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So nutzen wir unseren Urlaub am besten
Bei einer Fünf-Tage-Woche müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern in Deutschland mindestens 20 Urlaubstage und mindestens zehn Urlaubstage am Stück gewähren. Im europäischen Vergleich steht Finnland an der Spitze: Hier sind mindestens 30 Urlaubstage gesetzlich vorgeschrieben. In der Realität gewähren deutsche Arbeitgeber ihren Mitarbeitern jedoch mehr als 20 Tage Urlaub – der bundesweite Durchschnitt beträgt 28,3 Tage.
Wie lang ist der ideale Urlaub?
Doch beim Planen des Urlaubs gilt nicht unbedingt „je länger, desto besser“: „Zur effektiven Senkung des Stresslevels empfehlen sich mehrere kurze Urlaube pro Jahr. Dahinter steckt ein psychologisch wirksamer Mechanismus: die Antizipation“, erklärt Nikolai Egold von der Hochschule Fresenius. Mit mehreren kürzeren Auszeiten empfinden wir über das Jahr verteilt mehr Vorfreude auf die bevorstehende Erholungszeit. „Schon vor der Reise steigert sich das Wohlbefinden, weil sich Menschen mit ihrem Urlaub beschäftigen. Dieses Planen macht glücklich.“
Zu kurz sollte der Urlaub jedoch auch nicht ausfallen: In einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2012 erreichten Gesundheit und Wohlbefinden der Probanden nach acht Tagen ihren Höhepunkt. Den Urlaub, der uns zur Verfügung steht, sollten wir aber auf jeden Fall nutzen. Finnische Forschende haben über 40 Jahre die Gesundheit von 1.200 Managern mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – zum Beispiel durch Rauchen oder Übergewicht – untersucht. Das Ergebnis: Geschäftsmänner, die mehr Urlaub nahmen, hatten ein geringeres Risiko, früh zu sterben.
Wie bereiten wir uns auf der Arbeit am besten auf den Urlaub vor?
Jetzt steht der Urlaub kurz bevor: Genau jetzt muss nochmal viel erledigt werden – der Abteilungsleiter hat noch einen Fehler in den Unterlagen entdeckt, der dringend behoben werden muss, oder auf dem Bau verzögert sich die Lieferung eines wichtigen Teils. Solchen Stress sollten wir vor unserer Auszeit möglichst vermeiden. „Wenn wir bis zum Ende mit Hochdruck arbeiten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Urlaub krank werden“, erklärt Dirk Windemuth von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Wissenschaftler bezeichnen das Phänomen, bei dem Menschen genau dann krank werden, wenn sie frei haben, als „Leisure Sickness“ (dt.: Freizeitkrankheit). Grund dafür ist oft Stress: Sind wir gestresst, schüttet der Körper vermehrt Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Diese helfen zwar kurzfristig, mit Belastungen umzugehen, dämpfen aber gleichzeitig die Aktivität des Immunsystems. Kommen wir dann abrupt zur Ruhe – etwa zu Beginn des Urlaubs – reagiert das Immunsystem zeitlich verzögert auf die schlummernden Infekte. In der Folge können sich zuvor unterdrückte Symptome zeigen.
Darum rät der Psychologe Windemuth: „Es ist wichtig, dass ich die Übergabe an eine Vertretung frühzeitig plane und das auch nicht in Hektik mache. Wenn es planbar ist, sollte ich die Hochphase eines Projektes so legen, dass sie nicht gerade im Urlaub ist. Wichtig ist weiterhin eine klare Abwesenheitsnotiz: Wer vertritt mich und ganz klar aussagen, ich bin nicht erreichbar.“
Wie entspannen wir uns im Urlaub am effektivsten?
Wie wir uns in der arbeitsfreien Zeit am besten entspannen können, hängt auch von unserem Job ab. Grundsätzlich sollten wir das Gegenteil von dem machen, was wir im Beruf tun: „Das heißt, wenn ich den ganzen Tag im Büro bin, dann ist es wichtig, dass ich im Urlaub rausgehe, mich bewege, körperlich etwas mache und eben nicht nachdenke“, erklärt Windemuth. „So kann ich wirklich gut abschalten.“
Überwiegend körperlich Arbeitende sollten sich ausruhen, rät der Psychologe. „Und dann ist es auch okay, wenn die eine Zeit lang mal vor dem Fernseher hängen oder am Handy daddeln“, so Windemuth. „Die müssen sich körperlich erholen.“
Wie hält der Entspannungseffekt so lang wie möglich?
Nach dem Urlaub soll die Erholung so lange anhalten wie möglich, doch besonders wer direkt nach der arbeitsfreien Zeit wieder in Stress gerät, verspielt den Effekt schnell. Es kann helfen, im Urlaub neu dazugewonnene Rituale weiterzuführen: Wer dort das Lesen wieder für sich entdeckt hat, sollte versuchen, die Gewohnheit auch nach der Auszeit beizubehalten – zumindest ein bisschen.
Neben neuen Gewohnheiten können auch kleine Erinnerungsstücke helfen, entspannter zu bleiben: „Ein Souvenir kann das Urlaubsgefühl ebenso wachhalten wie ein leckeres Rezept aus dem Urlaubsort“, rät Egold. „Solche Hinweisreize sind mit positiven Erinnerungen verknüpft, sie versetzen uns in gute Laune.“ Für das akute Stimmungstief auf der Arbeit empfiehlt der Psychologe, ein Foto aus dem Urlaub auf dem Smartphone oder dem PC als Hintergrundbild einzustellen. Kopf hoch, der nächste Urlaub kommt bestimmt.