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Großkatzen: Der Inbegriff des Raubtiers
Woher stammen Löwen und Tiger?
Wer glaubt, Löwen seien ausschließlich in Afrika beheimatet, befindet sich im Irrtum. Bereits die gemeinsamen Vorfahren von Löwe und Tiger lebten in Europa, Afrika und Asien. Diese frühen Arten entwickelten sich auseinander: Aus den Löwen im Westen entstand wahrscheinlich der »Höhlenlöwentyp« der Späteiszeit, aus den östlichen Arten der Tiger. Vermutlich erst um 200 n. Chr. verschwanden die letzten Löwen aus Europa. Löwen und Tiger können sich noch immer paaren und auch die Mischlinge sind zum Teil noch fortpflanzungsfähig.
Asiatische Löwen (Panthera leo persica) sind stark vom Aussterben bedroht: Lediglich in einem kleinen Schutzgebiet im indischen Bundesstaat Gujarat leben heute noch etwa 200 Exemplare. Von ihren afrikanischen Verwandten unterscheiden sich die Asiatischen Löwen durch ihre geringere Größe und ihre spärliche oder ganz fehlende Mähne.
In Afrika findet man wilde Löwen heute im Gebiet südlich der Sahara. Ihr bevorzugter Lebensraum sind die offenen Weiten der Grassteppen. Obwohl nicht akut vom Aussterben bedroht, ist der Bestand der in freier Wildbahn lebenden Tiere nur in Schutzgebieten gesichert. In den übrigen Regionen Afrikas nimmt er ab, da eine ständig wachsende Bevölkerung immer stärker seine ursprünglichen Lebensräume beansprucht. Von den zahlreichen Unterarten sind bereits zwei ausgestorben: Der sehr große Berberlöwe (Panthera leo leo) Nordafrikas und der eindrucksvolle Kaplöwe (Panthera leo melanochaita) wurden vor über 80 bzw. 140 Jahren durch den Menschen ausgerottet.
Wozu dient die Mähne der Löwenmännchen?
Wie alle Katzen tragen Löwen ihre Rivalenkämpfe weniger dadurch aus, dass sie ihren Gegner beißen, sondern vielmehr dadurch, dass sie versuchen, ihm mit ihren krallenbewehrten Pranken kräftige Hiebe zu versetzen. Die auffällige Mähne des Löwenmännchens ist bestens dazu geeignet, Prankenhiebe auf Kopf und Hals abzufangen, was für die häufig in Kämpfe verwickelten Rudeltiere besonders wichtig ist. Übrigens sind auch bei den Männchen anderer Katzenarten die Wangen durch dicke Haarpolster geschützt.
Neuere Forschungen haben gezeigt, dass die Länge einer Mähne nicht nur genetisch bestimmt ist, sondern auch über den Lebensraum und den sozialen Status des Trägers Auskunft gibt. Löwen in niedrig gelegenen, extrem heißen Gebieten sind mit einer spärlicheren Mähne ausgestattet als Artgenossen aus höher gelegenen Regionen. Auch bei jüngeren, umherwandernden Löwenmännchen, die noch kein Weibchenrudel erobert haben, ist die Mähne meist recht dürftig ausgebildet.
Wie unterscheiden sich männliche und weibliche Löwen?
Das augenfälligste Unterscheidungsmerkmal ist wohl die für die Löwenmännchen charakteristische Mähne, die ihren Kopf und zum Teil auch ihren Bauch ziert. Darüber hinaus sind Löwenmännchen 30 bis 50 Prozent größer und schwerer als die Weibchen: Ausgewachsene männliche Löwen können bis 250 Kilogramm auf die Waage bringen. Mit fast zwei Metern Körperlänge und etwa einem Meter Schulterhöhe sind die meist gelbbraun gefärbten Tiere imposante Gestalten. Mit einem Schlag ihrer außergewöhnlich kräftigen Vorderbeine können sie ihren Opfern das Genick brechen.
Übrigens: Zu den bevorzugten Beutetieren von Löwen gehören Zebras, Fluss- sowie Warzenschweine, außerdem verschmähen sie bei großer Nahrungsknappheit weder Vögel noch Insekten.
