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Lymphatisches System: Killern auf der Spur

Wo befindet sich das lymphatische System?

Das lymphatische System zieht sich durch den ganzen Körper und besteht aus einem Netzwerk von Gefäßen und den lymphatischen Organen. Das lymphatische System nimmt Flüssigkeit aus den Körpergeweben auf und führt sie zurück in das Blut. Es ist unverzichtbar für das normale Funktionieren der Zellen, denn es erhält das Gleichgewicht zwischen den Körperflüssigkeiten. Durch seine Zusammenarbeit mit dem Herz-Kreislauf-System und dem Immunsystem unterstützt das lymphatische System den Körper bei der Aufrechterhaltung der Homöostase sowie bei der Bekämpfung von Erregern und Fremdorganismen.

Wie unterstützt das Lymphsystem die Homöostase?

Es nimmt einen Flüssigkeitsüberschuss aus den Körpergeweben auf und überführt ihn zurück in das Blut. Täglich fallen etwa drei bis vier Liter Gewebeflüssigkeit an, die kontinuierlich in den Blutstrom zurückgeführt werden müssen, damit immer ein ausreichendes Blutvolumen zur Verfügung steht. Nur so kann das Herz-Kreislauf-System normal funktionieren.

Zudem resorbiert das lymphatische System Eiweiße und andere Moleküle aus der Gewebeflüssigkeit, die auch als interstitielle Flüssigkeit bezeichnet wird und alle Körperzellen umgibt. Durch die Wirkung des Blutdrucks wird Flüssigkeit aus den engen Blutkapillaren in das Gewebe gepresst. Während die Zellen die benötigten Stoffe, also Glucose, Sauerstoff, Aminosäuren und andere Nährstoffe, aus der Flüssigkeit entziehen, geben sie Kohlendioxid und stickstoffhaltige Abbauprodukte an die Flüssigkeit ab. Der größte Teil der Flüssigkeit wird dann in das Blut rückresorbiert. Die Eiweiße können jedoch nicht mehr in die Blutkapillaren eindringen und werden in die Lymphgefäße aufgenommen. Die Gewebeflüssigkeit in den Lymphgefäßen wird als Lymphe bezeichnet und stellt ein Viertel der Gewebeflüssigkeit, die zwischen den Geweben und dem Blut ausgetauscht wird.

Was wird außerdem auf dem lymphatischen Weg transportiert?

Die Lymphgefäße befördern auch Nährstoffe, die direkt im Verdauungstrakt aufgenommen werden. Bestimmte Stoffe aus unserer Nahrung, hauptsächlich Fette, werden nach ihrer Aufschlüsselung in ihre kleinsten Bestandteile durch die Lymphkapillaren des Darms resorbiert und anschließend ans Blut abgegeben.

Wie beteiligt sich das Lymphsystem an der Krankheitsabwehr?

Es stellt die Lymphozyten bereit, spezialisierte weiße Blutzellen, die in den Lymphknoten und den lymphatischen Organen gebildet werden und mit der Lymphe in alle Körperbereiche transportiert werden. Diese Zellen können Erreger und andere körper-fremde Substanzen erkennen und sie entweder unschädlich machen oder entsprechende Antikörper bilden, um die schädliche Wirkung der Erreger zu mindern. Das lymphatische System filtert die Lymphe und entfernt Fremdkörper, u. a. Bakterien, aus dem Blut und den Geweben. Dieser Vorgang findet in den Lymphknoten statt. Damit ist das lymphatische System Teil des körpereigenen Abwehrsystems gegen Erkrankungen.

Was ist die Lymphe?

Die Lymphe ist eine wässrige, normalerweise klare Flüssigkeit, die durch das Austreten von Blutplasma aus den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren) in das Gewebe entsteht. Sie fließt innerhalb des Gewebes in den Zwischenzellräumen und wird in den Lymphgefäßen gesammelt. Die Lymphe enthält in gelöster Form Fette, bestimmte Plasmaeiweiße, lebende und tote Bakterien und andere Krankheitserreger sowie kleinste Zelltrümmer. Dort, wo sie in der Nähe des Verdauungstrakts verläuft, nimmt die Lymphe durch die Resorption von Fetten und anderen Nährstoffen allerdings ein milchig trübes Aussehen an.

