Lexikon

Mali

Unabhängigkeit und Ringen um Stabilität

Nach dem Auseinanderbrechen der Föderation wurde Französisch-Sudan 1960 als Republik Mali unabhängig. Präsident Modibo Keita schlug einen sozialistischen Kurs ein. Nach einem Staatsstreich übernahm 1968 Moussa Traoré die Macht und regierte diktatorisch. Ende der 1980er Jahre wuchs der innenpolitische Widerstand gegen sein Regime. 1991 stürzte ihn das Militär. Erster demokratisch gewählter Staatspräsident Malis wurde 1992 Alpha Oumar Konaré (ADEMA-PASJ). Er konnte die Anfang der 1990er-Jahre ausgebrochene Tuareg-Rebellion im Norden des Landes unter Vermittlung Algeriens und europäischer Staaten zunächst beilegen. Die Präsidentschaftswahlen 2002 gewann der parteilose Politiker Amadou Toumani Touré, der bereits nach dem Putsch von 1991 das Amt des Staatschefs ausgeübt hatte. Er wurde 2007 von der Bevölkerung im Amt bestätigt. 2006 schlossen Vertreter der Tuareg und der malischen Regierung ein Abkommen, in dem die Tuareg auf Autonomie verzichteten und gleichzeitig die Entwicklung der Nordregion des Landes zugesichert wurde. Trotzdem kam es 2007/08 zu neuerlichen Auseinandersetzungen. Zum sicherheitspolitischen Problem erwuchsen außerdem Aktivitäten der Terrororganisation »al-Qaida im islamischen Maghreb« (AQMI). Im Januar 2012 brachen im Norden des Landes erneut Kämpfe zwischen Tuareg-Rebellen (Mouvement national pour la libération de lAzwad, MNLA), darunter auch ehemalige Söldner des libyschen Diktators Ghadafis, und der malischen Armee aus. Die blutigen Auseinandersetzungen veranlassten Zehntausende von Zivilisten zur Flucht in die Nachbarländer. Vor diesem Hintergrund übernahm nach einem Putsch am 22. 3. 2012 ein Militärrat unter Führung von Oberst Amadou Sanogo die Macht im Lande und setzte die verfassungsmäßige Ordnung außer Kraft. Nach Sanktionen schloss der Militärrat am 6. 4. 2012 ein Abkommen mit der ECOWAS über eine Machtübergabe. Daraufhin erklärte der gestürzte Präsident Touré am 8. 4. 2012 seinen Rücktritt. Die Putschisten erhielten eine Amnestiezusage, der bisherige Parlamentspräsident Dioncounda Traoré (* 1942) übernahm die Funktion eines Übergangspräsidenten. Inzwischen hatten die Tuareg-Rebellen im Verbund mit den militanten Islamisten weite Teile des Landes unter Kontrolle gebracht und am 6. 4. 2012 den unabhängigen Staat Azawad ausgerufen.
Die latenten Spannungen zwischen Anhängern der Putschisten und der Übergangsregierung eskalierten im Mai 2012 in einem tätlichen Angriff auf Präsident Traoré, der bis Juli 2012 in Frankreich medizinisch behandelt wurde. In Azawad verlor die MNLA gegenüber den islamistischen Gruppierungen (neben AQIM die AQIM-Abspaltung Mouvement Unicité et Jihad en Afrique de l'Ouest [MUJAO] sowie die salafistische Organisation Ansar Dine [»Verteidiger des Glaubens«]) immer mehr an Einfluss. Die Islamisten übernahmen die Kontrolle über wichtige Städte wie Timbuktu, Gao und Kidal und setzten dort islamisches Recht (Scharia) durch. In Timbuktu zerstörten oder beschädigten sie wertvolle Kulturgüter (u. a. zum Weltkulturerbe zählende Grabstätten). In der internationalen Gemeinschaft wuchsen die Befürchtungen über eine Entwicklung Malis zum dauerhaften Rückzugsgebiet für militante Islamisten. Der UN-Sicherheitsrat billigte daher am 20. 12. 2012 eine Militärmission für Mali (African-led International Support Mission to Mali, AFISMA) unter Führung der ECOWAS. Das Vordringen der Islamisten nach Süden führte schließlich am 11. 1. 2013 zur militärischen Intervention Frankreichs (Operation Serval). Die französischen Einheiten rückten schnell in den Norden vor und konnten bis Ende Januar die Kontrolle über Timbuktu, Gao und Kidal zurückgewinnen.
  1. Einleitung
  2. Natur und Klima
  3. Bevölkerung
  4. Staat und Politik
  5. Wirtschaft und Verkehr
  6. Geschichte
    1. Frühe Großreiche und französische Kolonie
    2. Unabhängigkeit und Ringen um Stabilität

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