Leben Löwen als Einzelgänger oder im Rudel?
Als Einzige unter den Katzen leben Löwen in der Regel gesellig in größeren Rudeln, die ein festes Revier von etwa 100 Quadratkilometern haben. Bis zu zehn Weibchen und vier Männchen bilden ein Rudel, wobei die Weibchen ein Leben lang zusammenbleiben, die Männchen aber alle paar Jahre durch neue abgelöst werden. Während die Jagd Aufgabe der Weibchen ist, verteidigen die Männchen gemeinsam das Revier, vor allem gegen umherziehende Artgenossen. Weibliche Jungtiere bleiben im Rudel, die jungen Männchen müssen es im Alter zwischen zwei und drei Jahren verlassen. Bis zum Erreichen der Geschlechtsreife im Alter von etwa fünf Jahren streifen die jungen Löwen als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen durch die Steppe. Dann versuchen sie, älteren Löwen ein Weibchenrudel streitig zu machen.
Greifen Tiger besonders häufig Menschen an?
Nein. Nur selten spezialisieren sich einzelne alte und verletzte Tiere auf die vergleichsweise leicht zu schlagende »zweibeinige Beute«. Dennoch wird dem Tiger häufiger als anderen Raubkatzen nachgesagt, er sei ein »Menschenfresser«: So soll eine Tigerin, der sog. Menschenfresser von Champawat, während ihres 15-jährigen Lebens 430 Menschen getötet haben. Vielerorts wurde die Raubkatze wegen der ihr unterstellten Gefährlichkeit vom Menschen verfolgt. Normalerweise meidet der Tiger jedoch die Nähe des Menschen. Zu Konfrontationen kommt es oft nur deshalb, weil sich Menschen in das Revier des Tigers begeben. Meist sucht der Tiger aber auch dann das Weite.
Wie stark ist der Lebensraum der Tiger bedroht?
Sehr. Immer mehr Waldgebiete werden land- und forstwirtschaftlich genutzt: Die hierfür notwendige Rodung des Regenwaldes zerstört den Lebensraum der Tiger systematisch. Von den ehemals acht Unterarten des Tigers existieren heute nur noch fünf: Königstiger, Sumatratiger, Indochinesischer Tiger, Sibirischer Tiger und Südchinesischer Tiger, der kurz vor dem Aussterben steht.
Der Sibirische oder Amurtiger (Panthera tigris altaica) ist die nördlichste und größte Unterart und die größte Wildkatze überhaupt. Sein langes Fell schützt ihn vor den kalten Wintern, wenn die Temperatur bis auf –40 °C fallen kann. Das Verbreitungsgebiet des »Herrschers der Ussuri-Taiga« beschränkt sich heute auf ein nur noch rund 156 000 Quadratkilometer großes Gebiet entlang des Amur im fernen Osten Sibiriens. Auf russischem Gebiet leben heute etwa 450 Sibirische Tiger, in den angrenzenden Ländern China und Nordkorea werden noch zehn bis 20 Exemplare vermutet. Zahlreiche internationale Naturschutzorganisationen kämpfen um eine Zukunft für die Tiere.
Der Königs- oder Bengaltiger (Panthera tigris tigris), der fast die Größe des Sibirischen Tigers erreicht, ist vor allem in Indien heimisch. Dank diverser Schutzprogramme sind seine Bestände inzwischen wieder auf 4000 bis 5000 Tiere gewachsen. Der Sumatratiger (Panthera tigris sumatrae) ist heute noch die einzige Tigerart auf dem indonesischen Archipel, Java- und Balitiger sind bereits ausgerottet. 400 bis 500 Sumatratiger konnten bis heute in Schutzgebieten überleben.
Warum werden Tiger gejagt?
