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Nieren: Millionen Knäuel im Dienste der Entgiftung

Was wird in den Nieren entgiftet?

Die Nieren befreien unser Blut von Fremdsubstanzen wie Arzneimittel oder Umweltgifte. Täglich strömen etwa 1800 Liter Blut in konstantem Fluss durch die paarig angelegten Organe. Der Blutstrom wird durch mehr als eine Million verschlungene, röhrenförmige Filtereinheiten geleitet, die dicht an dicht im Innern der Niere angeordnet sind. Eine erste Filtration ergibt ein Rohfiltrat, aus dem in einem zweiten Arbeitsgang wichtige und vom Körper dringend benötigte Substanzen wieder in das Blut aufgenommen werden. Die verbleibende Flüssigkeit wird danach als Urin ausgeschieden.

Der Bau der Nieren ist optimal auf ihre Funktion abgestimmt. Die beiden Nieren bearbeiten das sie durchfließende Blut auf eine Weise, die mit einem Minimalaufwand an Energie ständig anfallende »Stoffwechselschlacken« und überflüssiges Wasser aus dem Blut entfernt.

Welche weiteren Aufgaben übernehmen die Nieren?

Neben der Ausscheidung von Fremdsubstanzen und ihrer Aufgabe bei der Aufrechterhaltung des Wasser- und Salzhaushalts sind die Nieren an der Regulierung des Blutdrucks und der Aktivierung von Vitamin D beteiligt. Sie erhalten das Säure-Basen-Gleichgewicht aufrecht und unterstützen die Bildung von Blutzellen.

Wo befinden sich die Nieren?

Sie liegen links und rechts der Wirbelsäule im oberen Bereich der Bauchhöhle unterhalb des Zwerchfells an der hinteren Bauchwand und damit höher, als den meisten Menschen bewusst ist. Die rechte Niere, von der Leber »verdrängt«, liegt normalerweise etwas tiefer als die linke Niere.

Übrigens: Am besten ertasten Sie die Lage Ihrer Nieren, indem Sie die Hände auf die Hüften und die Daumen auf den Rücken legen. Die Nieren sitzen neben den Daumenspitzen.

Wie groß sind unsere Entgiftungsorgane?

Eine Niere (Ren oder Nephros) ist etwa zwölf Zentimeter lang, sechs Zentimeter breit und drei Zentimeter dick. Die paarig angelegten Nieren bestehen aus rötlich braunem Organgewebe und erinnern in ihrer äußeren Form an Bohnen. Auf der inneren Seite jeder Niere liegt der Nierenhilus, eine vertikale Einbuchtung, die Ein- und Austrittsort für Blutgefäße, Nerven und Harnleiter ist. Die Nieren werden von der dünnen Nierenkapsel umhüllt, die das Organ schützt und ihm das typische, glänzende Aussehen verleiht. Eine Schicht aus Fettgewebe dient nicht nur als Verankerung an der hinteren Bauchwand, sondern auch als Isolation und zum Schutz vor groben Erschütterungen oder Stoßverletzungen. Auf den Nieren liegen die Nebennieren, die Teil des endokrinen Systems sind.

Wie sind die Nieren aufgebaut?

Ein vertikaler Schnitt durch die Niere zeigt eine klare Aufteilung in drei verschiedene Zonen: Das Organ besteht aus der Nierenrinde, dem Nierenmark und dem Nierenbecken. Zwischen der Nierenrinde und dem Nierenmark jeder Niere sitzen etwa 1,25 Millionen winzigste, röhrenförmige Strukturen. Diese mikroskopischen Filtereinheiten, die Nephrone, sind für die Produktion von Urin zuständig.

Die Nierenrinde: Die Nierenrinde (Cortex renalis) ist ein Gewebe von weicher Struktur, das sich von der außen liegenden Nierenkapsel bis zum Nierenmark erstreckt.

Das Nierenmark: Mehrere kegelförmige Gewebemassen – die Markpyramiden oder Nierenläppchen – bilden das Nierenmark (Medulla renalis). Die Spitzen der Markpyramiden heißen Nierenpapillen und zeigen ins Zentrum der Niere. Die Markpyramiden erscheinen gestreift, da sie aus einer riesigen Anzahl parallel verlaufender Nierenkanälchen bestehen, die den neu gebildeten Urin in Richtung Nierenbecken leiten.

Das Nierenbecken: Das Nierenbecken (Pelvis renalis) ist eine abgeflachte, trichterförmige Röhre im Innern des Organs. Abzweigungen des Nierenbeckens, die Nierenkelche, umschließen die Öffnungen der Markpyramiden und leiten den Urin in das Nierenbecken und weiter zum Harnleiter, durch den er dann in die Harnblase fließt.

Von den drei Nierenzonen stellen die äußere Nierenrinde und das Nierenmark im Innern den Ort dar, an dem der Urin gebildet wird. Die dritte Zone, das Nierenbecken, befindet sich ganz im Zentrum der Niere. Der Urin fließt aus dem Nierenmark ins Nierenbecken und wird von dort Richtung Harnleiter und aus dem Körper geleitet.

Wo findet die Ausfilterung der Giftstoffe statt?

In den Nephronen. Sie leisten die Filterarbeit der Niere. Jedes Nephron ist eine funktionelle Einheit aus zwei Baukomponenten, dem Nierenkörperchen und den Nierenkanälchen. Das Nierenkörperchen ist eine Ansammlung von Kapillaren, die das Blut zum Nephron hin- und wieder wegführen. Das etwa fünf Zentimeter lange Netz aus Nierenkanälchen verarbeitet die aus dem Blut ausgefilterte Flüssigkeit und bildet daraus den Urin.

