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Wilhelm Herschel: Wie ein Musiker die Astronomie veränderte

Ihm verdanken wir die Entdeckung des Planeten Uranus, die erste Karte der Milchstraße und die zu seiner Zeit besten Teleskope: Vor 200 Jahren, am 25. August 1822, starb der Astronom und Musiker Wilhelm Herschel. Er entdeckte dank seiner selbst entwickelten Teleskope das Phänomen der Doppelsterne und wies nach, dass die Sonne neben dem sichtbaren Licht auch Infrarotstrahlung abgibt. Doch es war vor allem der Uranus, der Herschel schon zu Lebzeiten zur Berühmtheit machte.
NPO, 25.08.2022
Friedrich Wilhelm Herschel, Entdecker des Planeten Uranus
Durch die Entdeckung des Planeten Uranus im Jahre 1781 erlangte Wilhelm Herschel bereits zu Lebzeiten Weltruhm.

Porträt:  duncan1890, GettyImages (Porträt) / Planet Uranus: X-ray: NASA/CXO/University College London/W. Dunn et al; Optical: W.M. Keck Observatory

Eigentlich schien die Karriere des Wilhelm Herschel klar vorgezeichnet: Im Jahr 1738 als Sohn eines Musikers in Hannover geboren, zeigte auch der junge Wilhelm schon früh eine Begabung für die Musik.  Als Kind lernte er bereits Geige und Oboe und wurde mit 14 Jahren Musiker in einem Regiment des Kurfürsten von Hannover. Wenig später nahm er mit diesem Regiment an einer Schlacht des Siebenjährigen Krieges teil. Doch nachdem französische Truppen im Jahr 1757 Hannover besetzten, wanderte Herschel mit seinem älteren Bruder nach England aus. Dort arbeitete er als Musiklehrer, Organist und später Orchesterleiter.

Bis zum Alter von fast 50 Jahren bestimmte die Musik den beruflichen Werdegang von Wilhelm Herschel und prägte sein Leben. Er komponierte mehrere Konzerte und Sinfonien, außerdem mehrere Orgelwerke und Kammermusikstücke.

Sterne, Nebel und Doppelsterne

Das aber war noch nicht alles: In seiner Freizeit begann sich Herschel mehr und mehr mit der Astronomie zu beschäftigen. Er las astronomische Lehrbücher und beobachtete und kartierte gemeinsam mit seiner Schwester Caroline Herschel den Sternenhimmel. Zusammen erstellten sie im Laufe der Zeit einen Katalog, der unter anderem mehr als 2.500 kosmische "Nebel" umfasste – Gebilde, die anders als die scharfen Lichtpunkte der Sterne eher als verwaschene Lichtflecke erschienen. Dass es sich dabei um fremde Galaxien handelte, wusste man damals noch nicht.

Ebenfalls neu war die Kartierung von mehr als 800 Doppelsternen.  Damals war noch unbekannt, dass es solche Paare einander umkreisender Sterne gibt, man hielt sie eher für zufällig nah beieinander stehende Himmelsobjekte. Herschel jedoch vermutete aufgrund seiner Beobachtungen bereits, dass es sich um Sterne handelt, die durch ihre Anziehungskraft aneinander gebunden sind.

Die Entdeckung des Uranus

Im Jahr 1781 gelang Caroline und Wilhelm Herschel dann ein echter Coup: Er entdeckte bei seine nächtlichen Himmelsbeobachtungen einen Lichtpunkt im Sternbild Zwillinge, der weder zu einem Stern noch zu einem "Nebel" passte. Im Laufe von mehreren Nächten bewegte sich dieses Objekt zudem auffallend schnell vor dem Sternenhintergrund. Das Objekt musste demnach näher an der Erde liegen als die meisten Sterne. Herschel hielt das Objekt zunächst für einen Kometen.

Doch weitere Beobachtungen zeigten, dass sich dieses rätselhafte Objekt nicht so verhielt, wie man es von einem Kometen erwarten würde. Er bewegte sich zu langsam du auch sein Aussehen passte nicht: „Der Komet erscheint an seinen Rändern scharf abgegrenzt und extrem wohl definiert, ohne die geringste Spur eines Barts oder Schweifs“, resümierte Herschel.  Für den Astronom kam schließlich nur noch eine Art von Himmelskörpern in Betracht: Es musste sich um einen noch unbekannten Planeten des Sonnensystems handeln.