Weil die Tigerjagd in Indien und Hinterindien eine lange Tradition hat. Sie galt bei den Großfürsten, den Maharadschas, als standesgemäße Form der Jagd. Treiber in großer Zahl durchkämmten zu Fuß den dichten Dschungel, um Tiger aufzuspüren. Für die Treiber war dies sehr gefährlich, für die Schützen weniger, da sie relativ sicher hoch oben auf Reitelefanten saßen. Die britischen Kolonialherren übernahmen im 19. Jahrhundert diesen Sport der Oberschicht, was verheerende Auswirkungen hatte: Manche indische Adlige, britische Offiziere und Beamte erlegten innerhalb weniger Jahre bis zu 1000 dieser Großkatzen. So rühmte sich der Maharadscha von Sulguja, insgesamt 1157 Tiger getötet zu haben.
Nachdem Naturschützer auf den dramatischen Rückgang der Tiger in Indien aufmerksam gemacht hatten – 1972 existierten nur noch 1800 Königstiger –, stellte die indische Regierung 1973 die Tiere unter Schutz; seither ist die Tigerjagd verboten. Leider werden immer noch Tiger gewildert, weil in der traditionellen chinesischen Medizin praktisch alle seine Körperteile zu Medikamenten verarbeitet werden können und damit sehr viel Geld zu verdienen ist. Obwohl Tigerteile seit 1993 offiziell nicht mehr in der chinesischen Medizin eingesetzt werden dürfen, werden Tigerprodukte immer noch in alle Welt verkauft.
Sind alle weißen Tiger Albinos?
Nein, weiße Tiger sind keine Albinos, sondern eine Mutation, die auch »Chinchilla« genannt wird – nicht zu verwechseln mit der Familie der Nager »Chinchillas«. Sie haben ein elfenbeinfarbenes bis weißes Fell mit braunen Streifen; ihre Augen sind blau.
Alle heute in Gefangenschaft lebenden weißen Tiger – auch die weltbekannten aus den Shows von Siegfried und Roy in Las Vegas – gehen auf einen Stammvater aus Indien zurück. »Mohun« wurde 1951 vom Maharadscha von Riva (Vorderindien) gefangen und weitergezüchtet. Er wurde mit einem normal gefärbten Weibchen gepaart. Zwar waren die Nachkommen normal gefärbt, doch die Kreuzung des Männchens mit einer seiner Töchter ergab weißen Nachwuchs.
Wie leben Tiger?
Wie alle Katzen leben Tiger in Revieren, deren Größe je nach Wildreichtum stark variiert. Sie sind Einzelgänger, wobei sich das Revier eines Männchens mit dem von Weibchen überschneiden kann. In Spalten, umgestürzten Bäumen oder kleinen Felshöhlen legen sie sich Schlupfwinkel an, die sie mit trockenem Laub oder Gras auspolstern. Ein Tiger hat oft mehrere Ruheplätze, die er abwechselnd nutzt.
Anders als Löwen jagen Tiger allein. Die nachtaktiven Großkatzen schleichen sich möglichst nah an die Opfer heran, um sie dann nach einem Sprung oder kurzen Spurt durch einen Nacken- oder Kehlbiss zu überwältigen.
Die Brunftzeit der Tiger fällt meist in den Winter oder das Frühjahr. Zu dieser Zeit finden auch die meisten Kämpfe zwischen den Männchen statt, die ansonsten ihre gegenseitigen Reviere achten. Nach einer Tragzeit von etwa 100 Tagen bringt die Tigerin gewöhnlich zwei bis vier Junge zur Welt. Meist bleiben diese zwei oder drei Jahre, im Norden aber auch vier bis fünf Jahre mit der Mutter zusammen. Da die Weibchen den Kontakt zu männlichen Tigern meiden, solange sie noch Junge aufziehen, kommt es nur alle drei bis fünf Jahre zu einer Paarung. Dezimierte Bestände erholen sich also nur langsam. Tiger werden in freier Wildbahn selten älter als 15 Jahre.
Wo sind Leoparden verbreitet?
Von allen Großkatzen hat der Leopard (Panthera pardus) das größte Verbreitungsgebiet: In über 20 Unterarten kommt er in Afrika und Asien vor. Er bewohnt den ganzen afrikanischen Kontinent, mit Ausnahme der Wüstengebiete sowie Nordafrikas und des Kaplandes. In Asien ist er über Klein- und Vorderasien, das südliche Südwestsibirien, den ganzen Südteil Asiens bis nach Java sowie Korea und große Teile Chinas wie auch Südostsibiriens verbreitet. Allerdings hat sein Bestand stark abgenommen, so dass er in vielen Gegenden, wo er vor 100 Jahren noch häufig war, heute nicht mehr anzutreffen ist.
