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Die „Lower-Risk“-Cannabiskonsum-Richtlinien
Die Welt verändert sich, mit ihr auch die Gesellschaft. Eine gesellschaftliche Veränderung, welche derzeit die Schlagzeilen auf sich zieht, ist die Teillegalisierung von Cannabis. Der Deutsche Bundestag hat am 23. Februar 2024 das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften wie dem Cannabisgesetz beschlossen. Nach der Billigung am 22. März 2024 und dem Inkrafttreten am 1. April 2024 kann Cannabis nun frei konsumiert werden.
Dies birgt auch einige volkswirtschaftliche sowie gesundheitliche Gefahren. Darunter wird davon ausgegangen, dass neue Kosten aufgrund nötiger Ausgaben für Suchtprävention entstehen werden. Wer als Konsument einen gesellschaftlichen Beitrag leisten und gleichzeitig die persönliche Suchtgefahr minimieren möchte, sollte die Konsum-Empfehlungen des internationalen Forschungsteams von Suchtforscher Benedikt Fischer befolgen.
Vorwort der Forscher zu den Richtlinien
Bevor wir genauer auf die Richtlinien eingehen, möchten wir die Kommentare der Forscher sowie die Popularität der Richtlinien wiedergeben. Das Forschungsteam um Benedikt Fischer betont, dass es grundsätzlich keinen sicheren Konsum von Cannabis gibt. Ihre Empfehlungen seien für weniger schädliches Kiffen entwickelt. Laut dem Team gibt es keinen sicheren Weg, Risiken zu vermeiden. Es gäbe nur einen, welcher mit dem Konsum nicht vereinbar ist: die Abstinenz.
Für diejenigen, die dennoch konsumieren, wurden die „Lower-Risk Cannabis Use Guidelines“ erstellt. Diese geben Personen konkrete Hinweise zur Schadensminimierung. Die Leitlinien wurden erstmals 2011 veröffentlicht und 2017 sowie 2022 aktualisiert.
Die Leitlinien umfassen darunter (Stand 2024) 12 Empfehlungen und sind offizieller Bestandteil der Suchtprävention in Kanada: Seit 2018 ist der Freizeitkonsum von Cannabis in Kanada legal. Die Regierung nutzt die Leitlinien, um Konsumierende zur Risikominimierung anzuleiten. Befragungen zeigen, dass sich die Mehrheit der Cannabiskonsumierenden in Kanada an die meisten Empfehlungen hält.

Die Guidelines für den risikofreieren Konsum
Hier sind die 12 „Lower-Risk“ Punkte, die von Benedikt Fischer und seinem Forschungsteam entwickelt wurden:
- Spät einsteigen: Der erstmalige Cannabiskonsum sollte so weit wie möglich hinausgezögert werden. Je später der Einstieg im jungen Erwachsenenalter erfolgt, desto geringer sind die Risiken für die Gesundheit und das Wohlbefinden.
- Niedrig-potenten Cannabis verwenden: Die gesundheitlichen Risiken steigen mit dem Anteil des Wirkstoffs THC im Cannabisprodukt. Konsumierende sollten möglichst Cannabis mit niedrigem THC-Anteil wählen.
- Rauchen vermeiden: Jede Konsumform birgt Risiken. Das Rauchen von Cannabis schädigt die Atemwege, besonders wenn Tabak hinzugefügt wird. Verdampfen oder Vaporisieren kann diese Risiken verringern.
- Tiefe Inhalation vermeiden: Konsumierende sollten es vermeiden, Cannabis besonders tief einzuatmen oder den Atem anzuhalten.
- Nur gelegentlich konsumieren: Besonders täglicher oder fast täglicher Konsum kann schädliche Auswirkungen haben. Konsumierende sollten ihren Konsum auf maximal 1-2 Tage pro Woche begrenzen.
- Legale und qualitätsgeprüfte Produkte bevorzugen: Konsumierende sollten legale Cannabisprodukte verwenden. Illegaler Cannabis kann unbekannte Wirkstoffgehalte und schädliche Substanzen enthalten.
- Reduktion oder Konsumpause bei beeinträchtigter geistiger Leistungsfähigkeit: Wenn Konsumierende den Eindruck haben, dass ihre geistige Leistungsfähigkeit abgenommen hat, sollten sie den Konsum reduzieren oder pausieren.
- Kein Cannabis am Steuer: Personen sollten kein motorisiertes Fahrzeug führen oder Maschinen betätigen, solange die Cannabiswirkung anhält. Dies kann 12 Stunden oder länger der Fall sein.
- Abstinenz für Schwangere, Stillende und Personen, die Kinder kriegen wollen: Cannabis kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und die Entwicklung des Kindes während Schwangerschaft und Stillzeit negativ beeinflussen.
- Vorsicht bei Mischkonsum: Der Mischkonsum mit anderen Substanzen kann die gesundheitlichen Risiken verstärken. Beispielsweise erhöht das Mischen mit Tabak das Abhängigkeitsrisiko und belastet die Atemwege.
- Besondere Risiken für Gruppen: Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, Psychosen oder Gemütserkrankungen wie Depressionen haben ein erhöhtes Risiko. Auch Personen mit einer Abhängigkeitserkrankung sind stärker gefährdet.
- Kombination von Risikofaktoren vermeiden: Personen, die früh einsteigen, häufig konsumieren und hoch-potenten Cannabis bevorzugen, haben ein besonders hohes Risiko für Abhängigkeit und psychische Erkrankungen. Mehrere Risikofaktoren sollten vermieden werden.

Fokus auf die Konsumform
Laut den Richtlinien ist die Konsumform ein entscheidender Faktor bei der Minimierung von Risiken. Eine Empfehlung der „Lower-Risk Cannabis Use Guidelines“ ist es beispielsweise, das Rauchen von Cannabis zu vermeiden. Denn so können die Atemwege geschont werden. Eine Alternative zum Rauchen ist das Verdampfen oder Vaporisieren, das potenziell weniger schädlich ist.
Wenn Konsumierende dennoch rauchen möchten, können sie darauf achten, die Risiken zu minimieren. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von hochwertigen und ungebleichten Longpapers. Diese beinhalten weniger Zusatzstoffe als herkömmliches Zigarettenpapiere. Neben klassischen Longpapers gibt es zudem Papers aus zertifizierten Bio-Hanf, welche Nachhaltigkeit fördern und gleichzeitig frei von Zusatzstoffen sind.
Longpapers bieten außerdem den Vorteil, dass sie größer sind und damit ermöglichen, den Tabakanteil zu reduzieren oder komplett wegzulassen. Dies ist besonders relevant, da das Mischen von Cannabis mit Tabak das Abhängigkeitsrisiko erhöht und die Atemwege zusätzlich belastet. Die Wahl der richtigen Konsumform und Materialien kann also einen Unterschied machen. Konsumierende sollten sich gut informieren und bewusst Entscheidungen treffen, um die gesundheitlichen Risiken ihres Cannabiskonsums zu minimieren.