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Erfolgsrezept Zahnpasta

Schon als Kinder lernen wir: Zähneputzen dreimal am Tag, je drei Minuten. Seine Zähne reinigen muss jeder, ganz egal ob groß oder klein, jung oder alt und wo auf der Welt man sich befindet. Aber warum ist das Zähneputzen überhaupt so furchtbar wichtig, wie genau hilft uns die Zahnpasta dabei und wie haben eigentlich die Menschen früher Zähne geputzt?
KMI, 08.06.2022
Symboldbild Zahnpasta

Bet_Noire, GettyImages

Wer hätte gedacht, dass sich in unserem Mund eine so große Vielzahl an Bakterien, Viren und Pilzen tummeln kann? Millionen Vertreter von ungefähr 150 verschiedenen Bakterienarten leben in dem feucht-warmen Klima unseres Mundes. Darunter sind harmlose Mikroben, die sogar wichtige und positive Funktionen haben, aber auch schädliche Arten, die großen Schaden anrichten können, wenn sich zu viele von ihnen ansiedeln. Mit der richtigen Mundhygiene lässt sich dieses bunte Treiben in Schach halten und Krankheiten wie Karies und Zahnfleischentzündungen vorbeugen.

Übeltäter Zahnbelag

Den Nährboden für Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch bildet der sogenannte Zahnbelag, eine Schicht, die sich mit der Zeit auf die Zähne legt und die auch Biofilm oder Plaque genannt wird. Nach dem Zähneputzen, wenn die Zähne sich so schön glatt und sauber anfühlen, sind die Zähne erst einmal frei von diesem Belag und umgeben von einer Schutzschicht aus Speichel und Eiweißen, die Pellikel genannt werden.

Mit der Zeit heften sich aber immer mehr Bakterien an diese Pellikel an und nach etwa zwei Stunden beginnt sich ein dünner Biofilm zu bilden, den man nach einiger Zeit sogar als raues oder pelziges Gefühl auf den Zähnen spüren kann. Diese Schicht besteht aus den Mikroben und proteinreichem Schleim, mit dem sie sich schützen und mit dem Untergrund verbinden. In diesem Biofilm herrschen nun optimale Bedingungen für die Bakterien, um sich zu vermehren. Dadurch können gerade schädliche Arten schnell Überhand nehmen.

Schuld daran ist Zucker: Die schädlichen Bakterien gewinnen aus dem Zucker in unserer Nahrung ihre Energie und produzieren dabei Säuren, die unsere Zähne und die harmlosen Bakterien angreifen. Mit der Zeit nimmt die Zahl der schädlichen Bakterien daher immer weiter zu. So kann durch den dauerhaften Säureangriff auf unsere Zähne Karies entstehen und sich durch andere reizende Stoffe der Bakterien unser Zahnfleisch entzünden.

Kampf dem Biofilm

Bis sich die Bakterien aber so stark genug vermehrt haben, um die Zähne so weit anzugreifen, dass wir Karies bekommen, dauert es zum Glück zwar etwas. Trotzdem ist es unerlässlich den Biofilm regelmäßig und so früh wie möglich zu entfernen. Und zwar indem wir Zähneputzen.

Aber was genau passiert eigentlich beim Zähneputzen und wie hilft uns die Zahnpasta dabei? Zuerst einmal enthält Zahnpasta sogenannte Putzkörper, die für die mechanische Reinigung verantwortlich sind. Das sind ganz feine Partikel beispielsweise aus Kreide, Kieselsäure oder auch Mikroplastik. Zusammen mit der Bürste wirken sie wie ein sanftes Schmirgelpapier, das den Zahnbelag mitsamt den Bakterien ablöst.

Unterstützt werden die Putzkörper und die Bürste durch sogenannte Schaumbildner, die für das typische Aufschäumen der Zahnpasta beim Putzen sorgen. Dieser Schaum bewirkt, dass die Zahnpasta gleichmäßig verteilt wird und Essensreste sowie Zahnbeläge gelockert werden. Die abgelösten und im Mund unerwünschten Bestandteile werden nun in der Zahnpasta gebunden und können einfach ausgespült werden.

