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EU-Umfrage: Globalisierungsängste stärken Populisten
In fast allen europäischen Ländern sind populistische Parteien auf dem Vormarsch. Warum immer mehr Menschen mit AfD & Co sympathisieren, dafür gibt es viele Erklärungen: Oft wird etwa die Mainstream-Liberalität der politischen Eliten verantwortlich gemacht, in deren Meinungsspektrum sich Menschen mit einem traditionelleren Weltbild nicht mehr repräsentiert sehen.
Doch sind es wirklich vor allem gemeinsame antiliberale Überzeugungen, die die Anhänger populistischer Parteien einen? Nein, lautet die klare Antwort einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung. Sie hat untersucht, ob die politischen Einstellungen der Europäer stärker durch den persönlichen Wertekompass oder die Angst vor Globalisierung und ökonomischem Abstieg beeinflusst werden - und kommt zu einem überraschend deutlichen Ergebnis.
Globalisierung spaltet Europäer
Die Antworten aus der Umfrage, die repräsentativ für die gesamte EU und die neun größten Mitgliedsstaaten ist, zeichnen zunächst das Bild eines gespaltenen Europas: Während die eine Hälfte der EU-Bürger (55 Prozent) die internationale Verflechtung als Chance begreift, sieht sie die andere (45 Prozent) als Bedrohung.
Dabei gilt: Je niedriger das Bildungsniveau und je höher das Alter der Befragten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen Globalisierung als Gefahr empfinden. So findet sich der größte Anteil der Globalisierungsbefürworter unter jungen Europäern zwischen 18 und 25 Jahren: Rund 61 Prozent in dieser Gruppe stehen einer stärker zusammenwachsenden Welt positiv gegenüber.
Angst als Erklärung für politische Einstellung
Interessant wird es, wenn man die Aussagen zum Thema Globalisierung mit den Wertevorstellungen und der konkreten politischen Einstellung der Befragten vergleicht. Hierbei zeigt sich: Ob die Befragten ein liberales oder konservativ-autoritäres Weltbild haben, spielt bei Aussagen zur Politik zwar auch eine Rolle, jedoch sind die Unterschiede über Länder und Parteipräferenzen hinweg meist gering oder nicht einheitlich verteilt.
Viel aussagekräftiger hingegen ist die Bewertung der Globalisierung: Durch die entsprechende Einordnung der Europäer in Globalisierungspessimisten und -optimisten lassen sich ihre Einstellungen gegenüber Politik und Gesellschaft in der EU vergleichsweise gut erklären, wie die Studienautoren in einer Mitteilung berichten. Demnach fürchten die Anhänger rechtsnationaler und populistischer Parteien besonders häufig die Folgen der internationalen Verflechtung.