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Ohren: Spezialisten für die Töne

Wie viele Geräusche können wir wahrnehmen?

Das Gehör befähigt uns Menschen, zwischen mehr als 400 000 verschiedenen Geräuschen zu differenzieren, sei es das Weinen eines Kindes, Musik oder auch Sprache. Geräusche oder Töne werden über das Ohr wahrgenommen. Außerdem kommt diesem Sinnesorgan eine wichtige Aufgabe bei der Orientierung im Raum zu. Es ist in drei verschiedene Abschnitte gegliedert und besteht aus dem äußeren Ohr, dem luftgefüllten Mittelohr und dem mit Flüssigkeit gefüllten Innenohr. Der Hauptteil des Ohrs weist höchst empfindliche Strukturen auf und liegt hinter dem Schläfenbein verborgen.

Welche Bereiche gehören zum äußeren Ohr?

Was wir vom Ohr sehen, ist nur das äußere Ohr (Auris externa), und davon vor allem die Ohrmuschel (Auricula). Daran schließt sich der äußere Gehörgang (Meatus acusticus externus) an. Die knorpelige Ohrmuschel bildet eine Art Schalltrichter und leitet die empfangenen Töne in den etwa 2,5 Zentimeter langen Gehörgang. Spezielle Drüsen in der Haut des Gehörgangs sondern ein dickflüssiges Sekret ab, das Ohrenschmalz (Cerumen). Zusammen mit den winzigen Haaren des äußeren Gehörgangs sorgt das Ohrenschmalz für die Selbstreinigung des Gehörgangs und bindet Staub und kleine Partikel.

Am Ende des Gehörgangs liegt das Trommelfell (Membrana tympani). Es bildet die Grenze zum Mittelohr. Ähnlich einem tatsächlichen Trommelfell besteht es aus einer straff gespannten Membran, die mit den ankommenden Schallwellen mitschwingt.

Wie ist das Mittelohr aufgebaut?

An das Trommelfell schließt sich im luftgefüllten Mittelohr (Auris media) die so genannte Paukenhöhle (Cavitas tympanica) an. Diese ist von der Kette der winzigen Gehörknöchelchen durchzogen: Hammer, Steigbügel und Amboss. Der Hammer (Malleus) ist am Trommelfell befestigt, der Steigbügel (Stapes) an der Steigbügelplatte über dem so genannten ovalen Fenster, das ins Innenohr führt. Der zentrale Amboss (Incus) verbindet den Hammer durch frei bewegliche Gelenke mit dem Steigbügel. Diese besondere Anordnung dient der idealen Weiterleitung des Schalls. Das Trommelfell gerät durch die ankommenden Schallwellen in Schwingungen. Diese werden durch die drei Gehörknöchelchen ins Mittelohr und auf das ovale Fenster übertragen, da die Zugbewegungen des Steigbügels auch die Steigbügelplatte in verstärkte Schwingungen versetzen. Dadurch kommt es zu Vibrationen in der Innenohrflüssigkeit.

Wie gelangen Bakterien ins Mittelohr?

Sie steigen aus dem oberen Rachenraum über einen Verbindungsgang zum Mittelohr hinauf und können dort zur schmerzhaften Mittelohrentzündung führen. Dieser Durchlass heißt Ohrtrompete oder Eustachische Röhre. Er dient dazu, den Druck im Mittelohr dem Druck in der äußeren Umgebung anzugleichen. Bei ungleichen Druckverhältnissen wird die normale Vibrationsfähigkeit des Trommelfells behindert und somit das Hörvermögen beeinträchtigt. Wenn wir schlucken oder gähnen, öffnet sich die normalerweise abgeflachte Röhre zum Druckausgleich und damit auch zum Schutz des Trommelfells.

Wo befindet sich das eigentliche Hörorgan?

Im Innenohr. Das Innenohr (Auris interna) oder Labyrinth besteht aus einer Reihe von knöchernen, mit Flüssigkeit gefüllten Kammern, die membranige Kanäle enthalten. Das eigentliche Hörorgan ist die Schnecke (Cochlea), ein in der Form eines Schneckenhauses gewundener Knochen.

Die Schnecke wird durch zwei Membrane, die Vestibularmembran (Reissner-Membran) und die Basilarmembran, in drei parallel verlaufende Gänge getrennt: Die Vorhoftreppe und die Paukentreppe liegen beiderseits des zentralen Schneckengangs. Innerhalb des Schneckengangs sitzt auf der Basilarmembran das Corti-Organ, der Ort der Geräuscherkennung. Dieses Organ enthält etwa 15 000 Hörzellen mit je bis zu 100 Sinneshaaren, die die darüberliegende Deckmembran (Membrana tectoria) berühren.

