainstream gelangt.
Monogamie im Trend
Im Bereich der Beziehungsform scheint die Gen Z hingegen überraschend konservative Wünsche zu hegen. Denn Monogamie ist für knapp ein Viertel der befragten Gen Z-Mitglieder die bevorzugte Beziehungsform. „Ihre Offenheit, fluidere Lebensweisen zu erkunden, gepaart mit einer unerwarteten Vorliebe für Monogamie, deutet auf eine Generation hin, die Tradition gleichzeitig herausfordert und umarmt“, sagt Lehmiller.
Mit dieser Einstellung zeigt sich Gen Z auch konservativer als ältere Generationen: Nur 16 Prozent der Millennials und neun Prozent der Gen X suchen auf der Dating-App Feeld etwa nach einer monogamen Beziehung. Stattdessen bevorzugt etwa ein Viertel der Angehörigen dieser beiden Altersgruppen eher offene Beziehungen, in denen beide Partner auch mit anderen Menschen knutschen oder schlafen dürfen oder sogar Polyamorie, in der man Beziehungen mit mehreren Menschen gleichzeitig führt.
Traditionelle Bilder reduzieren die Komplexität
Doch warum träumen die jungen Menschen wieder vermehrt von Monogamie? Als Grund führen die Autoren zwei Gründe an: Zum einen hatten viele Gen Zler noch nie eine ernsthafte Beziehung mit einer anderen Person, geschweige denn mit mehreren gleichzeitig. Daher könnte Monogamie den attraktiveren und vor allem unkomplizierteren „Beziehungseinstieg“ bieten.
Gleichzeitig romanisiert die Generation Z derzeit traditionelle Rollenverteilungen. Der Grund: Viele junge Menschen kämpfen mit den Unklarheiten, die bei Interaktionen auf Dating-Apps und den vielfältigen Genderidentitäten entstehen. Traditionelle Bilder hingegen erfordern, dass man unmissverständlich zeigt, wo man steht. „Es gibt eine gewisse Anziehungskraft in der Vorstellung, „wie es früher war“, da die Dinge einfach unkomplizierter wirkten“, erklärt Lehmiller.