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Fünf Ringe in der Verbotenen Stadt (Podcast 1)

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"Eine Welt, ein Traum" lautet das Motto der 29. Olympischen Sommerspiele, das im Sommer 2005 vom Organisationskomitee bekannt gegeben wurde. Fröhlich feiernd präsentiert das Logo der Spiele ein "tanzendes Beijing", welches stolz die Form der alten chinesischen Siegelschrift zitiert. Vom Schriftzeichen für "jing", "Hauptstadt", abgeleitet, ist ein Tänzer zu erkennen, der als Symbol des dynamischen und friedlich feiernden Beijing interpretiert werden soll.


Das Motto

Der traditionelle olympische Fackellauf findet unter dem Leitsatz »Reise der Harmonie« statt. Über eine Distanz von 137 000 Kilometern, die durch alle Kontinente außer der Antarktis führen, soll es der längste Fackellauf der olympischen Geschichte werden. Bei der Planung der Route hat sich China von der Seidenstraße inspirieren lassen, jener Handelsroute, die einst Ost und West miteinander verband. Dabei scheuten die Verantwortlichen auch nicht davor zurück, eine 19,7 Millionen US-Dollar teure Straße zum Basislager am Mount Everest in Tibet zu bauen, um das Olympische Feuer auf den höchsten Berg der Welt zu tragen, was zu einer herben Kritik von Seiten der Umweltschützer führte. Die Form der Fackel ist einer alten chinesischen Schriftrolle nachempfunden und wird von einem antiken, Glück bringenden Wolkenmotiv geziert. Der Fackellauf soll mit der Entzündung des Olympischen Feuers am 28. Mai 2008 im griechischen Olympia beginnen und nach 130 Tagen im Nationalstadion in Beijing enden.


Die Symbole der Spiele

Fuwa, »Kinder des Glücks« oder auch die »Freundlichen Fünf« genannt, sind die offiziellen fünf Maskottchen der Olympischen Spiele 2008. Sie symbolisieren zum einen die fünf olympischen Ringe, zum anderen die fünf Elemente Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall, die tiefe Wurzeln im traditionellen chinesischen Denken haben. Ob als Plüschfiguren oder in Form von traditionellen Scherenschnitten laden die Maskottchen die Besucher herzlich nach Beijing ein. Typisch chinesisch bilden ihre Namen zusammen in der Art eines Wortspiels den Willkommensgruß. Das erste Maskottchen steht für einen Fisch (Beibei), das zweite zeigt den Großen Panda (Jingjing), das dritte die olympische Fackel (Huanhuan), das vierte eine Tibetantilope (Yingying) und das fünfte eine Schwalbe (Nini). Die Namen der Maskottchen klingen wie Kosenamen für kleine Kinder, setzt man sie jedoch einzeln hintereinander, so ergibt sich »Beijing huanying ni«, was »Beijing heißt Dich willkommen« bedeutet. Die Symbolik der Maskottchen ist vielschichtig. Jedes Maskottchen kann für sich allein stehen. So gelten Fische in China seit dem Altertum als Glücksbringer, da sie für Reichtum und Fruchtbarkeit stehen. Der Große Panda ist Symbolfigur eines friedlichen und umweltbewussten China und sicher einer der größten Sympathieträger bei Groß und Klein. Die Fackel hat ihren Bezug direkt zu den Olympischen Spielen und ist darüber hinaus ein Lichtbringer. Die Tibetantilope gehört zu den bedrohten Tierarten. Mit der Aufnahme dieses Maskottchens haben die Verantwortlichen der Olympischen Spiele gleichzeitig ein Symbol für den Schutz der Umwelt gefunden und den Anspruch Chinas auf Tibet verdeutlicht. Die Schwalbe soll ein gutes Schicksal bewirken. Die Olympiamedaillen für die Spiele 2008 sind in Anlehnung an die antiken Bi-Scheiben geformt und besitzen eine Aufhängung in der Gestalt zweier Drachen, die in China als mächtige Glücksbringer gelten. Auch das Datum für den Beginn der Spiele, der 8.8.2008, ist voller Symbolkraft. Die Zahl Acht gilt als besondere Glückszahl und findet sich in vielen Zusammenhängen wieder. Die Verantwortlichen der Spiele verlassen sich jedoch nicht einfach auf die universelle Glückszahl. Sollten sich trotz der dreifachen Acht Regenwolken am Himmel zeigen, so ist der Einsatz von Hagelfliegern vorbereitet, die durch das Versprühen von Silberiodid-Kügelchen die Regenwolken auflösen und so für den blauen Himmel bei der Eröffnung der Spiele sorgen sollen.


