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Tödliche Hefe? Das Wichtigste zu infektiösen Pilzen

Beim Begriff Hefe denken die meisten wahrscheinlich zunächst an Backhefe, die Pizza- und Brotteige aufgehen lässt. Doch nicht jeder Hefepilz ist eine harmlose Backzutat. Manche können uns im Falle einer Infektion sogar das Leben kosten, darunter die Hefepilzarten Candida albicans und Candida auris, der sich aktuell weltweit ausbreitet. Doch wie gefährlich sind infektiöse Hefepilze wirklich? Auf welchem Weg kann man sich mit ihnen infizieren? Und was lässt sich gegen sie tun?
AMA, 17.05.2023
Hefepilz Candida auris

© selvanegra, GettyImages

Jedes Jahr erkranken weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an Pilzinfektionen. Während die meisten dieser Infektionen mild oder sogar unbemerkt verlaufen, enden 1,5 Millionen von ihnen tödlich. Auf ähnliche Todeszahlen kommen ansonsten etwa Malaria oder Tuberkulose. Häufige Auslöser von lebensgefährlichen Pilzinfektionen sind Hefepilze. Sie können im Extremfall zu schweren Organschäden und einer tödlich verlaufenden Blutvergiftung führen.

Welche Hefepilze sind gefährlich?

In diesem Jahr hat die Weltgesundheitsorganisation WHO erstmals eine Liste mit krank machenden Pilzen veröffentlicht, die ihrer Einschätzung nach stärker erforscht werden sollten. Zu den als besonders gefährlich eingestuften Arten zählen unter anderem drei Hefepilze, nämlich: Candida albicans, Candida auris und Cryptococcus neoformans.

Wie gefährlich ist Candida albicans?

Candida albicans ist im Normalfall ein unschädlicher Untermieter im menschlichen Körper. Er kommt bei mehr als der Hälfte aller Menschen natürlicherweise auf Haut, Schleimhäuten und im Darm vor, ohne größere Beschwerden zu verursachen. Ist unser Immunsystem allerdings geschwächt oder haben Antibiotika unsere Haut- und Darmflora verändert, kann Candida albicans schnell ganz andere Saiten aufziehen. Er führt dann zu Entzündungen der Haut und Schleimhaut, zum Beispiel im Mund oder Genitalbereich. So machen rund drei Viertel aller Frauen mindestens einmal in ihrem Leben eine vaginale Candida-Infektion durch.

In Extremsituationen wie nach einer Darmoperation, Chemotherapie oder nach einer Organtransplantation können diese Pilze auch lebensgefährlich werden. Und zwar dann, wenn das Immunsystem stark geschwächt ist und Candida tiefer in den Körper eindringen und dabei innere Organe befallen kann. Im schlimmsten Fall kommt es in der Folge zu einer tödlich verlaufenden Blutvergiftung. Laut Fraunhofer-Gesellschaft sterben allein in Deutschland jedes Jahr mehrere tausend Menschen an einer solchen systemischen Candida-Infektion.

Infografik Candia auris
Gefährlicher Hefepilz: Candida auris ist gegen viele Medikamente resistent und außerdem mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden nur schwer zu identifizieren.

© VectorMine, GettyImages

Wie gefährlich ist Candida auris?

Der Hefepilz Candida auris wurde erst 2009 entdeckt und trat damals scheinbar aus dem Nichts auf. Seitdem breitet er sich immer weiter aus. Während gesunde Menschen eine Infektion mit Candida auris meist ohne große Probleme überstehen, kann der Pilz bei immungeschwächten Personen oder Patienten auf Intensivstationen hingegen schwere Komplikationen hervorrufen. Er befällt unter anderem das zentrale Nervensystem, Organe und Knochen und kann zu einer tödlichen Blutvergiftung führen. Etwa 30 Prozent aller Infektionen, bei denen Candida auris in den Körper eindringt, enden tödlich.

Anders als andere infektiöse Pilzarten wird Candida auris auch als Schmierinfektion von Mensch zu Mensch oder über kontaminierte Oberflächen übertragen. Dadurch kann er sich schnell verbreiten und zu Ausbrüchen in Krankenhäusern und Pflegeheimen führen. Hinzu kommt, dass der Pilz gegen viele gängige Medikamente und manche Desinfektionsmittel resistent ist. Behandlung und Vorbeugung sind dadurch erschwert.

Bisher sind die Fallzahlen in Deutschland noch überschaubar. Bis Ende 2022 waren hierzulande insgesamt 43 Infektionen mit Candida auris bekannt. In 16 Fällen war eine Behandlung nötig, in acht Fällen war der Pilz bereits in den Blutkreislauf eingedrungen. Dennoch warnen Mikrobiologen, dass dieser Pilz unbedingt im Auge behalten werden muss – auch weil die Dunkelziffer der Infektionen groß sein könnte.

Wie gefährlich ist Cryptococcus neoformans?

Der dritte Erreger im Bunde ist vor allem im Darm und Kot von Vögeln zu finden. Insbesondere Taubenkot ist ein berüchtigtes Reservoir für Cryptococcus neoformans. Der Hefepilz und sein naher Verwandter Cryptococcus gattii können bei immungeschwächten Menschen die Krankheit Kryptokokkose auslösen. Diese beginnt typischerweise in der Lunge, weil man den Pilz meist über trockenen Vogelkot-Staub einatmet. Von der Lunge aus kann sich Cryptococcus neoformans in weitere Organe, häufig in Hirn und Rückenmark, ausbreiten. Dort kann er dann lebensbedrohliche Entzündungen auslösen.

In Deutschland ist der Pilz aber eher selten. Laut Robert Koch-Institut müssen hierzulande pro Jahr etwa 50 bis 60 Patienten wegen einer Kryptokokkose im Krankenhaus behandelt werden. Weltweit hingegen ist Cryptococcus neoformans einer der häufigsten Erreger von gefährlichen Pilzinfektionen. Schätzungen zufolge sterben jedes Jahr 120.000 bis 234.000 Menschen an Kryptokokkose, drei Viertel davon im südlichen Afrika.

Wie lassen sich Pilzinfektionen behandeln?

Hefepilze lassen sich mit sogenannten Antimykotika abtöten. Die Antipilzmittel verhindern, dass die Hefen eine Zellwand aufbauen, mit der sie sich vor unserem Immunsystem schützen könnten. Hat ein Pilz wie Candida auris allerdings bereits entsprechende Resistenzen gebildet, wird es schwierig, gegen ihn vorzugehen. Ähnliches gilt, wenn die Pilzinfektion bereits sehr weit fortgeschritten ist, zum Beispiel, wenn Cryptococcus neoformans bereits zu einer ernsthaften Gehirnentzündung geführt hat.

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