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Waschen und Reinigen: Schmutzfänger Tenside
Kernseife oder Schmierseife: Was ist der Unterschied?
Die Ausgangsprodukte. Seifen entstehen bei der alkalischen Spaltung von Fetten, der sog. Verseifung. Chemisch gesehen sind sie Alkalisalze von Fettsäuren, wobei Natriumsalze die harten Kernseifen bilden, Kaliumsalze die weicheren Schmierseifen. In alten Zeiten wurden dazu Rindertalg und Schweineschmalz mit Soda (Natriumcarbonat) oder Pottasche (Kaliumcarbonat) gekocht – dies war die gängige Methode, Seife für den täglichen Gebrauch herzustellen. Prinzipiell wird derselbe Vorgang heute industriell durchgeführt. Als Rohstoffe dienen dabei Talg, Kokos- oder Palmfett sowie Natronlauge. Flüssigseifen entstehen mit Fettsäuren aus acht bis zehn Kohlenstoffatomen. Durch Zusätze wie Parfümöle, Farbstoffe, Deodorantien und rückfettende Stoffe wie Lanolin (Wollfett) werden Feinseifen hergestellt.
Weshalb kann man mit Seife waschen?
Die Waschwirkung von Seifen beruht v. a. auf ihren sog. grenzflächenaktiven Eigenschaften: Sie setzen die Oberflächenspannung des Wassers herab; solche Stoffe nennt man auch Tenside. Wasser besitzt eine starke Oberflächenspannung, die auf der Struktur des flüssigen Wassers beruht. Die Wassermoleküle in flüssigem Wasser werden durch zahlreiche Wasserstoffbrücken untereinander vernetzt. Substanzen, die weder Wasserstoffbrücken noch ionische Wechselwirkungen mit Wassermolekülen ausbilden können – zum Beispiel Fette –, können dieses Netz der Wasserstoffbrücken nicht aufbrechen und lösen sich daher nicht in Wasser.
Tenside sind in der Lage, gleichzeitig sowohl mit Wassermolekülen als auch mit Schmutzteilchen, die häufig aus Fett bestehen, eine Wechselwirkung einzugehen. Diese lang gestreckten Moleküle vereinen zwei gegensätzliche Eigenschaften in sich: Ein Molekülteil (der Kopf) ist hydrophil (Wasser liebend), der andere (der Schwanz) wendet sich vom Wasser ab, ist also hydrophob. Im Wasser sammeln sich Tensidmoleküle daher an der Oberfläche: Der polare Kopf steckt im Wasser und der unpolare Schwanz ragt aus dem Wasser heraus. Auf diese Weise verringern sie die Oberflächenspannung des Wassers, so dass Textiloberflächen besser benetzt werden.
Tenside haben aber auch noch eine weitere, wichtigere Wirkung: Sie umschließen Schmutzpartikel oder Fettreste, indem sich der hydrophobe Schwanz an sie anlagert, während der hydrophile Kopf sich von ihnen abwendet und im Wasser zu bleiben versucht. Durch diese Hülle werden die eigentlich unlöslichen Partikel wasserlöslich und können mit dem Waschwasser fortgespült werden.
Ist hartes Wasser hart?
Nein, hartes Wasser ist genauso flüssig wie weiches. Die sog. Wasserhärte gibt an, ob (und wie viele) gelöste Ionen im Wasser enthalten sind. Besonders häufig ist gelöstes Calcium-(hydrogen)carbonat, also Kalk. Bei uns wird die Wasserhärte daher als Kalkgehalt in °dH (Grad deutscher Härte) angegeben, wobei 1 °dH einem Kalkgehalt von 1 Milligramm pro 100 Milliliter Wasser entspricht. Kalk kann beim Erwärmen oder sich änderndem Säuregehalt »ausfallen«, d. h. sich als fester Niederschlag an den Gefäßwänden oder in Leitungen absetzen. Die Wasserhärte beeinflusst sowohl die Lebensdauer einer Waschmaschine als auch das Waschergebnis.