Wussten Sie, dass …

das menschliche Ohr Geräusche von einer Tonstärke zwischen 20 und 20 000 Hertz (Hz) wahrnehmen kann? Katzen können Geräusche bis zu 65 000 Hz, Fledermäuse sogar bis zu 120 000 Hz wahrnehmen.

wir zwischen dem höchsten und dem tiefsten hörbaren Ton 1500 unterschiedliche Töne differenzieren können?

wir auch ohne zu sehen ein Geräusch relativ gut orten können? Unser Gehirn vergleicht nämlich die unterschiedlichen Informationen beider Ohren und kann auf drei Grad genau feststellen, aus welcher Richtung das Geräusch kommt.

ein Staubsauger eine Lautstärke von 75 Dezibel (dB) und ein Motorrad etwa 100 dB produziert? Die leisesten Töne, die das menschliche Ohr wahrnehmen kann, entsprechen 0 db. Ab 80 dB sind auf Dauer Gehörschäden zu erwarten.

Über wie viele Sinne verfügt der Mensch?

Der Körper kann auf fünf Hauptsinne zurückgreifen, nämlich die Funktionen Riechen, Schmecken, Hören, Sehen und Fühlen. Die vier ersten Funktionen werden auch spezifische Sinnesfunktionen genannt und haben ihren Sitz in den Sinnesorganen des Kopfes. Das Gefühl gehört zusammen mit dem Tastsinn, dem Empfinden von Druck und Vibration sowie dem Temperatur- und Schmerzempfinden zu den allgemeinen oder somatischen Sinnen. Die Wahrnehmung dieser Reize läuft über Sensoren in der Haut und anderen Körpergeweben. Zu diesen Sensoren gehören auch Dehnrezeptoren, die die Streckung von Muskeln und Sehnen registrieren und dem Gehirn die Überwachung der jeweiligen Körperbewegungen und der Körperposition im Raum ermöglichen.

Wie verwandeln sich Schallwellen in Töne?

Die Steigbügelplatte im Mittelohr überträgt die Schallwellen auf die Flüssigkeit der Vorhoftreppe. Die Wellen pflanzen sich durch die Vestibularmembran über den Schneckengang fort und versetzen die Basilarmembran in Schwingungen. Diese Vibration bewegt die Haarzellen im Corti-Organ gegen die Deckmembran und erzeugt dadurch Nervenimpulse, die über den Cochlearnerv zur Hirnrinde geleitet werden, wo sie dann als Töne wahrgenommen werden können.

Das Gehirn kann zwischen verschiedenen Tonhöhen differenzieren, da unterschiedliche Rezeptoren für die Reizaufnahme zuständig sind. Hohe Töne werden von den Hörzellen in der Nähe des ovalen Fensters aufgenommen, tiefe Töne stimulieren die Sinneshaare der Hörzellen im Bereich der Schneckenspitze. Die Differenzierung zwischen verschiedenen Lautstärken hängt jedoch von der Anzahl der stimulierten Hörzellen ab. Leise Töne etwa stimulieren nur einige wenige Hörzellen, bei steigender Lautstärke werden immer mehr Sinneshaare erregt. Diese übertragen den Reiz auch auf benachbarte Hörzellen.

Wofür benötigen wir das Gleichgewichtsorgan?

Für eine klare räumliche Orientierung. Dazu befinden sich im Labyrinth des Innenohrs außerdem der Vorhof (Vestibulum) und die Bogengänge. Hier ist der Sitz des Gleichgewichtsorgans.

Die drei flüssigkeitsgefüllten Bogengänge sind jeweils rechtwinklig zueinander in den drei Ebenen des Raums angeordnet. An ihrer Basis befinden sich Erweiterungen (Ampullen) mit Sinneshaaren, die in einer gallertartigen Masse (Kuppel) eingebettet sind. Bei jeder Kopfbewegung bewegt sich die Flüssigkeit in einem oder mehreren Bogengängen in die jeweils andere Richtung und die Kuppel wird zur Seite abgelenkt. Die Haarzellen erzeugen daraufhin Nervenimpulse, die ins Gehirn weitergeleitet werden. Durch Analyse des Innervationmusters und Bestimmung des jeweils betroffenen Bogengangs kann das Gehirn Veränderungen in der Richtung der Kopfbewegung überwachen.

