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Wie fair ist das Fairphone?
So manchem Mobiltelefon haftet ein bitterer Beigeschmack an, den man lieber ignorieren möchte: Viele Rohstoffe wie Zinn und Tantal stammen aus Krisengebieten wie der Republik Kongo, der Verkauf der Rohstoffe finanziert Bürgerkriege. In den meisten Fabriken, in denen Mobiltelefone zusammengebaut werden, werden Arbeiter zudem unter schlechtesten Bedingungen ausgebeutet. Und am Ende bleibt jede Menge Elektroschrott übrig.
Ein Smartphone mit Anspruch
Das Fairphone dagegen ist ein Smartphone mit dem Anspruch, soziale Werte und Nachhaltigkeit an erste Stelle bei seiner Produktion zu setzen. Die niederländische Hersteller-Firma Fairphone B.V ging daher auch aus einer gemeinnützigen Stiftung hervor: Die Waag Society in Amsterdam wollte ursprünglich über die Problematik der Smartphone-Herstellung aufklären und Potenziale für mehr Nachhaltigkeit im Telekommunikationsbereich aufzeigen. Aus dieser Aufklärungsarbeit entstand die Idee, selbst ein Telefon unter fairen Bedingungen und mit vollständig transparentem Herstellungsprozess zu produzieren – das Fairphone.
Fairphone im Expertentest
Ob und wie gut dies der Fairphone B.V. gelingt, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in einer Studie von zahlreichen Experten im Hinblick auf konfliktfreien Rohstoffbezug, nachhaltiges Design, faire Produktionsbedingungen, Recycling und Transparenz bewerten lassen. Mehrere Umweltschutz-, Verbraucherschutz- und Hilfsorganisationen erhielten ausführliche Fragebögen, in denen die verschiedenen Kriterien mit Punkten bewertet werden sollten. Zu den insgesamt 16 befragten Organisationen gehören unter anderem Greenpeace, Misereor, die Verbraucherzentrale NRW und das Umweltbundesamt.
"Das fairste Smartphone auf dem Markt"
Das Urteil viel durchweg positiv aus: In der Gesamtbewertung lag das Fairphone mit 4,7 Punkten nur knapp unter der Bestmarke von fünf Punkten. Die befragten Experten beurteilten den Ansatz des fair produzierten Smartphones als absolut richtungsweisend. Das Fairphone ist ihrer Ansicht nach in der Tat "das fairste Smartphone auf dem Markt".
Für die Ziele "konfliktfreier Rohstoffabbau" und "faire Produktionsbedingungen" erhielt das Fairphone im Durschnitt 4,6 und 4,0 Punkte. Denn das für seine Bauteile benötigte Tantal-Erz etwa stammt aus Minen in der Republik Kongo, deren Einnahmen nachweislich keine Bürgerkriegs-Milizen finanzieren. Die chinesischen Fabrikarbeiter, die die Telefone zusammensetzen, müssen mindestens einen freien Tag pro Woche erhalten und eine Sozialversicherung haben.
Leicht zu reparieren, wenig Elektroschrott
Als besonders vorteilhaft bewerteten die Experten auch verschiedene Designelemente des Smartphones, die dessen Lebensdauer erhöhen und so Elektroschrott minimieren sollen. So ist zum Beispiel der Akku nicht fest verbaut, sondern austauschbar. Dies vereinfacht eventuell nötige Reparaturen, und bei Akkuversagen ist nicht gleich ein neues Telefon fällig. Das Telefon für Reparaturen zu demontieren ist ebenfalls einfach: Die einzige verwendete Schraubengröße lässt sich bereits mit einer Kreditkarte oder einem Gitarrenplektrum herausdrehen.
Außerdem verfügt das Fairphone über zwei Slots für SIM-Karten, so dass Nutzer mit zwei verschiedenen Mobilverträgen dennoch nur ein einzelnes Telefon benötigen. Weil das Fairphone über einen normalen Mikro-USB-Anschluss geladen wird und ohnehin praktisch jeder mittlerweile mindestens ein solches Kabel besitzt, gehört ein Ladekabel nicht zum Lieferumfang dazu.
Sehr fair – aber noch nicht perfekt
Perfekt ist das Gerät trotzdem noch lange nicht – auch der Hersteller Fairphone B.V. betont, dass noch längst nicht alle Ziele erreicht sind: Zum Beispiel ist ein Teil der benötigten Rohstoffe bislang trotz aller anhaltenden Bemühungen unmöglich aus fairen Quellen zu erhalten. Auch die Experten hatten in den Fragebögen noch viele Anregungen und Verbesserungsvorschläge: So sollen noch verstärkt Recyclingmaterialien eingesetzt werden, und auch die Arbeitsbedingungen von Minen- und Fabrikarbeitern weiter verbessert werden. Ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf des Fairphone geht zu diesem Zweck bereits jetzt an verschiedene Fördereinrichtungen.
"Das Fairphone ist ein wichtiger Impulsgeber für eine Branche, in der viele Unternehmen verschlossen und wenig nachhaltig agieren", fasst Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, zusammen. "Egal, ob es um die Verwendung konfliktbehafteter Rohstoffe oder um schlechte Arbeitsbedingungen in Produktionsbetrieben geht – fairer und nachhaltiger zu sein ist sowohl erklärtes Ziel als auch Unterscheidungsmerkmal."
Weitere Informationen:
Umfrageergebnisse der DUH-Studie (PDF; 1,1MB)