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Französischer Dandy?
„Ich habe nur ein Meisterwerk gemacht, das ist der Bolero. Leider enthält er keine Musik." Maurice Ravel teilt das Schicksal mit jenen Komponisten, die ausgerechnet mit solchen Werken berühmt wurden, die sie selbst nicht für ihre bedeutendsten hielten. In der deutschsprachigen Rezeption trifft die Ravel zugeschriebene Aussage zu. Ohne Bolero wäre Ravel einer unter vielen.
Der Bolero
Der Bolero, komponiert und uraufgeführt im Jahre 1928 in Paris, ist ursprünglich eine Ballettmusik. Dieses Auftragswerk für Ida Rubinstein verdankt seine Entstehung den verschlungenen Pfaden des Urheberrechts. Den eigentlichen Plan, einige Stücke aus Isaac Albéniz’ Klaviersuite Iberia zu instrumentieren, musste Ravel nämlich verwerfen und stattdessen, ein „Experiment“ wagen. Das Stück ist ein einziges ausgedehntes Crescendo. Zwei Bolero-Weisen werden in stets neuer instrumentaler Gewandung zu einem bis zum vorletzten Takt konstanten Rhythmus permanent wiederholt, bevor Ravel zum raffinierten Schlusscoup ansetzt: Kurz vor Schluss springt das bis jetzt durchgehaltene C-Dur nach E-Dur und das Stück bricht – ähnlich wie La Valse – völlig in sich zusammen. Die einmal angeworfene und bis zum Höhepunkt gesteigerte Orchestermaschinerie wird einfach abgestellt. Einfachheit und Raffiniertheit ergänzen sich hier zu einer Synthese von bisweilen hypnotischer Wirkung.