Leoparden sind sehr anpassungsfähig und haben dementsprechend die unterschiedlichsten Lebensräume erobert: Sie sind sowohl in den Trockensavannen und Regenwäldern Afrikas und den Dschungeln Indiens als auch in den kühlen Wäldern des Amurgebiets zu finden. Ihre Anpassungsfähigkeit bedingt zudem, dass manche Leopardenarten auch nicht davor zurückschrecken, in der Nähe menschlicher Siedlungen zu leben. Menschen werden von ihnen jedoch sehr selten angegriffen, Haushunde und andere Haustiere dagegen hin und wieder gerissen, was die Großkatzen bei der einheimischen Bevölkerung nicht gerade beliebt macht.
Wieso kann sich der Leopard praktisch lautlos anschleichen?
Weil die stark gepolsterten Zehen und Ballen des Leoparden seinen Schritt dämpfen und ihm damit einen lautlosen Schleichgang ermöglichen. Außerdem ist der Leopard mit einer Körperlänge von bis zu 1,50 Metern (ohne Schwanz) und einem Gewicht von bis zu 80 Kilogramm die kleinste Großkatze. Die Zierlichkeit seines Köperbaus unterstützt den gleichsam geräuschlosen Gang des Leoparden noch.
Welche Beutetiere bevorzugt der Leopard?
Prinzipiell passt der Leopard seinen Speisezettel dem örtlichen Nahrungsangebot an: Er bejagt große Antilopen, Hirsche, Zebras und Wildschweine, verzehrt aber auch Vögel und Reptilien oder Insekten, wenn keine andere Beute greifbar ist.
Leoparden mögen besonders Innereien, weswegen sie die erlegten Kadaver auch regelrecht ausweiden, indem sie zuerst Herz, Leber und Nieren fressen, außerdem die übrigen Eingeweide entfernen. Die Überreste der Mahlzeit schleppen sie entweder zu ihren Jungtieren oder auf einen Baum, um sie vor Nahrungskonkurrenten wie Hyänen oder Löwen in Sicherheit zu bringen. Dabei ist der Leopard auch in der Lage, Beute abzutransportieren, die deutlich schwerer ist als er selbst.
Übrigens: Leoparden verbringen ihr Leben als Einzelgänger, sie bewohnen Reviere, die zwischen 30 und 50 Quadratkilometer groß sind. Das Revier eines Männchens und das eines Weibchen können sich zum Teil überlappen. Die Großkatzen werden aktiv, wenn es zu dämmern beginnt, und jagen bis in die Nacht. Von einem Baum oder einer anderen erhöhten Stelle aus sucht der Jäger die Umgebung aufmerksam nach Beute ab. Wenn er eine passende Beute entdeckt hat, so schleicht er sich möglichst nah an das Tier heran, springt das Opfer an und tötet es mit einem Biss in die Kehle.
Zieht das Leopardenweibchen den Nachwuchs allein auf?
In der ersten Zeit nicht, denn im Gegensatz zu Tiger und Jaguar bleiben weibliche und männliche Leoparden auch nach der Paarung zusammen. Meist beteiligt sich das Männchen sogar an der Nahrungsbeschaffung und Aufzucht der Jungtiere. Nach einer dreimonatigen Tragzeit werden zwei bis fünf Junge geboren, von denen meistens nur ein oder zwei Tiere überleben. Nach drei Monaten begleiten sie die Mutter bei der Jagd und lernen von ihr alle wichtigen Jagdtechniken. Mit einem Jahr erlegen sie bereits erste Kleintiere. Erst im Alter von zwei Jahren verlässt der Nachwuchs die Mutter, wenn diese sich nach einem neuen Partner umsieht. Leoparden erreichen in der Wildnis ein Alter von etwa 15 Jahren.
