Wissensbibliothek
Charles de Montesquieu: Vater der modernen Verfassung
Hat Montesquieu eine Bedeutung für die Gegenwart?
Ja, mit seinen politisch-philosophischen Schriften wurde er zu einem der Vordenker des modernen Staats. Charles de Secondat, Baron de La Brède et de la Montesquieu (1689 bis 1755) ist damit einer der wichtigsten Vertreter der französischen Aufklärung.
Montesquieu war ausgebildeter Jurist. Als Angehöriger des französischen Amtsadels studierte er nach Abschluss einer humanistischen Schule Rechtswissenschaften. Dabei war er unter anderem auch mit der Philosophie von René Descartes bekannt geworden. Nach seinem Jurastudium setzte er die praktische Ausbildung in Paris fort.
Am Gerichtshof in Bordeaux wurde er zunächst Richter und übernahm später als Präsident den Vorsitz. Daneben hielt er an der Akademie von Bordeaux naturwissenschaftliche und historische Vorträge.
Nach Aufgabe seines Präsidentenamtes unternahm Montesquieu Reisen durch Europa und hielt sich auch längere Zeit in England auf.
Was ist das Hauptwerk des Franzosen?
Es heißt »Vom Geist der Gesetze« (»De l'Esprit des Lois«) und es erschien 1748. Montesquieu verarbeitete darin Eindrücke seiner Englandreise. Dieses Werk ist ein Versuch, die Mechanismen jeglicher Form von Gesetzgebung wissenschaftlich zu erfassen. Dabei stellte er die Grundthese auf, dass jedes Gesetz der »Vernunft« entsprechen und dem jeweiligen Volk individuell angepasst sein müsse. Montesquieu bemühte sich, die vielfältigen Erscheinungen zu ordnen und historische Gesetzmäßigkeiten zu erschließen. Dieser Ansatz war nicht völlig neu, wurde jedoch erstmals so klar formuliert.
Was macht den Geist der Gesetze aus?
Das harmonische Zusammenspiel des »Volksgeistes« mit den äußeren Gegebenheiten. Überaus exakt legt Montesquieu die Bezüge der einzelnen Faktoren zueinander in 31 Kapiteln dar: Sowohl die Regierungsform wie auch die natürlichen Gegebenheiten (geografische Lage, Größe, Klima), das Bewusstsein (Religion, Sitten, Bräuche) und die soziale Gliederung sollten berücksichtigt werden. Zusammen mit dem »ésprit général« (Volksgeist) ergänzten sich diese dann zum »Geist der Gesetze«. Nur im harmonischen Gleichgewicht aller Faktoren könnten ein vernünftiges Gesetz und eine stabile politische Ordnung entstehen. Montesquieu zufolge wäre es ein großer Zufall, wenn sich diese Bedingungen bei zwei Völkern derart glichen, dass gleiche Gesetze möglich wären.
Welches Prinzip für Verfassungen entwarf der Philosoph?
Er entwarf das Prinzip der Gewaltenteilung. In dem wirkungsgeschichtlich bedeutendsten Kapitel von »De l'Esprit des Lois« legt Montesquieu zugrunde, dass jede Staatsmacht in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Gesetzesvollzug) und Judikative (Rechtsprechung) aufgeteilt sei. Wenn diese Gewalten in der Hand eines Einzelnen oder einer Institution vereinigt seien, könne das die Freiheit nicht gewährleisten. Da ein Herrscher immer danach strebe, seine Macht zu erweitern, müssten die Gewalten auf verschiedene Institutionen verteilt werden. Gleichzeitig sollten diese so miteinander verschränkt sein, dass Macht durch Macht gebremst würde.
Montesquieu verwendet nicht den Begriff Gewaltenteilung, sondern spricht von einer Balancierung und Mäßigung der Gewalten. Die Gedanken Montesquieus wurden zu einem der Ausgangspunkte des modernen Verfassungsstaats. Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung sind in fast allen modernen Verfassungen verankert.
Verfasste Montesquieu nur theoretische Schriften?
Nein, er schrieb auch Literatur. Im Jahr 1721 etwa veröffentlichte Montesquieu den Roman »Persische Briefe« (»Lettres persanes«), in dem er die gesellschaftlichen Zustände Frankreichs in Form fiktiver Briefe zweier reisender Perser darstellte. Im Stil der Zeit bediente er sich des »fremden Blicks«, um vertraute Verhältnisse möglichst unbefangen zu kritisieren. Zudem verstand es Montesquieu in diesem erfolgreichen satirischen Roman hervorragend, viele komische Effekte zu erzeugen.
Wussten Sie, dass …
Montesquieus Hauptwerk »Vom Geist der Gesetze« im Jahr 1751 von der katholischen Kirche auf den Index gesetzt wurde?
die Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika (1789) das von Montesquieu formulierte Prinzip der Gewaltenteilung erstmals voll anwandte?
Hat Altern einen Sinn?
Es gibt Sätze, die werden so oft benutzt, dass ihre Wirkung sich inzwischen abgenutzt hat. In der Bioforschung besteht diese Gefahr für den berühmten Satz „Nichts in der Biologie ergibt Sinn, außer im Lichte der Evolution“. Im Jahr 1974 wählte der in der heutigen Ukraine geborene US-Genetiker Theodosius Dobzhansky ihn als Titel...
Organe hin, Organe her
Warum bekam Charles Darwin aufgrund seiner Evolutionstheorie so viel Ärger mit kirchlichen Kreisen? Weil seine Erkenntnisse in fundamentalem Widerspruch zu dem Glauben standen, dass alle Arten seit Gottes Schöpfungsakt unverändert existieren. Die Quintessenz der Theorie Darwins war ja gerade, dass sämtliche Organismen-Arten keine...