Woher kommt die Knäuelstruktur in den Nierenkörperchen?

Sie entsteht durch die feinsten Verzweigungen der Blutgefäße. Das Blut, das zur Entgiftung zu den Nieren geführt wird, tritt durch die von der Aorta kommende rechte und linke Nierenarterie in die Niere ein. Die Arterien verzweigen sich in zuführende Arteriolen und bilden ein verwickeltes Kapillarknäuel. Dieses komplizierte Knäuel bildet das Nierenkörperchen (Glomerulum). Die Kapillaren besitzen gefensterte und damit äußerst durchgängige Wände, durch die die Flüssigkeit aus dem Blut in die das Nierenkörperchen umgebende Kapsel austreten kann. Das Kapillarknäuel vereinigt sich anschließend zu einer abführenden Arteriole, die das Blut aus dem Nierenkörperchen führt und in eine Abzweigung der Nierenvene mündet, die das Blut wieder von den Nieren wegtransportiert. In den Nierenkörperchen erfolgt der erste Filterschritt.

Was passiert in den Nierenkanälchen?

Hier spielt sich der zweite Filterschritt der Nieren ab. Die Gesamtheit der Nierenkanälchen (Nierentubuli) heißt in der Fachsprache auch Tubulusapparat. Dieser teilt sich in vier Komponenten auf und besteht aus der Glomerulumkapsel, dem nahen Tubulusanteil, der Henle-Schleife und dem entfernten Tubulusanteil. Der erste Teil des Nierentubulus bildet eine becherförmige Struktur, die als Glomerulumkapsel oder Bowman-Kapsel bezeichnet wird. Sie umgibt das eigentliche Nierenkörperchen. Von der Bowman-Kapsel aus windet sich der Nierentubulus in verschiedenste Richtungen und bildet den nahen Tubulusanteil. Dieser setzt sich in einem engen Rohr fort, das in einer scharfen Biegung, der so genannten Henle-Schleife, wieder nach oben in Richtung Nierenmark verläuft. Wieder windet und verdreht sich der Tubulus in verschiedene Richtungen und bildet den entfernten Tubulusanteil. Dieser mündet zusammen mit den entsprechenden Tubuli anderer Nephrone in ein gemeinsames Sammelrohr, das den in den Nephronen produzierten Urin schließlich in das Nierenbecken weiterleitet.

Braucht das Nierengewebe selbst auch Blut?

Ja. Damit die Nieren stets funktionstüchtig bleiben, muss das Organgewebe kontinuierlich mit Sauerstoff und Nährstoffen aus dem Blut versorgt werden. Dazu dienen Arteriolenkapillaren aus dem arteriellen Zufluss zur Niere. Sie gehen nach Versorgung der Nierenzellen in venöse Gefäße über.

Was leisten die Nieren?

Die folgenden Zahlen verdeutlichen die äußerst wichtige Rolle der Nieren bei der Homöostase des Bluts und auch der Gewebeflüssigkeit.

  • Die Nierenarterien transportieren 25 Prozent des Herzminutenvolumens (das Volumen, das von jeder Herzkammer pro Minute ausgestoßen wird) zu den Nieren. Dieses Volumen beträgt etwa 1,2 Liter Blut pro Minute.
  • Die Nierenkörperchen sind als Filter 1000-mal effizienter als andere Kapillaren. Die Nierenkörperchen produzieren täglich etwa 180 Liter Filtrat.
  • Der größte Teil dieses Filtrats wird über die Nierentubuli in den Körper rückresorbiert. Nur ein Prozent davon, etwa 1,5 Liter, verlassen den Körper als Urin.
  • Der gesamte Blutbestand des Körpers wird von den Nieren etwa 60-mal pro Tag gefiltert.

Was versteht der Mediziner unter …

Nephrolithiasis? Hier handelt es sich um das »Nierensteinleiden«, bei dem man Steine (Konkremente) in der Niere, dem Nierenkelchsystem, dem Nierenbecken oder den Harnleitern findet. Beschwerden treten v. a. dann auf, wenn Steine in den Nierenkelchen oder in die Harnleiter wandern und zu kolikartigen Schmerzen, Übelkeit, Verminderung der Harnausscheidung und Blut im Urin führen.

Zystenniere? Bei dieser Fehlbildung treten in beiden Nieren Zysten auf. Erblich bedingte Zystennieren gehen häufig auch mit Zystenbildung in Leber und Bauchspeicheldrüse einher. Zystennieren führen zu allmählichem Funktionsausfall der Nieren, der auf längere Sicht eine Dialyse-Therapie erforderlich macht.

Nephritis? Dies bezeichnet eine »Entzündung der Niere«, die sich entweder mehrheitlich am Gefäßsystem oder am zwischen den Tubuli gelegenen Bindegewebe manifestiert. Als Ursachen kommen z. B. eine aufsteigende Harnwegsinfektion, eine Autoimmunerkrankung, eine Strahlenschädigung oder Vergiftungen (beispielsweise durch Blei) in Frage.

Pyelonephritis? Die »bakterielle Niereninfektion« betrifft v. a. die Nierenpapillen und das Nierenbecken. Die akute Form geht mit Fieber, Flankenschmerzen und Abgeschlagenheit einher. Die Behandlung besteht in der Gabe von Antibiotika.

Glomerulonephritis? Dies ist eine entzündliche Nierenerkrankung, bei der vor allem die Glomeruli der Nierenrinde betroffen sind. Die Erkrankung zeigt sich an der Eiweiß- und Blutausscheidung im Urin sowie einem Blutdruckanstieg, Wassereinlagerungen ins Gewebe und Schmerzen in der Nierengegend. Ist sie erst einmal chronisch geworden, kann sie zu Nierenschwäche führen.

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