Warum weiß man so wenig über den Schneeleoparden?
Weil diese Großkatze fast immer in unwegsamem Gelände im Hochgebirge, ihrem bevorzugten Lebensraum, unterwegs ist und es große Schwierigkeiten bereitet, dort ihren Spuren zu folgen oder sie zu beobachten. Der Schneeleopard (Uncia uncia) ist in zwölf Staaten Zentralasiens – darunter Afghanistan und die Mongolei – heimisch.
Sicher wissen wir vom Schneeleoparden, dass er bei der Jagd in seinem häufig mehr als 100 Quadratkilometer großen Revier oft weite Strecken zurücklegen muss. Zu seinen Beutetieren gehören Steinböcke, Schafe und Moschustiere, aber auch Vögel. Er tötet seine Opfer, indem er ihnen die Kehle durchbeißt. Schneeleoparden sind typische Einzelgänger. Nur zur Paarungszeit und zur Aufzucht der Jungen kommen Weibchen und Männchen zusammen.
Kann man Jaguar und Leopard verwechseln?
Ja, denn Jaguar und Leopard sehen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich: Beide Katzen haben ein bräunlich gelbes Fell, das mit dunklen Rosetten betupft ist. Aber nur beim Jaguar umgeben die Rosetten kleine Punkte. Außerdem hat er einen plumperen und muskulöseren Körper als der Leopard und einen kürzeren Schwanz.
In freier Wildbahn wird man indes nicht in die Verlegenheit geraten, die Tiere zu verwechseln, da sie unterschiedliche Kontinente besiedeln: Der Jaguar ist die einzige Großkatze Amerikas. Einst war er in den Wäldern der Tieflandregionen ganz Mittel- und Südamerikas verbreitet und selbst in Arizona, Neumexiko und Texas anzutreffen. Im Süden der USA, in fast ganz Mexiko, weiten Teilen Ostbrasiliens und Argentiniens ist die elegante Großkatze heute ausgerottet, ihre Verbreitung konzentriert sich auf den Norden und die Mitte des südamerikanischen Kontinents.
Warum sind Jaguare so unterschiedlich groß?
Die Größe der Jaguare – sie erreichen Körperlängen von 1,10 bis etwa 1,85 Metern – ist von ihrem Lebensraum abhängig. Tiere, die im dichten Regenwald des Amazonasbeckens leben, sind häufig nur halb so groß wie Exemplare, die offeneres Gelände bewohnen. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Beutetiere der Jaguare in der Steppe oft größer sind. Waldbewohner sind außerdem häufig dunkler gefärbt, was ihnen im Regenwald, wo keine besonders guten Lichtverhältnisse herrschen, eine bessere Tarnung bietet.
Kann der Jaguar wirklich Schädel knacken?
Ja, der Jaguar ist – verglichen mit anderen Katzen seiner Größe – mit äußerst kräftigen Kiefern ausgestattet, die es ihm ermöglichen, seine Opfer dadurch zu töten, dass er ihren Schädel mit einem kräftigen Biss durchbohrt. Selbst den Gürteltieren, die in manchen Urwaldgebieten zu seinen hauptsächlichen Beutetieren zählen, bietet ihre Panzerung aus Hornplatten keinen ausreichenden Schutz.
Darüber hinaus ist er wie der Braunbär in der Lage, mit seiner Tatze Fische zu fangen, und erbeutet häufig sogar Kaimane und Schildkröten, deren Kadaver er vom Wasser wegschleppt und dann im dichten Unterholz verbirgt.
Übrigens: Das Beutespektrum des Jaguars ist breit. Zu den Tieren, die er jagt, gehören große Nutztiere wie Rinder und Pferde – diese »Vorliebe« hat ihm die Feindschaft der Bauern eingetragen – ebenso wie Hirsche, Wasserschweine, Tapire, Pekaris, größere Nagetiere oder Reptilien, Affen und Fische.
Wie schnell ist der Gepard?
Der Gepard (Acinonyx jubatus) verfolgt mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 110 Stundenkilometern seine Beute. Er ist somit der schnellste Sprinter der Savanne und in puncto Schnelligkeit reicht kein Landtier an ihn heran.
