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Der Mozart-Effekt: Mit Klassik zum Genie?
Mozart als Denkstütze: Wer beim Lernen klassisches Musik hört, beispielsweise von Wolfgang Amadeus Mozart, der steigert seine Denkleistung - so jedenfalls lautet die landläufige These. Auslöser dafür sollen die Harmonien der klassischen Musik sein. Vermutungen zufolge regen sie unsere Strömungen im Gehirn so an, dass es uns leichter fällt, komplexe Denkaufgaben zu lösen.
Woher kommt die Idee?
Das Konzept des Mozart-Effektes wurde erstmals vom französischen Forscher Alfred Tomatis beschrieben. Er beruft sich auf eine Forschungsarbeit an der University of California aus dem Jahr 1993: In der Studie bearbeiteten 36 Studenten in je drei Sitzungen mehrere Aufgaben eines Intelligenztests zum visuell-räumlichen Verarbeitungsvermögen.
Dabei hörten die Probanden im ersten Durchlauf Mozarts Sonate D-Dur, daraufhin eine Aufnahme mit Entspannungsmusik und schließlich arbeiteten sie zehn Minuten in Stille. Laut der Forscher schnitten die Teilnehmer nach dem Anhören des Mozartstücks in Tests ihrer kognitiven Leistungen deutlich besser ab als nach den anderen beiden Sitzungen. Die Forscher folgerten daraus, dass die klassische Musik das Lern- und Denkvermögen steigern kann.
Allerdings sind diese Schlussfolgerungen und die daraus abgeleitete Hypothese eines die geistigen Leistungen fördernden Mozart-Effekts bis heute stark umstritten. Unter anderem, weil in der Originalstudie viele Angaben zu den Bedingungen des Experiments, den Kontrollen und zu der Reihenfolge der Testdurchläufe fehlten.
Musik spornt zum Lernen an
Doch trotz fehlender Bestätigungen gingen die Studienergebnisse schnell durch die Medien: Die Schallplattenumsätze für Werke von Mozart stiegen stark an, in Klassenzimmern wurde den Kindern Mozart beim Lernen als Hintergrundmusik gespielt und in manchen Kindergärten wurde eine Stunde Klassikmusik pro Tag gesetzlich vorgeschrieben.
Doch seither hat die Mozart-Euphorie nachgelassen, - auch weil Folgestudien teils ähnliche, teils aber auch gegensätzliche Ergebnisse veröffentlichten. Forscher testeten dabei auch andere Musikstücke – ohne je den Mozart-Effekt eindeutig bestätigen zu können.
Stattdessen vermuten Experten heute, dass die positive Stimmung, die Musik generell auslöst, Ursache für bessere Denkleistungen sein kann. Denn wer positiv gestimmt ist, ist meist per se zu besseren Leistungen fähig. Außerdem gehen Wissenschaftler davon aus, dass Musik das Sozialverhalten verbessern kann und die Konzentrationsfähigkeit erhöht. Denn durch die musikalischen Anregungen kann sich unser Gehirn weiterentwickeln.
Musik regt das Gehirn an
Forschungen zeigen, dass beim Hören von als angenehm empfundener Musik bestimmte Gehirnarealen stärker durchblutet werden. Besonders das limbische System – das auch bei gutem Essen oder Drogeneinfluss aktiv ist – ist unter Musikeinfluss meist stärker aktiviert. Hirnregionen, die für Angst- und Alarmreaktionen zuständig sind, werden hingegen abgeschaltet. Insgesamt wirkt sich dieses von der Musik beeinflusste Muster der Hirnaktivität dann möglicherweise positiv auf das Lernen und Einprägen aus. Dies gilt für das Hören, aber noch viel mehr für das aktive Machen von Musik.
Das eigene Musikmachen hat erwiesenermaßen nämlich noch weitere Vorteile: Beim Erlernen und Spielen von Musik werden weitere Hirnareale angeregt und das regelmäßig Üben fördert die Verknüpfung von Nervenzellen. Studien belegen, dass musikalisch trainierte Kinder dadurch eine bessere Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung zeigen als Altersgenossen ohne musikalische Förderung. Außerdem scheint frühes und regelmäßiges Musizieren auch die Sprachfähigkeit und die schulischen Leistungen zu fördern.
Das Musikhören ist demnach nicht unbedingt ein Lernvorteil, das regelmäßige Ausüben von Musik kann dagegen schon Vorteile bringen. Außerdem unterscheidet sich je nach Lerntyp die beste Lernmethode individuell – und Musik kann dabei auch ablenken.