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Der Seefahrer von Paul Klee: Farbe, Licht und Dunkel

Welche Elemente prägen Paul Klees Malerei?

Der Maler arbeitete mit wenigen Elementen: abstrakte Formen, Punkte und Linien. Daraus schuf Paul Klee (1879–1940) in seinen Gemälden und Aquarellen eine märchenhafte Welt voller Humor und Poesie. Diesen speziellen Stil entdeckte er 1914 auf einer Reise nach Tunis. Die kubische Architektur des Südens, das Licht und die üppigen Farben führten ihn zu einer neuen Art der Bildgestaltung. Seine Bilder wiesen nun Strukturen auf, die an eine architektonische Formensprache erinnern: Sie waren vielfarbig, fast abstrakt. Dieser Stil blieb typisch für Klees weiteres Schaffen.

Wie ist »Der Seefahrer« komponiert?

Der Seefahrer steht auf einem Kahn und kämpft mit einer Lanze gegen drei rötlichlilafarbene Ungeheuer. Eines der Ungeheuer ist verletzt, dicke Blutstropfen fallen herab. Eines sieht aus wie ein Kugelfisch – Fische hat Klee gerne gemalt. Die witzigen Wesen sind aus einfachen Formen zusammengesetzt, fast so, als hätte sie ein Kind gezeichnet. Der Hintergrund ist in ein rechteckiges, leicht verzogenes Raster eingeteilt und die einzelnen Felder sind mit verschiedenen durchscheinenden Schattierungen von Blau gefüllt. Die hellsten Felder liegen in der Bildmitte, rundherum ist die Farbe abgedunkelt. So scheint der Seefahrer vor einer dunklen Grotte zu stehen; wo in diesem Bild jedoch vorne, hinten, unten oder oben ist, kann man eigentlich gar nicht sagen.

Der vollständige Titel des Bildes lautet »Kampfszene aus der komisch-fantastischen Oper —Der Seefahrer‹«. Mit dem »Kampf« ist im übertragenen Sinne das musikalische Zusammenspiel der verschiedenen Töne gemeint, das Terzett der Drachen und der Heldentenor des Seefahrers. Paul Klee, Sohn eines Musiklehrers, Ehemann einer Pianistin und selbst ausgezeichneter Violinist, hatte eine enge Beziehung zur Musik.

Wann entstand das Bild?

»Der Seefahrer« entstand 1923 in Weimar. 1920 hatte Klee der Ruf ans Bauhaus in Dessau erreicht. Er lehrte in der Werkstatt für Weberei und Glasmalerei und hielt einen Vorkurs über elementare Gestaltungsmittel, in dem er die Studenten unter anderem mit Punkten vertraut machte, denen er Eigenschaften wie lustig, frech oder gefräßig zuschrieb. »Der Seefahrer« spiegelt Klees Kunstkonzept zu diesem Punkt seiner Schaffenszeit perfekt wieder.

Wie erlebte Paul Klee den Ersten Weltkrieg?

Paul Klee wurde 1915 eingezogen und erhielt eine Infanterieausbildung. Von 1916 bis 1918 absolvierte Klee seinen Kriegsdienst bei der Fliegerabteilung in Schleißheim bei München und der Fliegerschule in Gersthofen bei Augsburg. Der Fronteinsatz blieb dem Künstler erspart. Dafür musste er die Tarnbemalung der Flugzeuge ausbessern. Klees Künstlerkollege August Macke fiel kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Im Jahr darauf traf es den Freund aus dem »Blauen Reiter« Franz Marc. In sein Tagebuch schrieb Klee damals: »Je schreckensvoller diese Welt (gerade heute), desto abstrakter ist die Kunst.«

Nach Kriegsende konnte Klee mit ersten Ausstellungen, seinen Buchillustrationen zu Voltaires »Candide« und mit seinen ersten Ölbildern wie der »Villa R« von 1919 den Direktor des Bauhauses Walter Gropius auf sich aufmerksam machen.

Warum änderte sich Klees Stil in der Spätphase?

Verantwortlich dafür waren Klees geänderte Lebensumstände. Nachdem Paul Klee infolge der NS-Kunstpolitik seine Professur an der Düsseldorfer Akademie verloren und Mal- und Ausstellungsverbot erhalten hatte, emigrierte er 1933 in die Schweiz. Unter dem Eindruck der drohenden Kriegsgefahr und seiner eigenen Erkrankung an Sklerodermie veränderte sich sein Stil drastisch. In seiner neuen Expressivität spiegelte sich der Einfluss Picassos. Die Bilder aus der letzten sehr produktiven Schaffensphase Paul Klees wirken wie Vorboten seines eigenen Todes. »Tod und Feuer« aus dem Jahr 1940 zeigt eine maskenhaft verzerrte Fratze in grellen Farbkontrasten, gerahmt von schwarzen Balkenstrichen.

Am Bauhaus traf Klee Kandinsky wieder, den er vor rund 20 Jahren in München kennen gelernt hatte. Dort hatte er auch die Bekanntschaft von Franz Marc und August Macke gemacht und war bei der zweiten Ausstellung der Künstlergruppe Blauer Reiter mit seinen Zeichnungen und Grafiken vertreten gewesen. Über den Blauen Reiter lernte Klee 1912 Robert Delaunay kennen, dessen farbiger Kubismus ihn sehr beeindruckte und ihn selbst zur Auseinandersetzung mit der Farbe brachte.

Als die Repressalien gegen das Bauhaus in Dessau immer stärker wurden, akzeptierte Klee 1930 einen Ruf an die Kunstakademie in Düsseldorf. Der Umzug fiel zusammen mit einer neuen Schaffensphase im Stil des Divisionismus, aus der das Bild »Ad Parnassum« stammt: Kleine Farbflächen setzt Klee zu einem Mosaik zusammen und kombiniert sie mit linearen und flächigen Zeichen von Sonne und Mond. Das Motiv ist der in den mythischen Musenhügel Griechenlands verzauberte Berg Niesen.

In war kein Platz für geistreichen und feinsinnigen Humor.

Wann entdeckte Paul Klee seine Berufung als Maler?

Der am 18. Dezember 1879 in Münchenbuchsee (Schweiz) geborene Paul Klee fühlte sich hin und her gerissen zwischen seinen Begabungen für Malerei, Literatur und Musik. Nach seinem Umzug nach München 1898 neigte sich die Waage zur Malerei, bald schon studierte er an der Münchner Kunstakademie bei Franz von Stuck. Zunächst Mitglied der Künstlervereinigung »Blauer Reiter«, fand Klee seinen eigenen Stil spätestens bei einer Reise nach Tunis im Jahr 1914. Der vielfältige Künstler fertigte Aquarelle, Plastiken, Zeichnungen und Grafikblätter. 1921 ging er als Werkstattmeister ans Bauhaus in Dessau, das er 1931, entnervt von internen Richtungskämpfen, zugunsten einer Professur an der Kunstakademie Düsseldorf verließ. Von den Nazis als »entarteter Künstler« diffamiert, kehrte er 1933 zurück in die Schweiz, wo er am 29. Juni 1940 starb.

Wussten Sie, dass …

Paul Klee und Wassily Kandinsky während ihrer Zeit an der Münchner Kunstakademie in derselben Straßen wohnten, sich aber nicht kannten?

Klee erst nach seinem Tod die Schweizer Staatsbürgerschaft zuerkannt bekam? Er war zwar in der Schweiz geboren, hatte aber als Sohn eines Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit.

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