Ein Vogelnest als Nationalstadion

Den Mittelpunkt der 29. Olympischen Sommerspiele bildet das neue, 91 000 Zuschauer fassende Nationalstadion, das wegen seiner einzigartigen Form auch »Vogelnest« genannt wird. Der Bau besticht durch seine ungewöhnliche Außengestaltung aus verwobenen Stahlträgern. Das Gebäude polarisiert die Betrachter. Was für den einen sichtbarer Ausdruck von Dynamik ist, wird ein anderer als Chaos empfinden, das von einer ungeheuren Kraft durchdrungen scheint. Vermutlich ist das »Vogelnest« damit näher an der chinesischen Wirklichkeit als manch andere neue imposante Sportstätte. Entworfen wurde das Nationalstadion von dem renommierten Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron in Kooperation mit dem chinesischen Konzeptkünstler Ai Weiwei (*1957). Der Sohn des berühmten Revolutionsdichters Ai Qing (1919–1996) hat den Ruf eines unbequemen Freidenkers. Geprägt durch das Familienschicksal der Verbannung während der Kulturevolution, verließ Ai Weiwei 1981 China, studierte und arbeitete in den USA und kehrte erst 1994 zurück, wo er rasch zur Gallionsfigur der chinesischen Avantgarde wurde. Ai Weiwei greift mit seinen modernen Arbeiten immer wieder bewusst traditionelle chinesische Elemente auf und steht daher mit seiner Kunst für eine Öffnung Chinas, ohne dabei die eigene Tradition zu verleugnen. Ai Weiwei mit Arbeiten am neuen Nationalstadion zu betrauen, ist Teil der gesamten Olympiastrategie Chinas. Es präsentiert sich selbst als ein modernes Land, das stolz auf seine Wurzeln ist und den Vergleich mit dem Westen in keinster Weise scheut. Sich dazu eines manchmal auch etwas unbequemen Geistes wie Ai Weiwei zu bedienen, soll zudem denjenigen Kritikern etwas Wind aus den Segeln nehmen, die der chinesischen Führung eine mangelnde Toleranz gegenüber Künstlern und anderen Intellektuellen vorwerfen. Neben der Konzeption stellte vor allem die Ausführung des ambitionierten Prestigeprojekts die Verantwortlichen vor große Herausforderungen. Anders als im Fall der Olympischen Spiele in Athen 2004, wo die Kosten explodierten und bis zur letzten Sekunde gebangt werden musste, ob denn überhaupt alle Sportstätten und sonstige Gebäude fertiggestellt werden, galt es den Beweis zu erbringen, dass China beim nationalen Projekt Olympia die Fäden fest in der Hand hält. Logistische, technische und politische Hürden galt es unter Hochdruck erfolgreich zu überwinden und sich so den Respekt der Welt zu sichern.


water cube

Während das neue Nationalstadion mit seiner runden Gestalt Aufsehen erregt, zeigt sich die olympische Schwimmhalle als streng gestalteter »Wasserwürfel«. Als Kreis und Quadrat bilden sie zusammen die Einheit von Himmel und Erde. Aus der Ferne durch die scharfen Kanten markant von der Umgebung abgehoben, erweckt die Außenfassade der Schwimmhalle mit ihren unregelmäßigen wabenartigen Elementen beim näheren Betrachten den dynamischen Eindruck einer bewegten Wasseroberfläche. Im Glitzern der Sonne scheinen sich Wellen an der blauen Fassade zu brechen und zu einem Bad im kühlen Nass einzuladen. Das »National Aquatics Centre« wurde von dem australischen Architekturbüro PTW entworfen. Die Außenhaut kann auch für Videoprojektionen genutzt werden. Wichtiger ist jedoch, dass die einfallenden Sonnenstrahlen zum Aufheizen der Becken und Innenräume genutzt werden. Neben dem Nationalstadion ist diese Sportstätte der zweite Hauptschauplatz der 29. Olympischen Sommerspiele. Mit fünf großen Schwimmbecken strebt der Bau danach, die größte Schwimmhalle der Welt zu sein, die inmitten eines großen Freizeitparks liegt. Eine weitere Besonderheit der Schwimmhalle ist ihre Finanzierung: Es ist die einzige olympische Wettkampfstätte, die ausschließlich über Spenden von Auslandschinesen und Bürgern aus Hongkong, Macao und Taiwan finanziert wurde. Die Verantwortlichen des Sportereignisses in Beijing hatten sich bei der Vergabe der Spiele zu den Prinzipien der Sicherheit, Qualität, Funktionalität und Einhaltung der Kosten- und Terminplanung bei den Bauten verpflichtet. Auch Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Kriterium. Viele Sportstätten sollen nach den Spielen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

 

Jörg Peter Urbach, wissen.de-Redaktion
 

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