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Die Bahn - Kommt sie oder nicht? (Podcast 55)

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Man muss nicht besonders lange auf der Welt sein, um sich noch an sie zu erinnern, und bis heute ist ihr Kürzel in aller Munde: DB – Deutsche Bundesbahn. Am 7. September 1949 gegründet, transportierte sie bis zu ihrer Überführung am 1. Januar 1994 in die Deutsche Bahn AG viele Millionen Passagiere und Massengüter. Kaum vorstellbar, was die junge Bundesrepublik ohne sie gemacht hätte! Und bis heute ist die Bahn aus dem öffentlichen Leben nicht wegzudenken. Wissen.de wirft daher heute einen Blick auf die Geschichte des Unternehmens: „Vom Adler zum ICE“

 

Die Anfänge

Die Anfänge des Schienenverkehrs reichen bis in das 18. Jahrhundert zurück. Damals waren es vor allem Berg- und Grubenbahnen, mit denen Gestein abtransportiert werden konnte; dabei dienten Pferde als Antrieb. In England wurde 1825 die erste öffentliche Bahn für den Personenverkehr eingeweiht, nachdem man in den Jahrzehnten zuvor passende Dampflokomotiven entwickelt hatte. Kurz darauf nahmen auch in Deutschland erste Bahnen den Betrieb auf, die aber anfangs zumeist lediglich Kohle transportierten. Erst nach und nach machte sich der Gedanke breit, Passagiere mitzunehmen, wobei ernsthafte Diskussionen über die Einwirkung von 25 Stundenkilometern auf den menschlichen Körper geführt wurden – nicht wenige hielten das Vorhaben schlicht für nicht durchführbar und eine entsprechende Fahrt für lebensgefährlich. Doch die Praxis widerlegte alle Zweifler. Die offiziell anerkannte erste deutsche Eisenbahnlinie ist die Bayrische Ludwigsbahn, die am 7. Dezember 1835 mit der berühmt gewordenen Dampflokomotive „Adler“ ihre erste Fahrt machte. Die Strecke wurde immerhin bis 1922 betrieben. Nachfolgend gründete man viele weitere Landesbahnen, die jedoch oft nur über ein sehr beschränktes Streckennetz verfügten, womit überregionale Fahrten ausgeschlossen waren. Entsprechend bestand in der Einrichtung einer Staatsbahn das nächste Ziel.

 

Der lange Weg zur Staatsbahn (1871–1919)

Wichtigste Station auf dem Weg zu einem überregionalen Eisenbahnsystem war die 1871 vollzogene Reichsgründung. Damit existierte ein einheitlicher Nationalstaat, mit dem die Souveränität der einzelnen Länder überwunden wurde. Insbesondere der erste Reichskanzler Otto von Bismarck betrieb die Entwicklung einer Staatsbahn, wobei er sicher auch eine mögliche militärische Nutzung vor Augen hatte. Doch die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Bahnen, von denen sich die meisten noch in privater Hand befanden, erwies sich als schwieriges Unterfangen. Es ging schließlich auch um Profite, die eifersüchtig verteidigt wurden. Zwar bildeten sich nach und nach immer größere Streckennetze heraus, aber der Übertritt von einem Land zum nächsten war noch immer mit einem zeitraubenden Lokomotivwechsel verbunden. Teilweise waren nicht einmal die Gleisweiten kompatibel. Erst der Weltkrieg von 1914/18 machte auch dem letzten Zweifler klar, dass das bisherige Nebeneinander einem großen Miteinander weichen musste. Die Landesbahnen verschwanden, die einzelnen Schienenetze wurden miteinander verknüpft, und 1919 kam es zur Gründung der Deutschen Reichsbahn. 

 

Die Deutsche Reichsbahn (1919–1949)

Unterdessen hatte es auch im Eisenbahnwesen große technische Fortschritte gegeben. So konnten moderne Dampflokomotiven Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h erreichen. Auch dienten Stadtbahnen dazu, den Personenverkehr innerhalb der ständig wachsenden Metropolen zu sichern. Es war also eine Frage der Priorität, die erzielten Fortschritte nicht nur zu sichern, sondern auch auszubauen. Glücklicherweise wurde dieser Punkt durch die Verfassung von 1919 geregelt, die bestimmte, dass öffentlichen Zwecken dienende Bahnen in das Eigentum des Staats übernommen werden mussten. Durch einen Staatsvertrag wurden die Bahnen zum 1. April 1920 auf das Reich übertragen. Doch damit war noch keine ökonomische Unabhängigkeit gewonnen. Die Bahn schrieb nämlich rote Zahlen und konnte im Jahr 1923 nur ein Drittel ihrer Kosten selbst erwirtschaften. 1924 kam es daher zur Gründung der unabhängigen Deutschen Reichsbahn, die privatwirtschaftlich betrieben wurde. Allerdings kam es zu erheblichen finanziellen Belastungen durch die Weltwirtschaftskrise und die Reparationsleistungen, die das Deutsche Reich als Entschädigung zu zahlen hatte. Für letztere hatte die Reichsbahn nämlich noch geradezustehen.

