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Das Wasser: Flüsse formen die Landschaft

Wer ist der effektivste Landschaftsgestalter?

Wasser spielt die überragende Rolle. Das Ausmaß der Erosion hängt von der Wassermenge und dem Auftreten von Hoch- und Niedrigwasser während eines Jahres, dem Gefälle eines Flusses, dem mitgeführten Schutt und der Härte des Gesteins ab.

Auf einer Oberfläche ohne Pflanzen führt schon der Aufprall von Regentropfen zu Erosion, da sofort der Boden angegriffen wird. Auf kalkhaltigem Gestein setzt sich die Erosion sogar unterirdisch fort, das Wasser versickert im Kalk und spült ihn aus. In der Regel setzt sich Wasser jedoch an der Oberfläche in Bewegung und wirkt auch dort. Ein Fluss, der seiner Mündung entgegenstrebt, reißt immer mehr Gestein mit sich, höhlt sein Flussbett aus und gräbt sich immer tiefer, ein Vorgang den man Tiefenerosion nennt.

Übrigens: Das Wasser wirkt gleichzeitig auch auf die Uferregionen, durch Seitenerosion verbreitert sich das Flussbett allmählich. Vor allem im Unterlauf eines Flusses nimmt die Sedimentation, die Ablagerung von mitgeführtem Material, zu. Besonders »stoffreich« ist der Gelbe Fluss (Huang He oder Hwangho), der viel Material aus dem chinesischen Lössplateau mit sich führt. Insgesamt werden von den Flüssen der Erde jährlich etwa 5–10 Mrd. t feste Stoffe transportiert.

Wo mündet ein Fluss?

In einem Delta oder einem Ästuar. Im flachen Wasser schütten Flüsse ein oft riesiges Delta auf, das sich immer weiter nach draußen verlagert.

Aufgrund des fast vollständig fehlenden Gefälles bilden sich zahlreiche Nebenarme aus und es entsteht die typische Fächerform eines Deltas (nach der Form des griechischen Buchstabens Delta: Δ), z. B. in der Mündung des Nil oder der Donau.

Unterliegt die Küste starken Gezeitenschwankungen, bildet sich eine trichterförmige Mündung, ein Ästuar. Ästuare sind frühere Flusstäler, die vom Meer überspült worden sind und in denen die Gezeitenwellen weit ins Hinterland vordringen können. Bekannte Beispiele sind Themse und Elbe.

Welche Talformen gibt es?

Tal ist nicht gleich Tal. Definiert ist ein Tal als eine von einem Fließgewässer in die Erdoberfläche eingeschnittene und ausgeräumte Hohlform. Eine große Rolle spielt die Hangneigung und die Härte des Untergrundes. Unterschiedliche Talformen ergeben sich daneben aus der Menge und Geschwindigkeit des fließenden Wassers und dem transportierten Schutt.

Im Querschnitt betrachtet, unterscheidet man mit zunehmender Erosionskraft das Muldental mit breitem Talboden und flachen Hängen, das Kerb- oder V-Tal mit engem Talboden, die Schlucht mit fast senkrechtem Talboden und die Klamm mit manchmal überhängenden Talwänden. Aus einem Muldental kann durch Aufschüttung von Gesteinsschutt ein Sohlen- oder Kastental entstehen. Ein Cañon ist ein schluchtartiges Tal, das sich tief in horizontal gelagertes, unterschiedlich hartes Gestein eingeschnitten hat.

Höhlt steter Tropfen wirklich den Stein?

Eindrucksvolle Karstlandschaften belegen es. Eine besondere Art der Verwitterung ist die Korrosion, die chemische Zerstörung und Auslaugung des Gesteins durch Wasser.

Dringt kohlensäurehaltiges Wasser über Klüfte und Spalten in Kalkgestein ein, beginnt es dieses zu lösen, das heißt in Kalksinter zu verwandeln. An der Oberfläche bilden sich zunächst kleine Rillen, in denen das Wasser abläuft. Mit der Zeit werden die Rillen tiefer, und es entsteht ein System von meist parallel verlaufenden Kämmen, die als Karren oder Schratten bezeichnet werden. Gelangt das Wasser weiter in die Tiefe, stürzen ganze Gesteinskomplexe ein und es entstehen trichter- oder schüsselförmige Hohlformen: Dolinen, Uvalas oder Poljen. Hier treten auch Schlucklöcher, Ponore, auf, die manche Flüsse urplötzlich verschwinden lassen.

Was richtet das Wasser unter Tage an?

Im Karst schafft Wasser oft ausgedehnte Höhlensysteme. Der aus den Sickergewässern ausgeschiedene Kalksinter bildet Tropfsteine und Sinterterrassen. Zapfenförmige Tropfsteine bilden sich zunächst an der Höhlendecke als Stalaktiten. Das auf den Höhlenboden tropfende Wasser führt dort zur Bildung von Calciumhydrogencarbonat, das in Form von Stalagmiten den Stalaktiten entgegenwächst. Die Blue Holes auf den Bahamas nördlich von Kuba stehen sogar mit dem Atlantik in Verbindung. Sie wurden nach den Eiszeiten überflutet, als der Meeresspiegel stieg.

In den feuchten Tropen und Suptropen sorgen hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit für eine besonders rasche Kalklösung. Eine üppige Vegetation gewährleistet, dass im Wasser durch die Verrottung organischen Materials Huminsäuren entstehen, die den Lösungsvorgang noch beschleunigen.

Wo stehen die Schokoladenhügel?

