Lexikon
Brecht
Exil und Stücke gegen den Faschismus
Einen Tag nach dem Reichstagsbrand emigrierte Brecht nach Dänemark. Hier und in seinen weiteren Stationen des Exils Schweden und Finnland entstanden die parabelhaften Dramen, die dem Kampf gegen den Faschismus verpflichtet sind: „Die Gewehre der Frau Carrar“ (1937), „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ 1938, „Leben des Galilei“1939, „Mutter Courage und ihre Kinder“ 1939, „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ 1940 und „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“. 1941 übersiedelte Brecht in die USA; sein Versuch, sich als Drehbuchautor für Hollywood zu etablieren, schlug jedoch fehl. In dieser Zeit schrieb er die Dramen „Der gute Mensch von Sezuan“ 1943 und „Der kaukasische Kreidekreis“ 1944. Nachdem er als bekennender Kommunist 1947 vor den McCarthy-Ausschuss geladen wurde, verließ Brecht die Vereingten Staaten und ging über Zürich und Prag nach Ostberlin.
- Erscheinungsjahr: 1938
- Veröffentlicht: Deutsches Reich
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Furcht und Elend des Dritten Reiches
- Genre: 24 Szenen
In dem Werk »Furcht und Elend des Dritten Reiches«, das am 21. Mai in einer stark gekürzten Sieben-Szenen-Fassung in Paris unter dem Titel »99%« uraufgeführt wird, schildert der 1933 aus dem Deutschen Reich emigrierte Bertold Brecht (* 1898, † 1956) eine Szenenfolge auf die Bühne, das Verhalten von Menschen unter der NS-Diktatur ohne eine fortlaufende Handlung. Die Aneinanderreihung charakteristischer Szenen soll keine dramatische Entwicklung darstellen, sondern einen Zustand: den Zwang, unter dem die Deutschen während des braunen Terrorregimes leben.
- Erscheinungsjahr: 1943
- Veröffentlicht: Deutsches Reich
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Leben des Galilei
- Genre: Schauspiel in 15 Bildern
Bertolt Brechts (* 1898, † 1956) Schauspiel »Leben des Galilei« wird am 9. September im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt. Zentrale Gestalt ist der italienische Mathematiker, Philosoph und Physiker Galileo Galilei, der 1633 vor einem Inquisitionsgericht als treuer Katholik seinem »Irrtum« abschwor, dass sich die Erde um die Sonne bewege. In der ersten, 1938/39 im dänischen Exil entstandenen Fassung des Stücks wird Galilei als Wissenschaftler geschildert, der zwar vor der Inquisition versagt, aber nach diesem Kompromiss weiterarbeitet, um auch unter einer Diktatur die Wahrheit zu finden und weiterzuverbreiten. – Nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroschima 1945 durch die USA verändert Brecht das Stück: Galileis Versagen vor der Inquisition wird uneingeschränkt verurteilt.
- Erscheinungsjahr: 1941
- Veröffentlicht: Deutsches Reich
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Mutter Courage und ihre Kinder
- Genre: Bühnenstück in zwölf Bildern
Das im Untertitel als »Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg« bezeichnete Bühnenstück »Mutter Courage und ihre Kinder« des im Exil lebenden Bertolt Brecht (* 1898, † 1956) wird am 19. April 1941 im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt. Das Stück erzählt die Geschichte der Marketenderin Anna Fierling, genannt Mutter Courage, die versucht, ihre beiden Söhne und ihre stumme Tochter durchzubringen und gleichzeitig am Krieg ihren »Schnitt zu machen«. Sie verliert dabei ihre Kinder und ihre ganze Habe, zieht aber keine Lehre aus ihrem Verhalten. Bertolt Brecht lässt Mutter Courage aus ihren Verlusten nichts lernen, damit der Zuschauer um so deutlicher sieht, dass die »kleinen Leute« aus den Raubkriegen ihrer Herren nur als Verlierer hervorgehen.
- Erscheinungsjahr: 1948
- Veröffentlicht: Deutschland
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Herr Puntila und sein Knecht Matti
- Genre: Volksstück in zwölf Bildern
Bertolt Brecht (* 1898, † 1956), bedeutender sozialistischer Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts, gestaltet in dem 1940 im finnischen Exil entstandenen Volksstück »Herr Puntila und sein Knecht Matti«, das am 5. Juni im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt wird, das Problem, dass der Mensch in der kapitalistischen Gesellschaft in einer Bewusstseinsspaltung leben, seine gute Natur verleugnen muss. Das Werk entstand unter Mitarbeit von Margarete Steffin nach einem Entwurf der finnischen Dichterin Hella Wuolijoki. Der finnische Gutsbesitzer Puntila entdeckt nur im Rausch seine »menschliche Seite«, ist im Suff »fast ein Mensch«. Wenn er wieder nüchtern ist, so ist er wieder der alte Ausbeuter. Nur in der Trunkenheit zeigt er sich menschlich und verständnisvoll. Brecht will das Werk nicht als Tendenzstück verstanden wissen; die kritische Distanz des Zuschauers soll erhalten bleiben. Entscheidend sei »die Ausformung des Klassenantagonismus zwischen Puntila und Matti. Die Rolle des Matti muss so besetzt werden, dass eine echte Balance zustande kommt, d. h. dass die geistige Überlegenheit bei ihm liegt«. Matti verlässt seinen Herrn, als dieser dem Alkohol abschwört, in der Überzeugung, dass Knechte nur dann ein erträgliches Leben führen können, »wenn sie erst ihre eigenen Herren sind«.
- Erscheinungsjahr: 1943
- Veröffentlicht: Deutsches Reich
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Der gute Mensch von Sezuan
- Genre: Ein Parabelstück
Bertolt Brechts (* 1898, † 1956) Parabelstück »Der gute Mensch von Sezuan«, unter der Mitarbeit von Ruth Berlau und Margarete Steffin 1930 bis 1942 entstanden, wird am 4. Februar im Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt. Es handelt von der Unmöglichkeit, unter den unmenschlichen Verhältnissen des Kapitalismus menschlich zu sein, aber auch davon, dass die natürliche Güte einfacher Menschen selbst unter unmenschlichen Verhältnissen erhalten bleibt. Drei der höchsten Götter steigen auf die Erde herab, um einen guten Menschen zu finden. Für eine Nacht kommen sie bei der Prostituierten Shen Te unter, die dadurch einen Kunden verliert und den Göttern begreiflich zu machen versucht, dass sie kein guter Mensch sei und die Gebote nicht halten könne, da alles so teuer sei. Damit ihr die Gottesfurcht leichter werde, geben die Götter ihr etwas Geld, von dem sich Shen Te einen Tabakladen kauft. Als sie merkt, dass sie durch ihre Mildtätigkeit nur ihren eigenen Ruin herbeiführt, führt sie eine Doppelexistenz als Shen Te, »der gute Mensch von Sezuan«, und als der kaltblütige, geschäftstüchtige Vetter Shui Ta. Als die Götter über Shui Ta zu Gericht sitzen, gibt dieser sich als Shen Te zu erkennen: »Gut sein zu andern / Und zu mir konnte ich nicht zugleich.« Die Götter sind bestürzt, können aber nicht zugeben, dass ihre Gebote falsch sind. Sie preisen den »guten Menschen von Sezuan« und kehren in den Himmel zurück, ohne die Hilferufe Shen Tes zu beachten.
- Erscheinungsjahr: 1948
- Veröffentlicht: Deutschland
- Verfasser:
- Deutscher Titel: Der kaukasische Kreidekreis
- Genre: Stück in einem Vorspiel und fünf Akten
Das wegen seines politischen Gehalts von Anfang an heftig umstrittene Stück »Der kaukasische Kreidekreis«, das am 4. Mai im Carlston College in Northfield im US-Bundesstaat Minnesota in englischer Sprache uraufgeführt wird, ist ein Schulbeispiel für die Verfremdungstechnik und das epische Theater Bertolt Brechts (* 1898, † 1956), des bedeutendsten deutschen sozialistischen Dramatikers und Lyrikers des 20. Jahrhunderts. Das 1944/45 entstandene letzte Exildrama Brechts ist eine Parabel nach einer altchinesischen Geschichte, die demonstrieren will, dass die Welt denen gehören soll, die sie bewohnbar machen. In dem altchinesischen Singspiel vom Kreidekreis entscheidet ein Richter den Streit zweier Frauen um ein Kind dadurch, dass er dieses in einen Kreidekreis zwischen die Frauen stellt und es derjenigen zusprechen will, die es auf ihre Seite ziehen kann. Er erkennt die Mutter jedoch in der Frau, die diesen Kampf verliert, weil sie dem Kind nicht wehtun will. Brecht kehrt das Verhältnis um: Nicht die leibliche Mutter erhält das Kind, sondern das Mädchen Grusche, das die Verantwortung und Sorge übernommen hat; die Mutterschaft wird sozial bestimmt, nicht biologisch. – Parallel zur Grusche-Handlung entwickelt Brecht in der Azdak-Handlung den Werdegang eines revolutionären Volksrichters. Die Geschichte vom kaukasischen Kreidekreis ist eingebettet in eine Rahmenhandlung: Zwei Kolchosen streiten um den Besitz eines Tals, das derjenigen zugesprochen wird, die es bewässert hat. Der auch die Szenenfolgen kommentierende »Sänger« beschließt das Stück: »Die Kinder den Mütterlichen, damit sie gedeihen / Die Wagen den guten Fahrern, damit gut gefahren wird / Und das Tal den Bewässerern, damit es Frucht bringt.« Die erste Aufführung dieses Werkes in Deutschland erfolgt am 9. November 1954 im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin (Ost) unter der Regie des Autors.
- Einleitung
- Frühe Dramen
- Exil und Stücke gegen den Faschismus
- Brechts episches Theater
- Brecht als Lyriker
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