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Lufttaxis und E-Flugzeuge - die Luftfahrt wird elektrisch
Das Fliegen ist schnell und bequem, aber auch ziemlich umwelt- und klimaschädlich. Denn der Flugzeug-Treibstoff Kerosin setzt bei seiner Verbrennung große Mengen CO2, Stickoxide, Feinstaub und andere Schadstoffe aus. Weil Flugzeuge ihre Abgase und Kondensstreifen zudem hoch in der Atmosphäre hinterlassen, ist deren Klimawirkung bis zu fünfmal stärker als bei Emissionsquellen am Boden.
Angesichts von Klimawandel und Luftverschmutzung ist damit klar: Auch im Luftverkehr muss sich etwas tun. Eine Option wäre die Optimierung bestehender Technologien, beispielsweise durch effizientere Triebwerke oder aerodynamisch günstige Beschichtungen der Flugzeuge. Auch die Beimischung von Biokraftstoff zum Kerosin könnte die Emissionen deutlich senken.
Aber es geht auch noch radikaler: Durch den Umstieg auf alternative Antriebe wie Elektro- oder Hybridmotoren.
Bemannte Drohnen als Lufttaxis
Eine Variante der neuer Elektroflieger ist von den allseits beliebten Freizeit-Drohnen abgeschaut: Multicopter. Diese Flugvehikel werden von mehreren Rotoren in der Luft gehalten und sind besonders stabil und leicht steuerbar. Sogar autonome Varianten gibt es dabei schon. Genau diese Eigenschaften sollen künftig auch Lufttaxis zugutekommen. Eine ganze Reihe von Unternehmen und Startups haben bereits Multicopter entwickelt, die groß und leistungsfähig genug sind, um zwischen einer und vier Personen in die Luft zu bringen.
Ein Beispiel ist der Volocopter. Er bekam 2016 als weltweit erster Multicopter die Zulassung für bemannte Flüge und hob noch im gleichen Jahr mit einem ersten Testpassagier ab. 2017 absolvierte der Volocopter seinen ersten autonomen Flug in Dubai City – dort sollen die von 18 Rotoren angetriebenen Flugtaxis schon in naher Zu
kunft Passagiere auf festen Pendelrouten durch die Stadt bringen. In Deutschland wollen sowohl der Flughafen Frankfurt als auch der ADAC demnächst Volocopter testen.
Senkrechtstarter und CityAirbus
Aber auch die großen Luftfahrt-Unternehmen haben inzwischen das Lufttaxi als lukrative Marktnische für sich entdeckt. Boeing hat mit dem Passenger Air Vehicle (PAV) einen Elektroflieger entwickelt, der dank seiner schwenkbaren Rotoren senkrecht starten kann, dann aber auf Tragflächen fliegt wie ein normales Propeller-Flugzeug. Mit einer Reichweite von rund 80 Kilometern kann der PAV seine beiden Passagiere dadurch deutlich weiter transportieren als der Volocopter.
Konkurrent Airbus hat ebenfalls bereits mehrere Lufttaxis in petto: Anfang 2018 absolvierte der elektrische Senkrechtstarter Vahana seinen Erstflug, der wie der PAV acht schwenkbare Propeller plus Tragflächen besitzt. Eher einem klassischen Quadrocopter ähnelt dagegen der CityAirbus, den der Airbus-Konzern gemeinsam mit Siemens entwickelt hat. Das Flugtaxi soll vier Passagiere und insgesamt gut zwei Tonnen Gewicht tragen können. Nach Angaben der Hersteller könnte der CityAirbus künftig im Pendelflug beispielweise zwischen Flughäfen und Innenstädten eingesetzt werden. Noch allerdings ist dieses Shuttle nicht geflogen.
Hybridantriebe für den Regionalverkehr
Die Flugzeugbauer suchen aber auch nach Elektrolösungen für größere Maschinen. Weil Leistung und Reichweite der Elektromotoren bisher noch nicht ausreichen, setzen die Unternehmen hier vor allem auf Hybridantriebe. „In unseren Augen ist der hybrid-elektrische Antrieb eine überzeugende Technologie für die Zukunft der Luftfahrt“, betont Paul Eremenko von Airbus. Der große Vorteil: Die Kombination von konventionellem Jetantrieb und Elektromotoren verleiht den Flugzeugen eine größere Reichweite. Gleichzeitig sparen die zuschaltbare Elektromotoren Sprit und senken die Emissionen so beträchtlich.
Airbus, Rolls-Royce und Siemens wollen im ersten Schritt eine BAe146-Verkehrsmaschine mit rund 100 Sitzen auf Hybrid umrüsten. Bei diesem E-Fan X soll zunächst eine der vier Gasstrahlturbinen durch einen zwei Megawatt starken Elektromotor ersetzt werden. „Es wäre das erste Mal, das ein so leistungsstarker E-Motor ein Flugzeug mit antreibt“, sagt Frank Anton von Siemens eAircraft. Den Strom für den Elektroantrieb liefern beim E-Fan X vor allem die restlichen Triebwerke: Sie treiben im Reiseflug einen Generator an, der den Strom für die Elektroturbine erzeugt, aber auch die Akkus lädt.
Airbus-Konkurrent Boeing will gemeinsam mit dem US-Startup Zunum Aero im Jahr 2023 eine erste Regionalmaschine mit Elektro-Hybridantrieb in die Luft bringen. Im Gegensatz zum E-Fan X laufen die beiden Turbinen dieses Flugzeugs jedoch schon komplett mit Elektromotoren. Bei Start, Landung und kurzen Flügen erhalten sie ihre Energie aus Batterien, auf längeren Strecken läuft zusätzlich eine Gasturbine und treibt Generatoren von einem bis fünf Megawatt Leistung an. Die Zunum-Flugzeuge sollen eine Reichweite von mehr als 1.100 Kilometern und eine maximale Reisegeschwindigkeit von 340 Kilometern pro Stunde erreichen - sie wären damit durchaus konkurrenzfähig zu konventionellen Maschinen.
Damit scheint klar: Nachdem Elektroantriebe lange als zu leistungsschwach für die Lüfte galten, holt die E-Technik allmählich auf. Selbst die großen Flugzeugbauer haben offenbar erkannt, dass der Trend weggeht vom Kerosin und hin zu umweltfreundlicheren Alternativen. Dem Luftverkehr könnte damit eine echte Revolution bevorstehen.