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People Pleasing – Warum wollen wir anderen gefallen?

Wir alle wollen gemocht werden. Doch für manche Menschen steht dieses Streben nach Anerkennung sogar über ihrem eigenen Wohlbefinden. Man nennt sie „People Pleaser“ – Menschen, die immer ihre Hilfe anbieten, zu allem ja sagen und Konflikten ausweichen, selbst wenn es sie erschöpft. Sie richten ihr Verhalten so stark nach den Bedürfnissen anderer aus, dass sie den Zugang zu den eigenen Grenzen verlieren. Doch wie kommt dieses Verhalten zustande? Und was unterscheidet „People Pleasing“ von gesunder Rücksichtnahme?
CMA, 13.11.2025
Symbolbild People Pleasing

© Craft24. iStock

Dazugehören zu wollen, ist völlig normal. Schließlich war es in unserer Evolution lebenswichtig, Teil der Gruppe zu sein. Wer ausgeschlossen wurde, hatte geringere Überlebenschancen. Dieses Bedürfnis ist deshalb tief in unserer Biologie und Psyche verwurzelt. Bei manchen wird dieses Streben nach Anerkennung und Zuneigung anderer jedoch so stark, dass sie sich selbst zurückstellen, um Harmonie zu wahren. Man nennt sie „People Pleaser“. Der Begriff ist zwar nicht klinisch, kommt aber durchaus in der Forschung vor.

Bin ich ein People Pleaser?

Ein Hinweis darauf, dass man ein People Pleaser sein könnte, ist die Schwierigkeit, Nein zu sagen oder klare Grenzen zu setzen. Oft geht damit ein starkes Bedürfnis nach Zustimmung einher, begleitet von der Tendenz, sich übermäßig um die Bedürfnisse anderer zu kümmern. Dabei kann es passieren, dass man die eigene Persönlichkeit je nach sozialem Umfeld anpasst, um dazuzugehören oder Konflikte zu vermeiden. Nicht selten stellt sich zudem Schuldgefühle ein, sobald man Entscheidungen trifft oder Wünsche äußert, die anderen nicht gefallen.

Bei Menschen mit ausgeprägtem People Pleasing zeigt sich häufig ein geringes Selbstwertgefühl, das stark von der Bestätigung anderer abhängt. Das kann innere Leere, Unzufriedenheit und das Gefühl begünstigen, nie „genug“ zu sein. Auf lange Sicht kann das auch krank machen: People Pleaser sind anfälliger für psychische Belastungen wie Angststörungen oder Depressionen, da der permanente Druck, es allen recht zu machen, emotional erschöpfend ist.

Wie entsteht People Pleasing?

Doch woher kommt dieses Verhaltensmuster? Psychologen zufolge entsteht People Pleasing häufig aus frühen Erfahrungen. Viele Betroffene haben als Kinder gelernt, dass Zuneigung oder Anerkennung an Bedingungen geknüpft ist – etwa daran, brav, hilfsbereit oder unkompliziert zu sein. Betroffenen verlieren dadurch das Gefühl, selbstbestimmt handeln zu dürfen, und entwickeln häufiger unsichere Bindungsmuster.

Auch traumatische Erfahrungen können das People Pleasing begünstigen. Viele Menschen erleben mindestens einmal in ihrem Leben ein belastendes oder traumatisches Ereignis, zum Beispiel einen Unfall, den Verlust eines nahestehenden Menschen oder eine Naturkatastrophe. Wenn ein Mensch in seiner Kindheit jedoch traumatische Vernachlässigung, Demütigung oder Verlassenwerden erlebt hat, wird People Pleasing zu einer Überlebensstrategie. Ablehnung erscheint dann nicht nur unangenehm, sondern bedrohlich. Um sie um jeden Preis zu vermeiden, passen  Betroffene sich an.

Was passiert im Gehirn?

Neurologisch betrachtet aktiviert People Pleasing das Belohnungssystem unseres Gehirns. Bei sozialer Anerkennung wird Dopamin ausgeschüttet – ein Neurotransmitter, der kurzfristig für Erleichterung, Sicherheit und Zufriedenheit sorgt. Diese positiven Gefühle wirken wie eine Belohnung und verstärken das Verhalten: Wir wollen immer mehr gefallen, selbst wenn es uns langfristig schadet.

Gleichzeitig kann dieses Streben nach positivem Feedback unseren Körper in einen dauerhaft erhöhten Stresszustand versetzen. Studien zeigen, dass People Pleasing langfristig zu einer erhöhten Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin führen können. Wenn Cortisol über längere Zeit im Körper bleibt, beeinträchtigt das die Konzentration, Erinnerungsvermögen, emotionale Regulation und Problemlösefähigkeit. Mit der Zeit fällt es Betroffenen deshalb immer schwerer, für die eigenen Grenzen einzustehen.

Was können wir dagegen tun?

Ein erster Schritt gegen People Pleasing ist, sich überhaupt bewusst zu machen, dass man es tut. Viele dieser Muster laufen über Jahre hinweg automatisch ab, ohne dass wir sie hinterfragen. Hilfreich kann es sein, im Alltag kurz innezuhalten und sich zu fragen, ob man eine Entscheidung aus eigenem Wunsch trifft – oder aus dem Bedürfnis heraus, zu gefallen. Dann lohnt es sich, kleine „Neins“ zu üben, zunächst in Situationen, die sich sicher anfühlen. Mit der Zeit kann man sich steigern und lernen, die eigenen Bedürfnisse ohne Schuldgefühl ernst zu nehmen

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