Die Natur hat den Geparden für diese Hetzjagd bestens ausgestattet. Seinen schlanken, stromlinienförmigen Körper durchzieht eine äußerst biegsame Wirbelsäule, so dass er im Spurt seine langen Hinterbeine weit vor den Vorderbeinen aufsetzen und bei jedem Satz eine große Strecke zurücklegen kann. Harte Laufschwielen, mit denen die schmalen Tatzen gepolstert sind, und nicht einziehbare Krallen ermöglichen ihm einen schnellen Antritt: Innerhalb von zwei Sekunden kann er eine Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern erreichen – auch ein Ferrari beschleunigt nicht stärker! Große Nasenöffnungen und Lungen versorgen die Muskulatur des Jägers während der schnellen Sprints mit ausreichend Sauerstoff. Und der lange, weit nach hinten gestreckte Schwanz wirkt bei raschen Richtungswechseln wie eine Balancierstange.
Übrigens: Gepardenweibchen haben meist zwei bis vier Junge. Bereits im Alter von etwa zwei Monaten begleitet der Nachwuchs die Mutter bei der Jagd, zunächst aber noch als Zuschauer. Die Unterweisung beginnt ab dem siebten Monat.
Wo lebte der Kaplöwe?
Der Kaplöwe (Panthera leo melanochaita) war einst im Süden Afrikas vom Kap der Guten Hoffnung bis nach Natal verbreitet, wo er 1858 bzw. 1865 ausgerottet wurde. Damit fiel diese große Löwenart mit besonders eindrucksvoller schwarzer Mähne, die auch den Bauch bedeckte, einer Verfolgung durch den Menschen zum Opfer, welche die Masse der frei lebenden Großtiere in Südafrika betraf: Sie wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts rücksichtslos abgeschossen. Vor allem der Löwe, das größte Raubtier, das dem Menschen gefährlich werden konnte und als Beute auch Haustiere riss, wurde mit allen Mitteln gejagt. Heute gibt es weltweit nur sieben Präparate des Kaplöwen: fünf von männlichen und zwei von weiblichen Tieren. In Deutschland können sie im Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart und im Städtischen Museum in Wiesbaden bewundert werden.
Übrigens: Aus Trickfilmen dürfte das stattliche Tier auch einigen bekannt sein; so ist Scar aus Disneys »König der Löwen« ein Kaplöwe.
Wussten Sie, dass …
sich die Großkatzen von den Kleinkatzen durch den vollständig behaarten Nasenspiegel (»Nasenrücken«) unterscheiden? Außerdem können Großkatzen brüllen, aber nicht ohne Atemholen schnurren, bei den Kleinkatzen ist es umgekehrt.
das Gebrüll des Löwen noch in bis zu acht Kilometern Entfernung zu hören ist?
der Bestand der Tiger seit dem letzten Jahrhundert dramatisch abgenommen hat? Streiften vor 100 Jahren noch 100 000 Tiger durch die Wälder, sind es heute gerade noch etwa 6000.
Was symbolisieren Löwen in den unterschiedlichsten Kulturen?
Löwen gelten in vielen Kulturen als Symbol der Macht, des Mutes und der Kraft. Bereits auf den ägyptischen Pharaonengräbern sind Löwen abgebildet und in China bewacht seit Jahrtausenden ein steinernes Löwenpaar Palast- und Tempeleingänge. Löwen zieren als Schutzsymbol darüber hinaus z. B. Tempelgiebel und Stadttore.
In der christlichen Ikonographie ist der Löwe zwar manchmal negativ besetzt, z. B. wenn er den Satan und Antichristen symbolisiert. Zugleich ist er aber auch dem Evangelisten Markus zugeordnet.
Besonders geschätzte oder mächtige Herrscher wurden im Mittelalter mit dem Beinamen »der Löwe« geehrt, darunter Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern (1129–1180), oder Richard I. »Löwenherz«, König von England (1157–1199). Auch in der Neuzeit ist der Löwe ein beliebtes Symbol geblieben: In Deutschland ziert er beispielsweise die Wappen der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen und Schleswig-Holstein.