Im Gegensatz zum Blutkreislaufsystem verfügt das lymphatische System nicht über eine Pumpe, mit der die Lymphe durch die Lymphgefäße gepumpt werden könnte. Stattdessen unterstützt die Kontraktion der Skelettmuskulatur in der Umgebung der Lymphgefäße den Weitertransport der Lymphe. Dabei verhindern Klappen – ähnlich den Venenklappen – ihren Rückfluss.

Was macht der Wurmfortsatz im lymphatischen System?

Neueste Forschungen deuten darauf hin, dass der Wurmfortsatz, das für den Verdauungsprozess ganz und gar unnötige Anhängsel am Blinddarm, alles andere als überflüssig ist. Er scheint im Gegenteil sogar eine wichtige Rolle innerhalb des Immunsystems zu spielen. Der Wurmfortsatz enthält lymphatisches Gewebe mit einem hohen Anteil besonderer weißer Blutkörperchen, den Lymphozyten. Sie produzieren Antikörper zur Bekämpfung von Krankheitserregern. Aus diesem Grund schreibt man dem Wurmfortsatz eine Bedeutung in der immunologischen Überwachung zu, d. h., er identifiziert und zerstört eventuelle Erreger, bevor sie in den Dickdarm eindringen.

Worin fließt die Lymphe?

Im Lymphgefäßsystem, das ein Netzwerk von Kanälen bildet, die fast jeden Körperbereich erreichen und mehr oder weniger parallel der Venen verlaufen. Die lymphatischen Netze sind in dem sie umgebenden Gewebe durch winzige Fasern verankert. Die kleinsten Lymphgefäße sind die Lymphkapillaren, mikroskopisch kleine, blind beginnende Gefäße, die überall in den Körpergeweben die Flüssigkeit aus dem Blut aufnehmen. Die Lymphkapillaren verbinden sich zu Lymphbahnen und diese wiederum zu den Lymphstämmen.

Der Körper verfügt über zwei Hauptlymphgänge. Die Lymphe der rechten oberen Körperseite mündet schließlich in den rechten Hauptlymphgang (Ductus lymphaticus dexter) und entlässt die Lymphe in die rechte Schlüsselbeinvene. Der zweite und größere Hauptlymphgang ist der Milchbrustgang (Ductus thoracicus). Er nimmt die Lymphe aus den restlichen Körperbereichen auf und entlässt sie in die linke Schlüsselbeinvene.

Was kennzeichnet die kleinsten Lymphgefäße?

Die Lymphkapillaren haben eine extrem dünne und äußerst durchlässige Wand. Sie ist mit winzigen Klappen ausgestattet, die sich, ähnlich wie Flügeltüren, nur in eine Richtung öffnen und die Gewebeflüssigkeit in die Lymphkapillaren eindringen lassen, ihren Rückfluss ins Gewebe aber verhindern.

Welche besondere Rolle spielen die Lymphknoten?

Die Lymphknoten (Nodi lymphatici) sind kleine Körperchen, die die Erreger aus der Lymphe herausfiltern. Sie liegen entlang der Lymphbahnen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur. Lymphknoten finden sich überall innerhalb des lymphatischen Systems, sind aber besonders zahlreich am Hals, in der Achselhöhle und im Leistenbereich, d. h. in unmittelbarer Nähe zu den Haupteintrittspforten für potenzielle Krankheitserreger.

Lymphknoten haben einen Durchmesser von 1 bis 20 Millimeter. Im Innern des Lymphknotens befindet sich ein Fasernetz mit einer großen Anzahl an eingelagerten Lymphozyten und Makrophagen. Mehr als zehn Milliarden dieser Zellen werden täglich in den Lymphknoten gebildet.