Der Vestibularapparat enthält zwei weitere Gleichgewichtssensoren: das große und das kleine Vorhofsäckchen. Das große Vorhofsäckchen ist für die Überwachung von Beschleunigung und Verlangsamung zuständig, das kleine Vorhofsäckchen registriert die Neigung oder Umkehrung des Kopfes.

Wie schützen und pflegen Sie Ihre Ohren?

Die folgenden Empfehlungen tragen zur Pflege und Vermeidung von Verletzungen und Erkrankungen bei:

  • Verwenden Sie Wattestäbchen nur zur Reinigung der Ohrmuschel.
  • Hantieren Sie nie mit scharfen Gegenständen im Gehörgang.
  • Ohrenschmalzpfropfen können Schwerhörigkeit oder Infektionen verursachen. Lassen Sie sie von einem Arzt entfernen.
  • Nach dem Baden oder Schwimmen sollten die Ohren immer vollständig getrocknet werden, um eine Infektion zu verhindern.
  • Schützen Sie die Ohren konsequent vor Lärm.

Was versteht der Hals-Nasen-Ohrenarzt unter …

Otosklerose? Diese meist bei Frauen vorkommende erbliche Erkrankung führt zu herdförmigen Verknöcherungen im Labyrinth des Innenohrs. Die Folge sind Ohrensausen und Schwerhörigkeit.

Schallleitungsschwerhörigkeit? So wird die Schwerhörigkeit bezeichnet, die auf einer gestörten Schallleitung im Mittelohr (so genannte Mittelohrschwerhörigkeit) oder im äußeren Ohr (z. B. durch einen Verschluss des Gehörgangs durch Ohrenschmalz) beruht.

Otitis media? Die »Mittelohrentzündung« ist meist Folge einer Infektion, die zu Ohrenschmerzen, Fieber, Schwerhörigkeit, evtl. auch Druckschmerzhaftigkeit des Ohrs führt.

Presbyakusis? Die »Altersschwerhörigkeit« geht ab dem 50. Lebensjahr mit Abnahme der Hörschärfe besonders für Frequenzen oberhalb 3000 Hertz einher. Ursache sind degenerative Prozesse im Innenohr.

Schallempfindungsschwerhörigkeit? Hierunter versteht man die Schwerhörigkeit, die durch Störungen der Schallempfindung im Innenohr (so genannte Innenohrschwerhörigkeit), im Hörnerv oder im Hörzentrum des Großhirns verursacht wird.

Tinnitus? Dies sind nur vom Betroffenen selbst wahrgenommene »Ohrgeräusche«, die als störend bis quälend erlebt werden, z. B. Rauschen, Klingeln oder Pfeifen.

Kinetosen? So werden die »Reisekrankheiten« bezeichnet, die über eine Reizung des Gleichgewichtsorgans durch ungleichmäßige Beschleunigung des Körpers entstehen und z. B. auf einem Schiff zu Schwindel, Übelkeit und Erbrechen führen.

Wie unterscheiden sich Tonhöhe und Lautstärke?

Ein Geräusch ist eine bestimmte Energieform, die das Medium, das sie durchdringt, durch periodische Luftdruckschwankungen in Schwingung versetzt.

Die Tonhöhe, d. h., ob ein Geräusch hoch oder tief klingt, hängt von der Frequenz der Schallwellen ab, nämlich von der Geschwindigkeit, mit der die Druckwellen aufeinander folgen. Hohe Töne haben eine hohe, tiefe eine dementsprechend niedrige Frequenz. Die Frequenz misst man in der Einheit Hertz (Hz), d. h. Schwingungen pro Sekunde. Das menschliche Gehör arbeitet am besten im Bereich zwischen 500 und 5000 Hz.

Die Lautstärke ist dagegen abhängig vom Druck der Schallwelle: Ein starker Druck produziert laute, ein schwacher Druck eher leise Töne. Die Lautstärke wird in der Einheit Dezibel (dB) gemessen. Dezibel beschreibt die Intensität der Geräuschenergie, die das Ohr erreicht und entlang einer logarithmischen Skala zunimmt. Ausgehend von einem Geräusch von 0 dB entspricht ein zehnfach lauteres Geräusch 10 dB (etwa das Rascheln von Laub), ein 100-fach lauteres Geräusch entspricht 20 dB (eine laute Unterhaltung).

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