Wussten Sie, dass …
inzwischen mehr Tiger in zoologischen Gärten leben als in der freien Wildbahn?
ein ausgewachsener Tiger immerhin etwa acht Kilogramm Fleisch pro Tag benötigt und bei einer einzigen Mahlzeit bis zu 50 Kilogramm Fleisch vertilgen kann?
Wussten Sie, dass …
der Schneeleopard zu den Großkatzen gezählt wird, obgleich er nicht brüllen, sondern nur schnurren kann? Diese Zuordnung verdankt er seinem unvollständig verknöcherten Zungenbein.
der Leopard im Mittleren Osten ausgerottet wurde?
der Amurleopard (Panthera pardus orientalis) am stärksten gefährdet ist und man vermutet, dass keine 50 Tiere mehr in freier Wildbahn existieren?
Sind Panther und Leoparden unterschiedliche Arten?
Nein, beide Tiere stellen Farbvarianten derselben Art dar. Die auch als Schwarze Panther bezeichneten schwarzen Leoparden kommen in Afrika und Südostasien vor. Besonders häufig sind sie in Asien anzutreffen: In den dichten Regenwäldern bietet die schwarze Farbe eine bessere Tarnung bei der Jagd.
Das Fell Schwarzer Panther weist die charakteristische Rosettenzeichnung der braunen Leoparden auf. In freier Wildbahn pflanzen sich schwarze und gefleckte Leoparden miteinander fort, wobei die Würfe dann sowohl aus schwarzen als auch aus gefleckten Jungen bestehen. Dass Schwarze Panther besonders wild und unzähmbar sind, ist eine Legende – sie verhalten sich nicht anders als ihre »normal gefärbten« Artgenossen.
Welche Rolle spielt der Jaguar in der Kultur?
Jaguare waren und sind für die indigene Bevölkerung Mittel- und Südamerikas das, was der Löwe in Afrika und Europa ist: Das furchterregendste, aber auch beeindruckendste Raubtier des Kontinents. Entsprechend groß war seine Bedeutung in Mythologie und Volksglauben, viele Völker verehrten das Tier als Gottheit. Jaguarfelle schmückten hochgestellte Persönlichkeiten wie die Könige der Mayas und die oberste Kriegerkaste der Azteken.
Übrigens: Auch als Markenname ist der »Jaguar« beliebt, er steht für Luxusautos, aber auch für eine Spielekonsole, ein Computerbetriebssystem und für einen Jagdpanzer.
Wussten Sie, dass …
die Guarani-Indianer Amazoniens dem Jaguar (Panthera onca) den Namen »yaguara« (»Tier, das im Sprung tötet«) gaben?
es auch beim Jaguar Schwärzlinge gibt?
der Gepard das Kräfte zehrende Tempo von bis zu 110 km/h nur über eine Strecke von höchstens 500 Metern durchhalten kann? Hat er bis dahin das ausgesuchte Opfer nicht geschlagen, muss er die Verfolgung abbrechen.
Geparden weder Groß- noch Kleinkatzen sind, sondern eine eigene Unterfamilie bilden, da sie u. a. ihre Krallen nicht einziehen können?
Für die Lebenden und die Toten
Kolossale Gräber und Kultstätten dienten der Ahnenverehrung und sind Manifeste der neolithischen Kultur. von KLAUS-DIETER LINSMEIER Auf einem Hochplateau im Süden Maltas befindet sich der jungsteinzeitliche Tempelkomplex Hagar Qim (stehender Felsen). Hier gibt es keine eckigen Grundrisse und geraden Mauern, wie man es von...
Auf Beutezug im hohen Norden
Die steigenden Temperaturen und das Schwinden des Eises in der Arktis wecken Begehrlichkeiten. Denn die Region ist reich an Rohstoffen. Und sie bietet Raum für neue Handelsrouten. von RALF BUTSCHER Als am 2. August 2007 drei russische Wissenschaftler an Bord des Tauchboots „Mir-1“ den Nordpol erreichten, setzten sie dort umgehend...