Die Lymphe tritt über ein zuführendes Gefäß in den Lymphknoten ein. Während sie langsam durch das Fasernetz sickert, entdecken und zerstören die Lymphozyten und Makrophagen vorhandene Erreger und entfernen außerdem Zelltrümmer und entartete Zellen. Die gefilterte Lymphe verlässt den Lymphknoten über ein ableitendes Lymphgefäß und setzt ihren Weg in Richtung Blutstrom fort.

Welche anderen Organe zählen zum lymphatischen System?

Neben den Lymphknoten stellen auch Milz, Mandeln, die Peyer-Plaques im Dünndarm, Knochenmark und Thymusdrüse einen Teil des lymphatischen Systems dar. Von den lymphatischen Organen ausgehend starten die Zellen des Immunsystems ihre Angriffe auf eindringende Erreger.

Die Milz: Die etwa faustgroße Milz (Splen) ist das größte lymphatische Organ. Sie liegt links des Magens und wird von den untersten Rippen geschützt. Sie beherbergt Phagozyten und Lymphozyten und überwacht und steuert die Qualität der zirkulierenden roten Blutkörperchen, indem sie überalterte Blutzellen identifiziert und abbaut.

Die Mandeln: Im Rachen liegt der lymphatische Rachenring, bestehend aus drei jeweils paarig angelegten Mandeln (Tonsillen), die an den Eintrittspforten zu Atem- und Verdauungssystem das Eindringen von Erregern mit der Nahrung und der Atemluft verhindern sollen. Die Gaumenmandeln sind am größten und anfälligsten für Infektionen und liegen seitlich in der hinteren Mundhöhle. Die Zungenmandeln liegen am Zungengrund, die Rachenmandeln – im Volksmund als Polypen bezeichnet – im Nasenrachen.

Die Peyer-Plaques: Die Peyer-Plaques sind Anhäufungen von Lymphfollikeln in den Wandungen des unteren Dünndarms und des Wurmfortsatzes. Sie bilden lymphatische Stützpunkte, von denen aus die Makrophagen in den Dickdarm gelangende Erreger aufspüren und zerstören. Zudem enthalten sie Antikörper bildende B-Lymphozyten.

Das Knochenmark: Das rote Knochenmark in den platten Knochen und den Epiphysen der Röhrenknochen bildet die Stammzellen, die zu Lymphozyten heranreifen, und die Monozyten, die sich zu Makrophagen entwickeln.

Die Thymusdrüse: In der zweilappigen Thymusdrüse, die hinter dem oberen Teil des Brustbeins liegt, entwickeln sich die im Knochenmark gebildeten Stammzellen zu hochspezialisierten T-Lymphozyten.

Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung …

Lymphom? Darunter versteht der Arzt eine Lymphknotenvergrößerung, die gutartig (wenn sie z. B. im Rahmen entzündlicher Prozesse entsteht) oder auch bösartig (z. B. bei einem Tumorleiden) sein kann.

Pfeiffer'sches Drüsenfieber? Bei der »Kusskrankheit« besteht eine grippeähnliche Virus-Infektion, die im jungen Erwachsenenalter zu Fieber, Rachenentzündung mit schmutziggrauen Belägen auf den Rachenmandeln sowie schmerzhaften Lymphknotenschwellungen im Halsbereich führt. Da das Virus durch Speichel übertragen wird, heißt sie auch Kusskrankheit.

Tonsillitis? Die verbreitete »Mandelentzündung« ist eine durch Viren oder Bakterien hervorgerufene Entzündung des Rachenrings, v. a. der Gaumenmandeln. Die akute Form wird wegen der Halsverengung durch die Entzündung auch als Angina bezeichnet. Sie beginnt plötzlich mit hohem Fieber, Schwellung, Rötung und Belag der Tonsillen und führt zu sehr schmerzhaften Schluckbeschwerden.

Hodgkin-Lymphom? Die auch Lymphogranulomatose genannte »bösartig verlaufende Erkrankung der lymphatischen Gewebe« geht in der Regel von den Lymphknoten aus. Meist sind die Lymphknoten im Halsbereich geschwollen, die Milz ist krankhaft vergrößert und es kommt zu Fieberschüben und allgemeinem Leistungsabfall.

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