Wissensbibliothek

Seerosen: Leben über und unter Wasser

Können Seerosen im Wasser atmen?

Ja, denn an der Oberseite der Schwimmblätter sitzen Spaltöffnungen, und nur über diese ist der Austausch von Kohlendioxid und Sauerstoff mit der Umgebung möglich. Damit auch die untergetauchten Pflanzenteile mit Sauerstoff versorgt werden, haben die Pflanzen ein Lüftungssystem entwickelt, das die Luft bis zu den untersten Pflanzenteilen leitet, die sich meist im schlammigen Grund des Gewässers ausbreiten.

Seerosen sind durch diese »Luftröhren« bestens an den Lebensraum Wasser angepasst. Die Weiße Seerose (Nymphaea alba) besiedelt stehende oder langsam fließende Gewässer wie Seen, Teiche und die Altwässer von Flüssen. Die schöne Pflanze ist selten und daher geschützt, aber dort, wo die Umstände besonders günstig sind, kommt sie auch in größeren Beständen vor. Ihr Wurzelstock kann bis in eine Tiefe von drei Metern reichen. Aus ihm entwickelt sie Blätter und Blüten, die dank der langen Stiele auf der Wasseroberfläche schwimmen. Diese Stiele sind elastisch, so dass sich die Pflanze an wechselnde Wasserstände anpassen kann. Ihre großen, herzförmigen Blätter sind auf der Oberseite mit Wachs überzogen: Von ihnen perlt das Wasser einfach ab. Die recht großen Blüten, die sich von Juni bis August zeigen, sind weiß mit auffallenden gelben Staubblättern und duften angenehm. Sie sind nur tagsüber geöffnet. In geschlossenem Zustand werden sie von vier braungrünen Kelchblättern umhüllt.

Wie verbreitet die Teichrose ihre Früchte?

Über das Wasser, denn die Früchte enthalten Luftblasen und sind deshalb schwimmfähig. Wie die Weiße Seerose ist auch die Gelbe Teichrose (Nuphar lutea) – auch »Große Mummel« genannt – selten und daher geschützt. Ihre gelben Blüten erscheinen von Juni bis September und erreichen einen Durchmesser von sechs bis zehn Zentimetern, die Blätter werden bis zu 30 Zentimeter groß. Die Teichrose gehört zum Schwimmpflanzenbestand stehender oder ruhig fließender Gewässer; ihre Wurzeln können bis in eine Tiefe von vier Metern reichen. Bestäubt werden die Pflanzen von Käfern, die durch den intensiven Geruch der Blüten angelockt werden.

Die schwimmenden Früchte treiben auf dem Wasser, bis nach einer gewissen Zeit die Luft aus den Luftblasen entweicht. Dann sinken die Früchte auf den Grund, um zu keimen. Zuweilen werden sie auch von Wasservögeln gefressen, die sie unverdaut wieder ausscheiden und auf diese Weise ebenfalls verbreiten.

Eine sehr seltene, kleinere Verwandte der Teichrose ist übrigens die Zwergteichrose (Nuphar pumila) oder Zwergmummel. Ihre Blüten werden nur ein bis drei Zentimeter groß, die länglichen, herzförmig eingeschnittenen Blätter sind bis zu zwölf Zentimeter lang. Die Zwergteichrose ist in den gemäßigten Breiten zu Hause und liebt kalte, nährstoffarme Gewässer mit torfigem Untergrund.

Welche Seerose besitzt wagenradgroße Blätter?

Die Amazonas-Riesenseerose (Victoria amazonica). Sie ist eine der imposantesten Pflanzen der Erde und wurde zu Ehren der englischen Königin Victoria benannt. Die Riesenseerose wächst im Einzugsgebiet des Amazonas in ruhigen Flussarmen. In botanischen Gärten sind die Vertreter dieser Pflanze stets von einer Besucherschar umringt, welche die riesigen, ausladenden Schwimmblätter bewundern. Sogar Kinder – sofern sie nicht schwerer sind als 40 Kilogramm– können auf ihnen stehen. In ihrer Heimat erreichen die eindrucksvollen Blätter bis zu vier Meter Durchmesser, in botanischen Gärten immerhin noch zwei Meter. Der Rand ist nach oben umgeschlagen und ragt bis zu zehn Zentimeter empor. Dadurch wird verhindert, dass sich die Blätter übereinanderschieben.

