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Friedrich Schiller - Aktualität eines Idealisten

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Für den Zeitgenossen Wilhelm von Humboldt war er der “ideenfruchtbarste Kopf, der überhaupt existiert”. Und mehr als 150 Jahre nach seinem Tod schrieb Friedrich Dürrenmatt über ihn: “Er fasste die Freiheit strenger als die andern, doch nicht in ein System, sondern dem Leben zuliebe, er setzte Spannungen, um Funken zu erzeugen, er erhöhte den Menschen, weil er ihn mehr als das Allgemeine, mehr als den Staat liebte”. Natürlich ist die Rede von Friedrich Schiller. Was Humboldt euphorisch proklamierte und Dürrenmatt emphatisch deklinierte, weist auf dessen uneingeschränkte Faszination und Aktualität. Sein Bildungsideal, seine Freiheitsidee und nicht zuletzt sein unerschütterliches positives Denken machen Schiller zu einem Zeitgenossen, von dem zu lernen eine reine Freude ist.



Mit Bildung wachsen

Das beginnt beim Bildungsideal: Sich selbst zu einer Person, zu einer Persönlichkeit zu bilden darin lag für Schiller der tiefere Sinn des Lebens. In die Beschäftigung mit Kunst und Literatur setzte er seine ganze Hoffnung für den Menschen und für die ganze Gesellschaft. Seine Dramen haben ihn nicht nur zum “teutschen Shakespeare gemacht, sondern Friedrich Schiller ist auch einer der Erfinder der deutschen Bildungsidee. In seiner Schrift “Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reyhe von Briefen (1794/95) plädiert Schiller leidenschaftlich dafür, Bücher zu lesen und sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Dieses schule das Denken und die “Einbildungskraft. Und genau das war für Schiller notwendig, um Ideen für eine bessere Zukunft zu entwickeln. “Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst heißt es im Prolog seines Dramas “Wallensteins Lager (1798). Das meint nichts anderes, als das in der Kunst und in der Literatur die Wirklichkeit “transzendiert werden könne. In seinen eigenen Schriften überhöhte Schiller dementsprechend die Wirklichkeit. Mit anderen Worten: Die Literatur zeigt, wie es anders oder besser sein könnte. Die “heitere Kunst kann also der Welt helfen, ein Stück besser zu werden oder sie zumindest besser auszuhalten nicht mehr und nicht weniger. Kunst und Literatur als spielerische Mittel, um im Denken und der Persönlichkeitsentwicklung weiterzukommen. Das ist Schillers bildungspolitische Botschaft. Und dass der Fortschritt des Einzelnen auf seinem Bildungsweg zugleich die Gesellschaft einen Schritt weiterbringt, das bedeutet zweierlei. Zum einen: Jeder Einzelne ist selbst für die Bildung seiner Persönlichkeit verantwortlich. Und zum anderen: Indem der Staat das Bildungsangebot erweitert und Bildungseinrichtungen fördert, investiert er in eine bessere Zukunft. Originalton Schiller: “Durch was sonst ist ein Staat groß und ehrwürdig, als durch die Kräfte seiner Individuen? Gibt es einen aktuelleres Plädoyer für mehr Investitionen in Forschung und Bildung?

 

Der Wille zum besseren Leben

Schiller selbst hat sein Leben lang versucht, seiner Bildungsmaxime gerecht zu werden. Niemals so scheint es war er untätig und selten mit sich zufrieden. Schiller, das ist nicht nur der Schöpfer von “Die Räuber (1781) oder “Kabale und Liebe (1783), dem Freiheitsdrama “Wilhelm Tell (1804), der Ode “An die Freude (1785) oder “Die Götter Griechenlands (1788). Mit seiner Erzählung “Der Verbrecher aus verlorener Ehre (1793) ist er was wenige wissen auch Wegbereiter des modernen Kriminalromans. Und: Schiller praktizierte als Arzt und Historiker, war Zeitungsmacher, Philosophieprofessor und Geschichtslehrer und der meistgelesene historische Autor seiner Zeit.

Er muss ein erstaunlicher Mensch gewesen sein, dieser Friedrich Schiller. Und erstaunlich willensstark. Wie sonst ist es zu erklären, dass er große Teile seines Werkes in den letzten 14 Lebensjahren dem Tod abgerungen hat? Denn seit 1791 war Schiller ein schwer kranker Mann. Zu einer Lungenentzündung kamen eine Rippenfellentzündung und eine Bauchfellentzündung. Viele andere hätten in einer solchen Situation mit dem Schicksal gehadert. Nicht so der unerschütterliche Optimist Friedrich Schiller. “Überhaupt hat dieser schreckhafte Anfall mir innerlich sehr gut getan. Ich habe dabey mehr als einmal dem Tod ins Gesicht gesehen, und mein Muth ist dadurch gestärkt worden, schrieb er 1791 in einem Brief. Die Sehnsucht nach Besserung und Besserem ließ Schiller weiterleben und weiter arbeiten. Zum Glück.

Wer heute Schiller liest und in seine Sprache hineinfindet, der wird zweifellos angesteckt werden: von der Leidenschaft seines Denkens und der Tiefe der Gedanken. Mit seinem Bildungsideal und seinen Ideen, seiner Freiheitsliebe und seiner geradezu trotzigen Haltung, in keiner Situation aufzugeben, ist Schiller als Werk und Person notwendiger und aktueller denn je.

 

von Michael Fischer, wissen.de
 

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