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Hugos Notre Dame von Paris: Ein Meisterwerk der Hochromantik

Vor welcher Kulisse spielt die Geschichte?

Der Roman »Notre Dame von Paris« des Romantikers Victor Hugo (1802–1885) sollte ein lebendiges Erzählpanorama der Stadt im Jahr 1482 sein. Vor allem die »wundervolle Kirche von Notre Dame« wollte Hugo in seinem auch als »Der Glöckner von Notre Dame« bekannten Roman von 1831 sprachlich vor seinen Lesern entstehen lassen. Deshalb verlegte er nicht nur einen großen Teil der dramatischen Handlung in das Innere und auf die Galerien des Pariser Doms; er schuf mit dem – auch syntaktisch komplizierten – Bau von »Notre Dame« eine psychologisch wie kompositorisch raffinierte Erzählkathedrale, deren fantastisch-düstere Szenerie die feierliche Dunkelheit des Domschiffs beschwört und deren groteske Figuren wie gotische Wasserspeier über der Handlung schweben.

Wie begegnen sich der Glöckner und Esmeralda?

»Notre Dame« beginnt im Turm mit dem Läuten der Glocken, das die Pariser zum Karneval ruft. Der bucklige, hässliche Glöckner Quasimodo wird zum Narrenpapst gewählt; die schöne Bettlerin Esmeralda bringt ihm ein Ständchen. In der Nacht versucht Quasimodo erfolglos, Esmeralda zu entführen, die sich zudem des teuflischen Dompropsts Frollo erwehren muss. Frollo hat Quasimodo als Findelkind aufgezogen und zum Glöckner bestimmt. Da Frollo – der selbst als Hexenmeister gilt – Esmeralda nicht gewinnen kann, übergibt er sie als Hexe der Inquisition.

Kann Quasimodo seine Esmeralda retten?

Quasimodo, der Entführung Esmeraldas angeklagt, rettet sie vor ihrer Hinrichtung ins Asyl der Kathedrale; dennoch wird sie verhaftet und erhängt. Aus Rache stürzt Quasimodo seinen Ziehvater von den Türmen Notre Dames in die Tiefe. Zwei Jahre später findet man vor den Toren der Stadt zwei verschlungene Skelette, von denen das männliche einen Buckel aufweist: Die Liebe Quasimodos zu Esmeralda, die in Schwindel erregender Höhe begann, hat in einer makabren »Hochzeit« – unterirdisch – ihr Ende gefunden.

Was macht den Roman zu einem Musterbeispiel?

In der farbenprächtig und temporeich komponierten Geschichte hat Hugo sein Ideal eines Romans, der »zugleich Drama und Epos« sein sollte, idealtypisch umgesetzt: Mit seinem opulenten, teils pittoresk-verklärenden Bild des gotischen Spätmittelalters sowie der Inszenierung einer fantastisch-düstren Atmosphäre ist der Roman ein Musterbeispiel romantisch-»totaler« Literatur. »Notre Dame« begründete Hugos Ruhm als Romancier und bescherte ihm 1841 einen Platz in der Académie française.

Wie entwickelte sich Hugo als Autor weiter?

In seinem voluminösen Roman »Die Elenden« von 1862 begab sich Hugo aus der Höhe des Mittelalters in die Niederungen der französischen Gegenwart; besonders imposant ist seine Darstellung der labyrinthischen, die gutbürgerliche Oberstadt unterminierenden Kanalisation im Kapitel »Im Bauch von Paris«. So entstand aus sozialutopischer Perspektive ein episch breit angelegtes Porträt der gesellschaftlich niederen Klassen. In »Notre Dame von Paris« ist die Pariser Unterwelt der »truards« noch ganz romantisch dargestellt: als Teil eines literarischen Konzepts, das das »große Buch der Baukunst« mit dem Mittelalter für abgeschlossen hielt.

War Hugo »nur« Schriftsteller?

Nein, er war politisch sehr aktiv. Victor Hugo wurde am 26. Februar 1802 in Besançon geboren und tat sich zunächst mit Lyrik hervor. Im Drama »Cromwell« brach er 1827 mit der Formstrenge der Klassik und propagierte eine dichterische »Wahrheit«, die auch dem Hässlichen und Grotesken Genüge tun sollte. Nach der Juli-Revolution sympathisierte er mit den Royalisten, wandte sich 1848 den Republikanern zu und wurde 1849 Mitglied der Gesetzgebenden Nationalversammlung. Nach dem Staatsstreich gegen die Republik 1851 lebte er bis 1870 auf Guernsey. Er starb am 22. Mai 1885 in Paris.

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