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Ausländer in Deutschland: Chancen und Probleme der Integration

Wer darf nach Deutsch-land einwandern?

Wer als Ausländer in Deutschland leben möchte, braucht eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis, die nur in ganz bestimmten Fällen erteilt werden. Dazu müssen die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit des Einzelnen sowie die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen Deutschlands berücksichtigt werden.

Ausnahme sind Personen, die aus einem EU-Mitgliedsland stammen. Für sie gilt der Grundsatz der Freizügigkeit, das heißt, sie dürfen in jedem EU-Land leben und arbeiten. Das 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz regelt die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Förderung der Integration von Ausländern in Deutschland.

Warum leben so viele Ausländer in Deutschland?

Der im europäischen Vergleich relativ hohe Ausländeranteil (2004: 8,8 %) in Deutschland ist vor allem die Folge der sog. Anwerbepolitik der 1950er und 1960er Jahre. In dieser Zeit förderte die Bundesregierung gezielt den Zuzug von Migranten (z. B. aus Italien, Spanien oder der Türkei), um den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Mit dem Ende des stetigen Wirtschaftswachstums sank auch der Bedarf an Arbeitskräften, daher verhängte Deutschland 1973 einen Anwerbestopp. Von den 6,76 Mio. Ausländern Ende 2005 stammte fast ein Drittel aus EU-Ländern und etwas mehr als ein Viertel aus der Türkei. 41 % aller Migranten lebten schon seit mehr als zehn Jahren in Deutschland.

Wieso haben Migranten-kinder oft Probleme?

Kinder aus ausländischen Familien haben es häufig schwer, die deutsche Sprache zu erlernen, da in vielen Familien die Sprache des Herkunftslands der Eltern gesprochen wird.

Etwa die Hälfte der Ausländerkinder besucht nach der Grundschule eine Haupt- oder Sonderschule, von den deutschen Kindern ist es ein Fünftel. Jeder fünfte ausländische Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss. Ausländische Jugendliche erwerben häufiger als deutsche keinen Berufsabschluss und arbeiten als un- oder angelernte Arbeitskräfte.

Was will Ausländerpolitik?

Ausländerpolitik zielt vor allem auf die Integration der Ausländer in die Gesellschaft wie in die Arbeitswelt ab. Probleme ergeben sich dadurch, dass viele Ausländer nur unzureichend Deutsch sprechen, in Gegenden mit hohem Ausländeranteil leben (»Gettobildung«), hauptsächlich Kontakt untereinander haben und manche es sogar ablehnen, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.

Im Rahmen einer aktiven Integrationspolitik setzt die Politik u. a. auf Sprachkurse; bei Kindern soll, falls nötig, die sprachliche Förderung bereits im Kindergarten, spätestens jedoch in der Grundschule einsetzen. Spezielle Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, zum Teil kombiniert mit Sprachkursen, sollen die berufliche Integration von Ausländern fördern. Migranten, die dauerhaft in Deutschland leben wollen, sollen nach Ansicht der meisten politischen Parteien die deutschen Gesetze beachten und das Grundgesetz anerkennen. Aktionen gegen Fremdenfeindlichkeit und Aufklärung über Extremismus sollen die sozialen Integrationskräfte stärken.

Darf sich jeder Ausländer in Deutschland dauerhaft niederlassen?

Zwar hat jeder Ausländer, der fünf Jahre lang eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis besitzt, theoretisch Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis, also auf einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Doch dazu muss er u. a. nachweisen, dass sein Lebensunterhalt gesichert ist, dass er Beitragszahlungen zur Rentenversicherung geleistet hat und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Geregelt wird die Vergabe nach dem Aufenthaltsgesetz (Aufenth G), einem zentralen Bestandteil des Zuwanderungsgesetzes von 2005.

Wozu dient die Einbürgerung?

Mit der Einbürgerung wird einem Ausländer in einem staatsrechtlichen Hoheitsakt die Staatsangehörigkeit verliehen. Dazu müssen verschiedene Auflagen wie Aufenthalt und Wohnsitz im Inland, gesicherter Lebensunterhalt sowie Unbescholtenheit erfüllt werden. 2004 wurden in Deutschland genau 127 153 Ausländer eingebürgert, die größte Gruppe stellten mit etwa einem Drittel die Türken.

Geregelt wird die Einbürgerung über das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) von 2000. Die Innenminister der Länder einigten sich im Mai 2006 außerdem darauf, dass sich Einbürgerungswillige in Deutsch verständigen können und einen im Bundesgebiet einheitlichen Einbürgerungskurs absolvieren müssen. In einigen Bundesländern werden schon heute Einbürgerungstests durchgeführt, mit denen die politische und ethische Gesinnung sowie bestimmtes staatsbürgerliches Wissen eines Einbürgerungswilligen überprüft werden.

Kann man auch zwei Staatsbürgerschaften besitzen?

In Europa gibt es einige Länder, die eine doppelte Staatsangehörigkeit gestatten. In diesen Staaten muss ein Ausländer den Pass seines Heimatlandes nicht abgeben, um eingebürgert werden zu können.

So können sich Ausländer in den Niederlanden und Belgien nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts einbürgern lassen, ohne ihre erste Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen. Italien erlaubt nach einem zehnjährigen Aufenthalt die Einbürgerung und die doppelte Staatsangehörigkeit. Portugal gestattet ebenfalls den Besitz von zwei Pässen. Dagegen muss in Spanien, Finnland, Österreich, Luxemburg und Schweden bei der Einbürgerung die erste Staatsangehörigkeit aufgegeben werden. In Deutschland wird eine Mehrfachstaatsbürgerschaft nur bei Ausländerkindern geduldet.

Hat jeder Flüchtling Anspruch auf Asyl?

Nein, einen Anspruch auf Asyl haben nur Menschen, denen wegen ihrer politischen Haltung, ihrer Abstammung oder ihrer religiösen Überzeugung im Heimatland Gefahr droht. Das bedeutsamste internationale Vertragswerk zum Status von Flüchtlingen ist die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. In Deutschland wird das Asylrecht zusätzlich durch Artikel 16a des Grundgesetzes geregelt.

Was ist eigentlich ...

ein Ausländerbeauftragter? Der oder die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung soll u. a. die Integration der in Deutschland lebenden Ausländer fördern und ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen entgegenwirken.

ein Ausländerbeirat? Ein kommunales Gremium, das die Interessen der Migranten vertreten und ihre rechtliche und politische Gleichberechtigung vorantreiben soll. In einigen Bundesländern, z. B. in Nordrhein-Westfalen, muss ein Ausländerbeirat in Gemeinden mit einer bestimmten Anzahl ausländischer Einwohner gewählt werden.

Wussten Sie, dass …

Ausländer aus EU-Staaten bei Kommunalwahlen das Wahlrecht besitzen? Alle anderen Ausländer haben kein Wahlrecht.

hoch qualifizierte Arbeitnehmer sofort eine Niederlassungserlaubnis erhalten können?

die Quote der Ausländerarbeitslosigkeit 2004 20,5 % betrug? Die Arbeitslosenquote der Deutschen lag im selben Jahr bei 11,7 %.

Kontext
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