Enthalten Waschmittel heute noch Seife?
Nein, denn Seife ist nur in weichem Wasser waschaktiv. In hartem Wasser dagegen werden schwerlösliche Calcium- oder Magnesiumsalze ausgefällt, die als weiße Flocken auf der Lösung schwimmen. Außerdem wird dadurch ein Teil des Waschmittels nutzlos, so dass man bei hartem Wasser das Waschmittel höher dosieren muss. Um die Nachteile von Seifen zu umgehen, werden seit etwa 1950 sog. synthetische Tenside eingesetzt. Sie haben die gleiche Struktur aus unpolarem Alkylrest und polarem Kopf wie Seifen und waschen gleich gut. Unterschieden wird zwischen anionischen (elektrisch negativ geladenen), kationischen (positiv geladenen) und nichtionischen (neutralen) Tensiden – jeweils bezogen auf die Eigenschaft der polaren Kopfgruppe. Alkylbenzolsulfonat etwa ist ein anionisches Tensid, das biologisch gut abbaubar ist. Zu den neutralen Tensiden gehören unter anderem die Alkylpolyglucoside. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Kokosöl und Maisstärke gewonnen, sind sehr hautfreundlich und werden in kurzer Zeit biologisch abgebaut. Esterquats sind dagegen kationische Tenside, die beispielsweise als Weichspüler verwendet werden.
Übrigens: Das strahlende Weiß von frischer Wäsche erzeugen nicht Tenside, sondern optische Aufheller. Diese lagern sich an den Fasern an und verwandeln ultraviolettes in sichtbares blaues Licht. Da Pflanzenfasern meist eine gelbliche Naturfarbe besitzen, erzeugt dies optisch einen weißen Eindruck.
Sind Waschmittel umweltschädlich?
Ja, aber nicht mehr in dem Maße wie früher, als man ihnen zur Wasserenthärtung Natriumtriphosphat zusetzte, das mit Calcium-Ionen wasserlösliche Komplexe bildet. Seit 1990 gibt es in Deutschland nur noch phosphatfreie Waschmittel – zu groß war die Umweltbelastung geworden. Phosphate sind zwar nicht giftig, fördern aber das Algenwachstum in Gewässern (Eutrophierung). Bakterien verbrauchen beim Abbau von Algen Sauerstoff, der den übrigen Wasserlebewesen fehlt: Das Gewässer »kippt um«. Heute ersetzen Zeolithe und Polycarboxylate die Phosphate. Zeolithe schädigen weder Umwelt noch Gesundheit. Ökologisch unbedenklich sind moderne Waschmittel deshalb jedoch nicht. Waschmittelrückstände werden nicht immer vollständig mikrobiologisch abgebaut: Schaumberge bilden sich. Heute müssen in Kläranlagen Tenside nach drei Wochen zu mindestens 80 % abgebaut sein und die Abwässer dürfen nicht mehr direkt in Gewässer eingeleitet werden.
Ist Putzen eine Gefahr für die Gesundheit?
Ja, wenn es im Übermaß betrieben wird, wobei die berüchtigten »Spülhände« noch das geringste Problem darstellen. Denn inzwischen hat man festgestellt, dass das menschliche Immunsystem zu seiner Reifung den Kontakt mit einer gewissen Menge an Fremdstoffen und Erregern benötigt. Eine zu stark gereinigte Umgebung, in der zu wenig solche Kontakte stattfinden, gilt deshalb als ein möglicher Auslöser von Autoimmunkrankheiten wie Asthma oder Allergien. Außerdem sind viele der starken Reinigungsmittel bei Einatmen, Verschlucken oder Hautkontakt gesundheitsgefährdend und stellen – werden sie zu hoch dosiert – eine Belastung für die Umwelt dar.
Wussten Sie, dass …
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