Während der Diktatur der Nationalsozialsten kam es zu einschneidenden Änderungen. Die Reichsbahn wurde 1937 wieder direkt dem Reich unterstellt und in die Rüstungsanstrengungen involviert, die den 2. Weltkrieg vorbereiteten. Die Logistik der Bahn war nicht nur für die Angriffe auf die umliegenden Staaten von großer Wichtigkeit, sondern auch für die Transporte in die Vernichtungslager. Zudem erweiterte sich das Gebiet der Bahn durch die Annektionen der umliegenden Länder beständig. Nach dem Krieg zerfiel die Reichsbahn. Da die Staatsgrenzen neu bestimmt worden waren, fielen externe Teile dem entsprechenden Hoheitsgebiet zu. Zudem übernahmen die vier Besatzungsmächte den Betrieb, was zu einer entsprechenden Aufsplittung führte.

 

Die Deutsche Bundesbahn (1949–1994)

Die Bundesbahn wurde 1947 zunächst in dem als „Bizone“ bezeichneten Gebiet gegründet, das nach dem 2. Weltkrieg der US-amerikanischen und der britischen Besatzungsmacht unterstellt war. Erst 1952 kam auch die Bahn aus der französischen Zone hinzu, womit eine einheitliche Staatsbahn in der noch jungen Bundesrepublik installiert war. Bis weit in die 1960er Jahre hinein war sie das wichtigste Verkehrsmittel und blieb bis zum Schluss mit mehreren hunderttausend Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber. Auch bei der Bundesbahn machte sich der technische Fortschritt bemerkbar. 1960 wurden beinahe zeitgleich die 1.000 E-Lok und die 1.000 Diesellok eingeweiht, und 1977 erreichte das elektrifizierte Streckennetz einen Umfang von 10.000 Kilometern. Dieser Strukturwandel führte zur Entwicklung neuer Schnellzugarten wie dem Trans-Europa-Express und dem Intercity; auch die Planung des Intercity-Express (ICE) wurde noch von der Bundesbahn vorgenommen.

Doch es gab auch Schwierigkeiten. Das durch den Krieg zerstörte Streckennetz musste restauriert werden, wobei viele Nebenstrecken dem Rotstift geopfert wurden. Auch erwies sich der Siegeszug des Autos als unaufhaltsam, was Folgen nicht nur für den Passagierverkehr, sondern auch für den Transport von Gütern hatte. Am problematischsten war aber zweifellos, dass die Deutsche Bundesbahn chronisch defizitär blieb und über die Jahre Verpflichtungen in abenteuerlicher Höhe anhäufte – 1978 waren es 30 Mrd. DM, eine Verdreifachung gegenüber 1963. Allen Reformversuchen gegenüber zeigte sich der Staatsbetrieb zudem vollkommen unbeeindruckt. Nach der Wiedervereinigung musste also eine völlig neue Lösung geschaffen werden. Die DDR hatte nämlich auf ihrem Gebiet die Reichsbahn beibehalten, die nun integriert werden sollte. Nachdem zunächst beide Betriebe parallel existiert hatten, wurden sie nicht zuletzt aufgrund weiterer Milliardendefizite 1994 zu einer Aktiengesellschaft zusammengefasst, der Deutsche Bahn AG.

 

Seit 1994: Deutsche Bahn AG

Die Deutsche Bahn AG ist ein Konzern mit fünfhundert Tochterunternehmen und stellt nach der Deutschen Post AG das weltweit größte Transportunternehmen dar. Sie gehört zu 100% der Bundesrepublik und ist damit ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen. Die DB – das Kürzel ist geblieben – betreut täglich rund 37.000 Fahrten auf dem weltweit drittdichtesten Fahrnetz. Der Anteil öffentlicher Mittel liegt übrigens weiterhin bei 15 %. Aushängeschild der Bahn ist der ICE, allerdings spielen auch Themen wie Bahnprivatisierung, Datenaffäre und der nicht immer glückliche Umgang mit Kundenbelangen in der öffentlichen Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Immerhin kann aber angemerkt werden, dass die Deutsche Bahn in der Perspektive ausländischer Reiseführer noch immer als außerordentlich effektiv angesehen wird – auch wenn hiesige Benutzer dies vielleicht anders formulieren würden. Doch damit ist eins weiterhin gewiss – sie kommt, die Bahn.

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