Damit hatte Herschel eine sensationelle Entdeckung gemacht. Der von ihm zu Ehren des englischen Königs Georg III. „Georgium Sidus“- Georgs Stern -  getaufte Planet war nach Jahrhunderten die erste Erweiterung des bekannten Sonnensystems. Und dieser Neuzugang war zudem noch doppelt so weit von der Erde entfernt wie der damals äußerste bekannte Planet Saturn. Mit einem Schlag war das Sonnensystem damit fast doppelt so groß geworden. Nachdem auch andere Astronomen die Existenz dieses Planeten bestätigt hatten, wurde die Neuentdeckung in "Uranus" umbenannt" – und Herschel zu einer Berühmtheit. Er wurde zum königlichen Hofastronom ernannt und erhielt dafür genug Gehalt, um sich nun vollends der Astronomie widmen zu können.

Infrarotlicht-Experiment Wilhelm Herschels
Schematische Darstellung des Experiments, mit dem Herschel im Jahre 1800 die Infrarotstrahlung nachwies. Er platzierte hinter einem Prisma, das Sonnenlicht in seine Spektralfarben zerlegte, mehrere Thermometer, um die Energieverteilung zu messen. Überraschenderweise war der größte Temperaturanstieg jenseits des roten Lichts zu verzeichnen. Diesem Bereich gab Herschel den Namen "Infrarot".

lvcandy, GettyImages (Lichtbrechung durch Prisma)

Eine Milchstraßenkarte und das Infrarotlicht

Doch Herschel ruhte sich auf diesem Ruhm nicht aus: Er nutzte die gewonnene Zeit, um die Sterne der Milchstraße zu kartieren. Anhand ihrer Verteilung und Helligkeit versuchte er herausfinden, welche Form unsere heimische Ansammlung von Sternen hat.  Mehr als 50.000 Sterne kartierte der Astronom dafür und kam zu dem Schluss, dass unser Sonnensystem Teil eines linsenförmigen Gebildes sein müsse.

Im Jahr 1800 wies Herschel erstmals nach, dass die Sonne nicht nur sichtbares Licht produziert, sondern auch Infrarotstrahlung. Diese langwellige Wärmestrahlung wies er nach, indem er das Sonnenlicht mit einem Prisma in seine Farbanteile zerlegte. Als er nun ein Thermometer in die verschiedenen Farbbereiche hielt, tat sich bei den meisten Lichtanteilen nur wenig. Doch als der Astronom das Thermometer knapp außerhalb des sichtbaren roten Endes des Spektrums platzierte, stieg die gemessene Temperatur deutlich an.  Herschel schloss daraus, dass es jenseits des sichtbaren Lichts noch eine unsichtbare Wärmestrahlung geben müsse - das Infrarotlicht.

Herh
Herschels größtes Teleskop wurde 1789 unter seiner Anleitung gebaut und hatte einen Spiegeldurchmesser von 48 Zoll und eine Länge von etwa 12 Metern. Leider ist von dem Instrument nur eine kleiner Teil erhalten, der heute am Royal Observatory in Greenwich zu bewundern ist.

Historisch

Teleskope der Marke Eigenbau

Herschel war aber nicht nur Musiker und Astronom, er bewies sich auch als innovativer Konstrukteur. Denn schon ab 1766 tüftelte er an Verbesserungen der damaligen Teleskope. En größten Teil seiner eigenen Himmelsbeobachtungen machte der Astronom mit solchen optimierten Eigenbauten. Nach seiner Ernennung zum Hofastronomen bekam er dann die Chance, erstmals ein Teleskop mit einem 1,20 Meter großen Spiegel zu konstruieren. Das 1789 fertig gestellte Instrument war zwölf Meter lang und galt unter seien Zeitgenossen als "achtes Weltwunder".

Am 25. August 1822 starb Wilhelm Herschel im englischen Slough im hohen Alter von 84 Jahren. Sein Lebensalter entsprach damit genau der Zeit, die der von ihm entdeckte Uranus für einen Umlauf um die Sonne benötigt. Auf dem Grabstein von Wilhelm Herschel steht auf lateinisch: Caelorum perrupit claustra - er durchbrach die Grenzen des Himmels.

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