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Attila: Legendärer König der Hunnen

Wie wurde Attila Großkönig der Hunnen?

Durch einen Brudermord. Um 385 hatte das Reitervolk der Hunnen die ungarische Tiefebene besetzt und die dort ansässigen ostgermanischen Gepiden unter ihre Obrigkeit gezwungen. Elf Jahre lang herrschte der 395 irgendwo im östlichen Europa geborene Attila gemeinsam mit seinem Bruder Bleda über die Hunnen, bevor er im Frühjahr 445 seinen Mitregenten ermordete, um die Alleinherrschaft zu erringen. Nach seiner Machtübernahme geriet Attila sogleich unter Druck, da seine Getreuen und die Führer der bis dahin von der Macht ausgeschlossenen Gepiden, die den Umsturz unterstützt hatten, auf reiche Entlohnung warteten. Der neue hunnische Großkönig sah sich gezwungen, um jeden Preis und unter jedem Vorwand Kriege zu beginnen. Erstaunlicherweise taucht er in den deutschen Heldensagen als der etwas schwachsinnige, aber umso freigebigere Etzel auf, als edelmütiger Freund germanischer Fürsten und Könige.

Der bedeutendste Großkönig der Hunnen regierte nur kurze Zeit. Trotzdem haben diese wenigen Jahre seiner Herrschaft einen großen Einfluss auf den Verlauf der Weltgeschichte ausgeübt, da sein Auftreten das Ende der Antike beschleunigte.

Wie verlief der Feldzug des Großkönigs gegen Konstantinopel?

447 rückte Attila mit seinen Truppen, darunter erstmals in den Rang von Verbündeten erhobene germanische Stämme, gegen Konstantinopel vor. Mit dieser Maßnahme beraubte er sich aber der Hoffnung auf einen raschen Erfolg, der früher für die hunnischen Steppenreiter typisch gewesen war. Dem sich langsam fortbewegenden Heereszug stellten sich in Mösien (heute Bulgarien) die oströmischen Legionen in den Weg. Attila konnte den Gegner nur zum Rückzug zwingen, aber nicht schlagen. Er leitete Friedensverhandlungen ein und zog mit 8000 Pfund Gold ab.

Wie wurde der Hunne zur »Geißel Gottes«?

Auf seinem Marsch gen Westen zerstörte Attilas Kriegsvolk unzählige Städte, Kirchen und Klöster. Entsetzte Christen sprachen vom Herrscher der Hunnen darum nur noch als »Geißel Gottes«.

Nach dem Übereinkommen mit Ostrom hatte Attila sein Augenmerk auf das westliche Europa gerichtet. Anfang 451 marschierte sein Heer donauaufwärts nach Westen. Am Ufer der Loire erfuhr Attila, dass sich seinen Truppen ein römisch-germanisches Heer unter der Führung von Galliens Heermeister Flavius Aetius näherte. Im Juli 451 stießen die beiden Heere westlich der Stadt Trecas (Troyes) aufeinander. Der Zusammenprall erfolgte am linken Ufer der Seine und nicht, wie später überliefert, auf den Katalaunischen Feldern. Die Schlacht brachte keinen eindeutigen Sieger hervor, die offensichtlich schlechter bewaffneten Germanen Attilas mussten allerdings den Rückzug antreten.

Was tat Attila nach seinem Rückzug aus Gallien?

Nach seiner Rückkehr aus Gallien versuchte Attila, von den Oströmern einen neuen Tribut zu erhalten, doch Konstantinopel lehnte jegliche Zahlung brüsk ab. Da der Hunnenkönig Ostrom für überlegen hielt, beschloss er abermals, das Weströmische Reich anzugreifen. Im Spätfrühling 452 überschritt sein Heer die Pässe der Julischen Alpen und verwüstete unter anderem die Stadt Aquileia. In dieser bedrohlichen Lage schickte der weströmische Kaiser Valentinian III. Papst Leo I. als Delegierten zu Attila. Die Gesandtschaft traf am Mincio mit dem gefürchteten Hunnen zusammen und bat um Waffenstillstand, der zum Erstaunen der Römer gewährt wurde.

Wenig später verließ der hunnische Großkönig Italien und zog sich hinter die Donau zurück. Anlass für den Abzug war der Vorstoß oströmischer Truppen in die ungarische Tiefebene. Der äußerst erbitterte Hunnenherrscher bereitete unverzüglich einen Vergeltungsfeldzug gegen Ostrom vor, doch dazu kam es nicht mehr: Im Frühjahr 453 starb Attila während der Hochzeitsnacht mit der Burgundin Ildico allem Anschein nach im Schlaf an einem Blutsturz. Zwei Jahre später zerschlugen die Gepiden das Hunnenreich.

Woher wissen wir, wie der Hunnenkönig aussah?

Eine zeitgenössische Beschreibung Attilas ist nicht bekannt. Erst Jordanes, ein Historiker des 6. Jahrhunderts von vornehmer gotischer Abstammung, hat den hunnischen Herrscher beschrieben:

»Attila war von untersetzter Statur und breitschultrig, sein Kopf groß, seine Augen klein, sein mit weißen Fäden durchzogener Bart spärlich, seine Nase eingedrückt, seine Hautfarbe dunkel – in allem verriet sich seine Herkunft.« Jordanes schildert typisch asiatische Gesichtszüge, doch in einer Art und Weise, die manchem Leser Schauer über den Rücken gejagt haben mag. Wahrscheinlich ist sie jedoch nur das Produkt schriftstellerischer Fantasie.

Wussten Sie, dass …

die Figur des Königs Etzel aus dem Nibelungenlied auf die historische Gestalt des Hunnenkönigs Attila zurückgeht? Der König Etzel aus dem altgermanischen Epos ist allerdings, im Gegensatz zum historischen Attila, ein positiver, milder Charakter, der Verfolgten Asyl gibt und die Witwe des tragischen Helden Siegfried heiratet.

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