Diese Blätter haben eine einzigartige Konstruktion: Kräftige Blattnerven verleihen ihnen wie ein Gerüst eine hohe Stabilität und Tragfestigkeit; außerdem enthalten sie Luft, was ihre Schwimmfähigkeit erhöht. Zwischen Ober- und Unterseite sind die Blätter von Poren durchzogen, die nur als kleine Punkte sichtbar sind. Durch sie kann das Regenwasser rasch abfließen, was bei den heftigen Regengüssen der Tropen besonders wichtig ist. Als Schutz gegen gefräßige Wasserbewohner sind Blattunterseiten und Stiele mit Stacheln besetzt.

Warum sperrt die Amazonas-Riesenseerose Insekten ein?

Damit sichert die Seerose ihre Bestäubung. Die zart rosafarbenen, bis 35 Zentimeter großen Blüten öffnen sich nachmittags, bleiben über Nacht offen und schließen sich am folgenden Morgen, wobei Insekten in der Blüte eingeschlossen werden, die nun die Bestäubung vollziehen. Bei der abendlichen Entfaltung werden die pollenbeladenen Gäste wieder freigelassen. Dann verändert die Blüte ihre Farbe zu einem kräftigen Rosa, am nächsten Tag welkt sie und versinkt. Unter Wasser entwickeln sich schließlich die Früchte. Diesem Geheimnis musste man erst auf die Spur kommen, damit die Zucht dieser Seerose aus Samen gelingen konnte, denn trocken transportierte Samen keimten nicht.

Warum war die Riesenseerose früher ein Vorbild für Techniker?

Weil ihre Blätter mit dem genialen Stützgerüst als Vorbild für den berühmten Kristallpalast dienten. Diese Ausstellungshalle mit einem Rippendach aus Gusseisen und Glas entstand anlässlich der ersten Weltausstellung im Jahr 1851 in London. Sir Joseph Paxton (1801 bis 1865), Gartenarchitekt des Herzogs von Devonshire, entwarf zunächst ein spezielles Gewächshaus für die tropische Wasserpflanze – er ahmte dabei die Blattkonstruktion der Riesenseerose nach. Das Gebäude mit dem charakteristisch gefalteten, frei schwebenden Glasdach war derart eindrucksvoll, dass Paxton danach auch den Kristallpalast gestaltete. Lange Walzstahlträger überspannten den Innenraum, auf denen der Architekt gläserne Satteldächer parallel dazu anordnete. In den Furchen dazwischen befanden sich Rinnen für den Ablauf des Regenwassers. Die Elemente ließen sich auch serienmäßig produzieren, so dass die Halle in weniger als sechs Monaten Bauzeit fertig gestellt werden konnte.

Wussten Sie, dass …

es Seerosen mit himmelblauen Blüten gibt? Die Ägyptischen Lotosblumen Nymphaea lotus und Nymphaea caerulea wachsen am Nil.

eine Seerose das Wappen des Benediktinerklosters Tegernsee ziert? Sie sollte mittelalterlichen Mönchen und Nonnen helfen, ihre Keuschheit zu bewahren.

manche Seerosen essbar sind? In Indien wächst Nymphaea stellata, die fast komplett verzehrt wird. Auch die Indianer Nordamerikas essen Samen und Rhizome dort vorkommender Seerosenarten.

Raumstation
Wissenschaft

Weltraumbier, Betonmischer im All und tote Froscheier

In der Nähe von Luzern gibt es ein spezielles Labor: Es macht Experimente weltraumtauglich und begleitet ihre Realisierung im All. von ALEXANDRA VON ASCHERADEN In gut 400 Kilometer Höhe umkreist die Internationale Raumstation (ISS) mit 27.600 Kilometer pro Stunde die Erde. Sie ist so groß wie ein Fußballfeld. Obwohl international...

Materialien, Pflanzen
Wissenschaft

Technik mit Lebenszeichen

Werkstoffe mit ähnlichen Eigenschaften, wie sie lebende Systeme besitzen, sollen technische Systeme revolutionieren. Als Vorbilder dienen vor allem Pflanzen. von REINHARD BREUER Könnten Pflanzen böse sein, dann würden die Fleischfresser unter ihnen einen Spitzenplatz einnehmen. Und unter den mehr als 1.000 Arten, die es davon...

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon