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An Bord eines Forschungseisbrechers
Das Nordpolarmeer, auch Arktischer Ozean genannt, ist ein Ort der Extreme. Klirrend kalte Temperaturen, gefährliche Raubtiere und mehrere Monate Finsternis pro Jahr machen es Forschenden hier oben nicht gerade leicht, an Daten zu kommen. Doch die sind enorm wichtig, denn die Arktis erwärmt sich stärker als jede andere Region der Welt und muss daher genau überwacht werden.
Ein Forschungsschiff der Superlative
Im Juli 2022 haben sich zwei Düsseldorfer Wissenschaftler den Herausforderungen dieses unwirtlichen Lebensraums gestellt und sind für zwei Monate an Bord der „Polarstern“ mitgefahren, dem ikonischen Forschungseisbrecher des Alfred-Wegener-Instituts. Ellen Oldenburg und Ovidiu Popa arbeiten am Institut für Quantitative und Theoretische Biologie der Heinrich-Heine-Universität (HHU) und wollten im Wasser und Eis des Nordpolarmeeres arktische Mikroorganismen untersuchen.
Damit waren sie an Bord der Polarstern in guter Gesellschaft, denn neben 44 Crewmitgliedern finden dort auch 55 Wissenschaftler und Techniker unterschiedlichster Fachrichtungen Platz. Das Schiff ist mit neun wissenschaftlichen Laboren ausgestattet, in denen internationale Forschende unter anderem an biologischen, geologischen, chemischen, ozeanografischen und meteorologischen Fragestellungen arbeiten können.
Und das schon seit mehreren Jahrzehnten, denn die 118 Meter lange Polarstern ist bereits seit 1982 im Dienst. Den Großteil des Jahres befährt sie die Weltmeere – sowohl für eigene Forschungsexpeditionen als auch zur Versorgung der deutschen Arktis- und Antarktisstationen.
Eisschollen in der ewigen Mittagssonne
Als Oldenburg und Popa vergangenes Jahr mit der Polarstern ins Nordpolarmeer reisten, herrschte dort gerade Polartag. Die Sonne ging also über Monate hinweg nicht unter. „Es ist den ganzen Tag hell, strahlender Sonnenschein“, berichtet Oldenburg. „Egal ob drei Uhr nachts oder zwölf Uhr mittags: Es sieht immer gleich aus. Man muss sich wirklich selbst daran erinnern, wann man schlafen gehen muss und wann Aufstehenszeit ist. Übermüdet macht man schließlich nur Fehler und wir müssen die Proben ja vernünftig nehmen.“
Wann die nächste Probenentnahme anstand, wussten die beiden Biologen meist erst einen halben bis ganzen Tag im Voraus. Denn so hoch im Norden richtet sich der Schiffsalltag stark nach den Wetterbedingungen, erklärt Oldenburg. Bei gutem Wetter und ruhiger See konnten sie und ihr Kollege auch die nahegelegenen Eisschollen betreten und dort Wasser- und Eisproben nehmen. Das war körperlich allerdings sehr anstrengend: vom Bohren der Löcher im Eis über das Hantieren mit schweren Messgeräten bis hin zum Schleppen des gesammelten Wassers zurück zum Schiff.
Eisbär-Alarm!
Doch die Außenarbeiten waren nicht nur anstrengend, sondern auch gefährlich. Vor allem mussten die Forschenden sich dabei vor umherstreifenden Eisbären in Acht nehmen. Die Raubtiere werden nicht nur wegen ihrer schieren Größe zur Gefahr, sondern auch wegen ihres Appetits, denn durch den Klimawandel finden sie immer weniger zu fressen. Da kommt ihnen ein wehrloser Forscher durchaus gelegen. Um Oldenburg, Popa und den Rest der Besatzung vor Eisbären zu schützen, gab es spezielle Wachposten. Wurde ein Bär in der Nähe gesichtet, ertönte das Schiffshorn und alle mussten sofort zurück zum Schiff kehren. Danach wurde versucht, den ungebetenen Gast mit lauten Geräuschen und Leuchtraketen wieder zu verjagen.
Doch die Tierwelt war den Düsseldorfer Biologen nicht immer so feindselig gesonnen. Hin und wieder trafen sie auch mal auf knuffige Robben, die sich vergnügt im Eis wälzten.
Zwischen Labor und Spielbrett
Am ruhigsten verliefen Tage, an denen Oldenburg und Popa im Schiffslabor zugange waren. Unter anderem siebten sie die gesammelten Mikroorganismen in verschiedene Größenklassen und froren die so getrennten Proben dann für den Weitertransport nach Deutschland ein.
Abseits der Arbeit im Labor und auf den Eisschollen genossen die beiden Biologen außerdem das Leben an Bord zusammen mit dem Rest der Besatzung. „Wir hatten natürlich auch Freizeit, in der wir uns mit der Mannschaft unterhalten oder auch mal Spiele spielen konnten. Es gab auch einen Freizeitbereich auf dem Schiff“, erzählt Popa. Er und seine Kollegin sind nun seit rund einem Jahr wieder zurück in Deutschland, würden aber jederzeit wieder zu einer Expedition auf der Polarstern aufbrechen.