Daten der Weltgeschichte

Die Anfänge der Industrialisierung17511785

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte in Großbritannien durch Neuerungen in der Textilbranche sowie im Bergbau und Hüttenwesen die „industrielle Revolution“ ein. Sie griff mit dem beginnenden 19. Jahrhundert auf die Staaten des Kontinents über und veränderte bis zum Jahrhundertende das Gesicht Europas und der Welt. Einhergehend mit dem technischen Fortschritt bildete sich innerhalb der Staaten ein starkes Bürgertum heraus, das die Monarchien bekämpfte und zum Träger der nationalstaatlichen Idee des 19. Jahrhunderts wurde. International wurde die industrielle Leistungsfähigkeit der Staaten zum Entscheidungskriterium über ihren Machtstatus und verschärfte die Konflikte der Großmächte untereinander, die schließlich 1914 in den Ersten Weltkrieg mündeten.

England: Wiege der industriellen Revolution

Bevölkerungsexplosion und Adelsinitiative waren in Großbritannien die Grundbedingungen für den Beginn der „industriellen Revolution“. Zwischen 1700 und 1800 wuchs die Bevölkerung aufgrund besserer medizinischer Versorgung und steigender Geburtenziffern von 6,7 auf 10,2 Mio. Menschen. 1851 lebten in dem Inselreich bereits 21 Mio. Einwohner. Die Bevölkerungsexplosion auf dem Land führte zur Massenabwanderung in die Städte, die zu Wirtschaftszentren aufstiegen. Da Nahrungsmittel in Großbritannien wegen der modernen Anbau- und Düngemethoden verhältnismäßig billig waren, konnten auch die mittleren und ärmeren Schichten Geld für Waren außerhalb des Lebensnotwendigen ausgeben. Diese steigende Nachfrage machte sich der reiche Adel zu Nutze. Die britischen Adeligen hatten aufgrund der traditionell starken Getreideexporte und Textilwarenherstellung Kapital angesammelt, das sie nun in Wirtschaftsunternehmen investierten. In der städtischen Bevölkerung stand zudem nicht nur ein Heer von Abnehmern, sondern auch ein Heer von Arbeitskräften zur Verfügung.

Textilindustrie

Die Textilbranche wurde zum ersten wichtigen Betätigungsfeld für Erfinder und Investoren. Um 1750 arbeiteten bereits 27% aller Arbeitskräfte in England und Wales in diesem Gewerbe, ohne dass die Nachfrage gedeckt werden konnte. Folglich musste die Produktionsmenge durch eine Steigerung der Arbeitseffizienz mittels technischer Neuerungen erhöht werden. Eine erste bahnbrechende Erfindung stellte 1764 James Hargreaves mit der „spinning-jenny“ vor, die parallel mehrere Baumwollfäden spinnen konnte. Richard Arkwrights erfand mit der „water-frame“ (1769) die erste automatische Spinnmaschine, die durch weitere Erfindungen von Samuel Crampton ab 1779 noch verbessert wurde. Im verarbeitenden Bereich (Gewebeherstellung) begann 1785 Edmund Cartwright mit der Konstruktion eines Maschinenwebstuhls. Erst 1823 konnten die maschinell gewobenen Stoffe aber die Qualität der Handweber erreichen.

Dampfmachine

Die Dampfmaschine wurde 1765 von James Watt auf der Basis einer älteren Konstruktion erfunden und 1776 erstmals industriell eingesetzt. Sie trieb ein Hochofengebläse in einer Eisenhütte an. Für die Produktion des wichtigen Stahls wurden hohe Temperaturen benötigt, die durch ein konstantes Gebläse dauerhaft erreicht werden konnten. Nachfolgend fand die Dampfmaschine auch Einzug in der Schwerindustrie und im Textilbereich. Bis 1800 waren bereits 1000 Dampfmaschinen in Betrieb. Sie erlaubten die Loslösung von dem bisher dominierenden Standortfaktor Wasser, das als Kraftquelle genutzt wurde. Nun konnten Fabriken im Bereich der Städte und damit in der Nähe der Arbeitskräfte und des Absatzmarktes errichtet werden.

Eisenbahn

Die Entwicklung der Eisenbahn führte die industrielle Revolution auf ihren Höhepunkt. Sie löste den Transport auf dem Wasserweg und mit Pferdewagen ab. Bereits 1804 baute Richard Trevithick eine erste Lokomotive. Der Durchbruch wurde allerdings erst von George Stephenson 1829 mit der „Rocket“ erreicht. 1830 begann auf der Strecke LiverpoolManchester der regelmäßige Personenverkehr. Die Eisenbahn war aber nicht nur Kind (da sie auf dem Prinzip der Dampfmaschine beruhte) und Motor der Industrialiserung (durch die schnelle Transportmöglichkeit), sondern führte zu einem ungeheuren Aufschwung der Schwerindustrie und des Bergbaus, da für Lokomotiven, Waggons und das Schienennetz Unmengen an Metallen gebraucht wurden. 1850 hatte das britische Schienennetz eine Länge von über 10 000 km und in den USA wurden bereits über 14 000 km ausgebracht. Die Vereinigten Staaten intensivierten in besonderem Maße den Eisenbahnausbau, da ein leistungsfähiges Schienennetz die Erschließung des Kontinents vorantrieb.

Ausbreitung der Industrialisierung

Im restlichen Europa setzte die durchgreifende Industrialisierung im 19. Jahrhundert ein. Das aufstrebende Bürgertum verlangte auch eine Beteiligung am politischen Entscheidungsprozess. Diese gesellschaftlichen Konflikte entluden sich in einer Reihe von Revolutionswellen (1830, 1848), die das Zeitalter der Nationalstaaten einleiteten. Innergesellschaftlich entstanden sozialistische Strömungen („Kommunistisches Manifest“ 1847/48). International wurde Großbritannien auf der Basis seines immensen technischen Vorsprungs und seines rohstoffreichen Empires in dem entstehenden Mächtekonzert der industrialisierten Staaten zur führenden Weltmacht. Am Ende des 19. Jahrhunderts schickten sich das 1870/71 gegründete Deutsche Reich und die USA an, diesen Vorsprung aufzuholen. Die wirtschaftlichen Rivalitäten der industrialisierten europäischen Mächte untereinander wirkten sich destabilisierend auf die politische Verständigung aus. Die Konflikte mündeten 1914 in den Ersten Weltkrieg, der gewissermaßen der erste „industrialisierte Krieg“ der Geschichte war und mit 8,5 Mio. Toten auf den Schlachtfeldern die Kehrseite der außerordentlichen technologischen Entwicklung binnen 150 Jahren verdeutlichte.

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