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Schinkels Neue Wache: Klassizismus in Preußen
Zu welchem Zweck wurde die Neue Wache erbaut?
Als Denkmal für den Sieg der europäischen Koalitionsmächte über Napoleon. König Friedrich Wilhelm III. beauftragte nach dem Rückzug der Truppen Napoleons Schinkel mit der Planung eines neuen Wachhauses zwischen dem Kronprinzenpalais und der Universität. Nach zweijähriger Bauzeit wurde die Neue Wache 1818 eingeweiht. Der Bau ist ein herausragendes Beispiel für die Schinkel'sche Variante des Klassizismus in Preußen: ein schlichter Kubus, an den Ecken turmartig ausgebaut. »Wie ein römisches Kastrum«, beschrieb Schinkel die Wirkung. Zwischen den Ecktürmen sitzt jedoch eine rein griechisch anmutende Tempelfront mit dorischen Säulen und einem Giebel; er ist wie ein antiker Tympanon (Giebelfeld) mit Figuren ausgestattet, die den Krieg allegorisch verherrlichen. Darunter sitzt ein Fries mit kleinen Siegesgöttinnen aus Zink, ein Werk des Bildhauers Gottfried Schadow.
Wie bedeutend war Schinkel als Architekt?
Er hinterließ eine große Zahl von Entwürfen für Staatsbauten, Brücken, Theater, Villen, Denkmäler, Möbelstücke, Kronleuchter und vieles mehr. Daneben betätigte er sich als Maler romantischer Stadtlandschaften und schuf Bühnenbilder wie den berühmten Sternenhimmel für die Mozartoper »Die Zauberflöte«.
Seine Arbeiten – ob nun im Stil des Klassizismus wie das Neue Schauspielhaus oder in dem der Neugotik wie die Friedrichswerdersche Kirche – umfassen eine ungeheure Spannweite, die kein anderer Architekt in Deutschland jemals wieder erreichen sollte.
Ist die Ähnlichkeit mit dem Brandenburger Tor zufällig?
Nein. Die ersten Entwürfe Schinkels für die Neue Wache zeigten noch einen kleinen Palazzo im Stil der italienischen Renaissance. Den ausgeführten Entwurf prägt jedoch die Antike – und zwar die griechische. Das erste Bauwerk Berlins, das sich an griechischen Vorbildern orientierte und nicht – wie es seit der Renaissance üblich war – an der römischen Antike, lag in direkter Nachbarschaft: das Brandenburger Tor von Carl Gustav Langhans aus dem Jahr 1789. Die Neue Wache sollte die Formensprache dieses Tores wieder aufnehmen, die Straße Unter den Linden so zu einer via triumphalis umgestaltet werden, einer Prachtstraße des preußischen Triumphes.
Welche Funktion hat das Bauwerk heute?
Es dient als Mahnmal. Mit dem Ende der Monarchie 1918 verlor die Neue Wache ihre ursprüngliche Funktion. In den 1930er Jahren wurde sie von Heinrich Tessenow zu einer Gedächtnisstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs umgebaut, dann in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt. Die Regierung der DDR diskutierte 1949 ihr weiteres Schicksal. 1957 wurde schließlich ein »Mahnmal für Opfer des Faschismus und Militarismus« eingerichtet. Der Architekt Heinz Mehlau setzte ins Innere ein Hammer-und-Sichel-Emblem sowie einen Glaskubus, in dem eine ewige Flamme brennen sollte. Nach der Wiedervereinigung entbrannte im Bundestag erneut eine Diskussion um die Nutzung. 1993 entschied man sich für die Wiederherstellung des Tessenow-Denkmals, die DDR-Symbole wurden entfernt.
Heute steht im Innern die Skulptur einer trauernden Mutter mit ihrem toten Sohn, die nach einem nur 38 Zentimeter Höhe messenden Original von Käthe Kollwitz aus dem Jahr 1937 in Bronze gegossen wurde. Die Neue Wache ist nun »Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft« gewidmet.
Warum spricht man von der Schinkelzeit?
Weil Schinkel das Stadtbild Berlins in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts so geprägt hat wie kein anderer Baumeister vor und nach ihm. Nach seiner Ausbildung bei den Revolutionsarchitekten David und Friedrich Gilly ging der 1781 geborene Schinkel 1803 nach Italien und dann nach Paris. 1803 kehrte er zurück nach Berlin und machte unaufhaltsam Karriere. Im Alter von 57 Jahren wurde er zum Leiter des gesamten preußischen Bauwesens ernannt.
Das Wachgebäude Unter den Linden in Berlin ist einer der bedeutendsten Bauten des preußischen Klassizismus. Daneben schuf Karl Friedrich Schinkel das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, die Nikolaikirche in Potsdam, die Friedrichswerdersche Kirche und das Alte Museum. Auch im Ausland wurde nach seinen Entwürfen gebaut, etwa das Schloss Orianda auf der Krim.
Schinkel starb im Jahr 1841 hochgeachtet in Berlin.
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