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50 Jahre Washingtoner Artenschutzabkommen

Wir befinden uns aktuell im sechsten großen Massenaussterben der Erdgeschichte. Klimawandel und menschliche Einflüsse führen dazu, dass jeden Tag Dutzende Arten für immer verschwinden. Als effektivste Waffe dagegen gilt bislang das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), das am 3. März 1973 beschlossen wurde und daher heute seinen 50. Geburtstag feiert. Doch auch dieses ist nicht frei von Kritik. Was können wir beim Artenschutz besser machen?
AMA, 03.03.2023
Symbolbild Artenschutz

gremlin, GettyImages

Das Washingtoner Artenschutzabkommen, auf Englisch kurz CITES genannt, besteht seit dem 3. März 1973 und wurde seitdem von 184 Staaten unterzeichnet. Die Länder verpflichten sich, bedrohte Tiere und Pflanzen vor der Ausrottung zu bewahren. Inzwischen sind in diesem  Abkommen circa 33.000 Pflanzen- und rund 6.000 Tierarten erfasst. Der Handel mit ihnen ist entweder komplett verboten oder nur unter strengen Bedingungen erlaubt. Alle drei Jahre treffen sich die Vertragsstaaten, Naturschützer und Handelsvertreter, um die Zusammensetzung dieser Liste zu aktualisieren.

Wie schützt das Abkommen bedrohte Arten?

Innerhalb des Washingtoner Abkommens gibt es drei verschiedene Schutzkategorien. Tiere und Pflanzen der ersten Kategorie, auch „Anhang I“ genannt, dürfen international nicht gehandelt werden. Der Begriff „Handel“ ist hier im Sinne von Exporten und Importen zwischen verschiedenen Ländern zu verstehen. Der Handel innerhalb eines Staates ist jedoch von dem Abkommen nicht abgedeckt. In Anhang I werden vom Aussterben bedrohte Arten wie Menschenaffen, Großwale, Tiger, Asiatische Elefanten und Graupapageien geführt.

Die meisten Arten sind allerdings in Anhang II gelistet. Sie sind noch nicht vom Aussterben bedroht, aber potenziell durch den Handel gefährdet. Ein Platz in Anhang II bedeutet, dass zwar mit einer Art gehandelt werden kann, dieser Handel den Fortbestand der Art aber nicht beeinträchtigen darf. Das gilt zum Beispiel für Landschildkröten, Krokodile, Rosenhölzer und Haie. Anhang III enthält Arten, die lediglich in einem bestimmten Land vom Handel ausgeschlossen sind. Dazu gehören etwa Zibetkatzen aus Indien, Ameisenbären aus Guatemala oder Höckerschildkröten aus den USA.

Wie wirksam ist das Abkommen?

„Mit seiner nahezu weltweiten Gültigkeit, verbindlichen Entscheidungen und Sanktionsmöglichkeiten ist CITES trotz seiner 50 Jahre das schärfste Schwert, das wir im internationalen Artenschutz haben“, erklärt Sandra Altherr von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife. „Afrikanische Elefanten, Ozelote, Buckelwale oder Hellrote Aras wären heute vermutlich ausgerottet, wenn CITES nicht die Reißlinie gezogen hätte. Handelsverbote für Elfenbein und Walfleisch aus den 1980er Jahren, aber auch die jüngste Unterschutzstellung von 60 Hai- und 37-Rochenarten 2022 sind historische Meilensteine.“

Gerade in den Anfangsjahren seien direkt ganze Tiergruppen wie alle Wale, Affen, Papageien, Kakteen oder Orchideen in die Anhänge I und II aufgenommen worden, was einen schnellen und wirksamen Schutz ermöglichte.

In Deutschland sind das Bundesamt für Naturschutz und die Bundesländer für die Umsetzung der CITES-Regelungen zuständig. Das beinhaltet zum Beispiel Zollkontrollen, aber auch das Ausstellen von Genehmigungen und die Verhängung von Strafen, falls gegen das Abkommen verstoßen werden sollte. Im Jahr 2021 gab es hierzulande fast 1.200 Verfahren, in denen es um illegal eingeführte Tiere und Pflanzen ging. Unter anderem wurde für die illegale Einfuhr von 500 lebenden Medizinischen Blutegeln eine Strafe in Höhe von 3.000 Euro verhängt.

Buckewale
Das der Buckelwal heute nicht mehr als gefährdete Art gilt, zählt zu den großen Erfolgen Washingtoner Artenschutzabkommens.

© Marie-Elizabeth Mali, GettyImages

Warum steht das Abkommen in der Kritik?

Obwohl sich das Washingtoner Artenschutzabkommen durchaus bewährt hat, ist es längt nicht perfekt. Pro Wildlife kritisiert zum Beispiel, dass in den Anhängen des Abkommens noch einige Tiere und Pflanzen fehlen – darunter sogar solche, die bereits auf der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten stehen. Das liegt auch daran, dass die CITES-Konferenzen nur alle drei Jahre stattfinden und nur dann die Zusammensetzung der Anhänge neu ausgelotet werden kann. Nach Ansicht der Naturschutzorganisation ist dies zu langsam, um mit dem aktuellen Artensterben mitzuhalten.

Außerdem kommt es bei den CITES-Konferenzen häufig zu Interessenskonflikten zwischen Naturschützern und Handelsvertretern wie Elfenbeinhändlern oder der Tropenholz-Industrie. Zu den heftig umkämpften Dauerthemen zählt demnach der Schutzstatus von Elefanten, Nashörnern, Haien, Raubkatzen und Tropenhölzern. Pro Wildlife befürchtet, dass diese wirtschaftlichen Interessen in manchen Fällen tatsächlich bestehende Verbote aufweichen könnten.

Was können wir beim Artenschutz besser machen?

Um diese Probleme zu beheben, sollte CITES nach Ansicht von Pro Wildlife das Tempo anziehen, um mit der tatsächlichen Geschwindigkeit des Artensterbens mitzuhalten. „Schutzinitiativen werden häufig viel zu spät getroffen; wo Daten fehlen, scheitern sie ganz. Wir brauchen deshalb dringend eine Umkehr der Beweislast: Der Biodiversitätsschutz muss Vorrang vor der kommerziellen Ausbeutung haben. Naturentnahmen sollten nur dann erlaubt sein, wenn sie nachweislich ökologisch unbedenklich sind“, sagt Altherr. Sie findet: Angesichts der aktuellen Biodiversitätskrise müssten ökologische Interessen heute mehr denn je über ökonomischen Motiven stehen.

Das Washingtoner Artenschutzabkommen erfüllt also weiterhin seinen Zweck, müsste aber in einigen Punkten noch besser auf das Tempo der aktuellen Aussterberate und die Brisanz der fortschreitenden Krise zugeschnitten werden.

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