Auf der philipinischen Insel Bohol. Die dicht nebeneinander stehenden Kegel erscheinen durch das trockene Gras braun wie Schokolade und sind eine Touristenattraktion. Die Erosion hat hier große, steilwandige Kuppen oder Türme geschaffen, die man als Kegel- oder Turmkarst bezeichnet. Karsttürme sind auch im Norden Vietnams und in Südchina um die Stadt Guilin zu finden. Ebenso spektakulär ist der Gunung Mulu Nationalpark im malaysischen Teil der Insel Borneo, wo bizarre Zinnen aus dem Regenwald aufragen.

Wie verändert das Meer die Küste?

Wo Meer und Land aufeinandertreffen, spielen sich unterschiedliche Erosions- und Sedimentationsvorgänge ab. Brandungswellen nagen an der felsigen Steilküste und verlegen sie mit der Zeit landeinwärts. Das zerkleinerte Gestein lagert sich am Meeresboden ab und wird von Strömungen abtransportiert. An anderer Stelle setzt das Meer Sand und Schlick am Strand flacher Meeresbuchten ab und schafft so neue Lebensräume. Küsten zählen zu den vielgestaltigsten Landschaftsformen.

Wie lange halten Steilküsten der Brandung stand?

Sie sind kurzlebige Gebilde. Typischerweise bestehen Steilküsten aus einem steil abfallenden Kliff, das von einer Brandungshohlkehle unterhöhlt ist, und einer meerwärts gelegenen Abrasionsplatte oder Schorre – Abrasion (lateinisch »auskratzen«) ist die fachsprachliche Bezeichnung für Brandungserosion.

Die Brandungshohlkehle befindet sich auf Meeresspiegelhöhe, dort wo aufbrandende Wellen und von ihnen mitgeführtes Geröll das Steilufer bearbeiten. Irgendwann stürzt der überhängende Fels ins Meer, das nun das nächste Stück Kliffküste bearbeiten wird. So wird die Küste nach und nach immer weiter zurückverlagert. Das herabgestürzte Material sammelt sich vor dem Kliff auf einer Kliffhalde, die im Lauf der Zeit durch den Seegang eingeebnet wird.

Wo landet das vom Meer zerkleinerte Material?

Wieder an der Küste. Feine Lehm- und Tonpartikel werden weit auf das Meer hinausgetragen, sinken dort auf den Grund und bilden Meeressedimente. Der Wind verfrachtet große Mengen Sand, der an Stränden abgelagert wird.

Sand- oder Kiesstrände bilden sich an Küsten mit sehr niedrigem Gefälle. An der Küste sanft auslaufende Wellen hinterlassen beim Zurücklaufen einen Strandwall, der durch das Wasser in Richtung Strand geschoben wird. Aus diesen Sandwällen ausgeblasener Sand kann sich an der Küste zu großen Dünen aufhäufen. Die mit mehr als 100 m höchste Düne Europas liegt an der französischen Atlantikküste bei Arcachon.

Laufen die Wellen schräg auf die Küste auf, wird auch der Sand schräg angeschwemmt. Ein Teil fließt aber mit dem Wasser zurück ins Meer. Durch diese Bewegungen wird der Sand zickzackförmig entlang der Küste transportiert. An Hindernissen lagert sich besonders viel Sand ab. Dort baut sich dann eine kleine Sandzunge auf, die zu einer lang gezogenen Nehrung wachsen kann und schließlich eine Bucht vom Meer abtrennt. Dann entsteht ein Haff oder ein Strandsee, der mit der Zeit verlandet.

Übrigens: In trockenerem Klima süßt der Strandsee nicht aus. Stattdessen kommt es durch Verdunstung und im Sand vordringendes Salzwasser zu einer Erhöhung des Salzgehalts. Einen solchen abgeschnürten Strandsee nennt man Lagune. Ein bekanntes Beispiel ist die Lagune von Venedig.

Was ist rückschreitende Erosion?

Wenn sich ein Fluss immer tiefer in Richtung seiner Quelle einschneidet. Ein Musterbeispiel ist die Wutach im südlichen Schwarzwald. Vor 70 000 Jahren mündete sie noch in die Donau. Durch ständige Anhäufung von Gesteinsmaterial nach der letzten Eiszeit lief ein Nebenarm der Wutach im aufgefüllten Flussbett bei Hochwasser über, floss den jenseitigen Talhang hinab und geriet in das Einzugsgebiet des Rheins. Der Arm grub sich rasch ein tiefes Bett und verlagerte seine Talsohle immer weiter zurück. Schließlich zapfte er 90 % des ursprünglich zur Donau fließenden Wassers ab und entwickelte sich vom Nebenarm zum Hauptfluss und somit zum Nebenfluss des Rheins.

Wussten Sie, dass …

der Grand Canyon ein Fenster in der Erdgeschichte aufgestoßen hat? In 6 Mio. Jahren schuf der Colorado River im Südwesten der USA eine rd. 350 km lange und bis zu 1800 m tiefe Schlucht. Von oben nach unten zeigt der Cañon eine Gesteinsabfolge, die bis ins Präkambrium vor fast 2 Mrd. Jahren reicht, als sich die Erdkruste bildete.

die Niagarafälle immer niedriger werden? Seit ihrer Entstehung nach der letzten Eiszeit vor ca. 12 000 Jahren haben sich die Fälle um 11 km nach hinten verlegt und ihre Fallhöhe um 45 m verringert. Nur durch intensive Baumaßnahmen ist es gelungen, den jährlichen Rückschritt leicht zu mindern.

der Mississippi in einem sog. Vogelfußdelta mündet? Der sedimentreiche, träge dahinfließende Fluss hat entlang seiner Mündungsarme ein System von Uferdämmen aufgebaut, die sich weit in den Golf von Mexiko vorschieben. Meeresströmungen am Ende biegen die Uferdämme um und es entsteht eine Landschaft, die aus der Luft betrachtet an einen Vogelfuß erinnert.

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