Weitere, nicht zu unterschätzende Bestandteile der Zahnpasta sind Süßstoffe und Aromen wie zum Beispiel Minze. Denn die enthaltenen Wirkstoffe, wie Putzkörper und Schaumbildner, sorgen alleine nicht unbedingt für einen angenehmen Geschmack.

Fluorid gegen Karies

Wichtigster Bestandteil der Zahnpasta ist allerdings wohl das Fluorid. Dieses dient nicht direkt der Reinigung, sondern gilt als aktiver Inhaltsstoff, der im Mund eine chemische Reaktion verursacht und so Karies vorbeugt.

Wie das funktioniert? Unsere Zähne bestehen aus einem Mineral namens Kalziumphosphat. Produzieren die schädlichen Bakterien des Zahnbelags nun ihre Säuren, sorgen diese dafür, dass Kalziumphosphat abgebaut wird und unsere Zähne sozusagen ganz langsam zersetzt werden. Die Bakterien können dabei bis tief in den Zahn vordringen, diesen immer weiter zerstören und dort für Infektionen sorgen – Karies entsteht.

Um das zu verhindern, verwenden wir heutzutage Fluorid. Dieses reagiert mit Kalzium aus unserem Speichel und bildet Kalziumfluorid. Das ist eine Substanz, die dem Kalziumphosphat unserer Zähne sehr ähnlich ist und daher in diese eingebaut werden kann. Ohne Fluorid bildet sich in unserem Speichel nämlich normalerweise Kalziumphosphat, das in angegriffene Zähne eingebaut wird und diese so "remineralisiert". Der Vorteil von Kalziumfluorid gegenüber Kalziumphosphat ist aber, dass ersteres durch Säuren kaum Schaden nimmt. Die Zähne sind also resistenter gegen die gefährlichen Säuren der Bakterien und bekommen weniger schnell Karies.

Und Fluorid hat noch mehr Vorteile. Zum einen unterstützt es zusätzlich die natürliche Remineralisierung, also den Einbau von Kalziumphosphat in den Zahn. Zum anderen stört es den Stoffwechsel von Bakterien. Diese können so weniger Säuren produzieren und den Zähnen weniger schaden.

en Zweig, eine Knospe oder ein Wurzelstück des Zahnbürstenbaumes (Salvadora persica), das zur Reinigung der Zähne verwendet wird. Miswāk (arabisch المسواك, DMG miswāk, Pl. masāwīk), auch Siwāk,
Von Ostafrika über Arabien bis Indien werden seit jeher "natürliche" Zahnbürsten aus Zweigen oder Wurzelstücken des Zahnbürstenbaumes (Salvadora persica) hergestellt.

hayatikayhan, GettyImages

Zahnhygiene seit jeher

Bis wir mit einem solch ausgefeilten System unsere Zähne reinigen und erhalten konnten, hat es aber eine ganze Zeit gedauert. Früher nutzten die Menschen Putzmittel wie Salz, Asche, Eierschalen oder sogar Bimsstein, um die Zähne sauber zu halten. Eine Aufgabe, die heute wesentlich schonender die Putzkörper in der Zahnpasta übernehmen. Damals wurden einfach ein Puder aus den genannten Bestandteilen auf den Zähnen verrieben. Für den Geschmack wurde manchmal Honig oder auch Minze zugesetzt.

In Indien und weiten Teilen der islamischen Welt wurde dagegen unter anderem der Zahnbürstenbaum zur Zahnpflege verwendet. Die Knospen, Wurzeln oder Zweige wurden gekaut und mit den ausgefransten Stücken dann die Zähne gereinigt. Hier scheinen die Menschen schon damals den richtigen Riecher gehabt zu haben. Denn der Baum enthält Substanzen, die gegen Bakterien wirken, und sogar in geringen Mengen Fluorid.

Das Fluorid mit seiner zahnschützenden Wirkung entdeckte man allerdings erst sehr viel später. Im Jahr 1874 konnte ein deutscher Arzt erstmals die positive Wirkung nachweisen. Und zwar durch Versuche mit einem Hund, dem er dafür vor und nach einer Behandlung mit Fluorid einen Zahn zog und diesen untersuchte. Heute verdanken wir der langen Erfolgsgeschichte der Zahnpasta und des Fluorids, dass wir so effektiv Zähne putzen können und immer weniger Menschen Karies bekommen.

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