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Kleine Wortgeschichte der Ampel

»Vom Direktor bis zum Penner sind wir nichts als Ampelmänner«, witzelte einst Heinz Erhardt über die unsere stauerprobte Nation. Wortgeschichtlich hat die Ampel [ahd. amp(ul)la; lat. ampulla = kleine Flasche] wenig mit dem Rushhour-Stau der modernen Zeit zu tun, ihre Wurzeln sind antiken Ursprungs. Entwickelt hat sie sich aus der griechischen Amphore, der tönernen Wein- oder Ölkanne mit zwei Henkeln. In der Spätantike schufen Glasbläser eine durchsichtige Zwergform - ein Salbgefäß für Schminke und Parfüm - verniedlichend als Amphorula bezeichnet. Daraus wurde durch Sprachverschleifung (amporla, ampurla) schließlich die Verkleinerungsform ampulla.

Im frühen Mittelalter verstand man unter Ampulle indes nicht wie heute ein steriles medizinisches Serumröhrchen, sondern das ewige Licht über dem Kirchenaltar: Aus dem Gefäß für kostbare Öle zur Hautpflege war ein Behältnis für Lampenöl geworden, das den Weg zur Seelenreinigung wies. Im 14. Jahrhundert kehrte es wieder in den profanen Bereich zurück, hing nun zur Beleuchtung über dem Esstisch. Die Lampe indes stammt nicht von der Ampulle ab, sondern vom griechischen lampás = Fackel. Trotzdem (und ungeachtet der Zusatzverwendung als Blumenampel) lässt auch die Ampulle unser Leben weiterleuchten - sogar in Gestalt der funkelnden Säufernase, denn die Pulle Schnaps leitet sich ebenfalls von ihr ab. So ist jede rote Verkehrsampel wortgeschichtlich zugleich eine Bremse für Promillesünder: eine Warnung, nicht zu tief in die Amphore zu gucken.

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