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Inflation: Was steckt hinter dem Teuermacher?

Egal wo man aktuell hinschaut: Alles ist teurer geworden, von Lebensmitteln über Strom bis hin zum Urlaub. Unser Gehalt hingegen ist meist unverändert und daher immer weniger wert. Bei einigen reicht es nur noch für das Allernötigste. Als Grund für die Misere wird häufig die Inflation genannt. Doch was ist Inflation eigentlich genau? Wie entsteht sie? Und warum würde es nicht helfen, neben den Preisen auch einfach die Löhne zu erhöhen?
AMA, 17.08.2023
Symbolbild Inflation

© photoschmidt, GettyImages

Dieselben 100 Euro bringen uns nicht immer gleich weit. In Jahren mit hoher Inflation – wie wir sie aktuell erleben – reicht das Geld womöglich gerade so für den Wocheneinkauf. In Jahren mit niedriger Inflation ist für dasselbe Geld zusätzlich noch ein Kinobesuch oder eine Torte vom Bäcker mit drin. Aber warum ist das so?

Inflation: Was ist das?

Ökonomisch betrachtet versteht man unter einer Inflation den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Die Preise für Güter des täglichen Bedarfs erhöhen sich also spürbar über einen längeren Zeitraum hinweg – genauso wie wir es aktuell erleben. Das bedeutet gleichzeitig, dass das Geld in unseren Portmonees und auf unseren Konten weniger wert ist. Wir können damit weniger kaufen als noch vor der Inflation, weil die Waren nun mehr kosten. 

Wie misst man die Inflation?

Die Einheit, in der man das Ausmaß einer Inflation misst, heißt Inflationsrate. Sie gibt an, wie sich die Preise für Waren und Dienstleistungen im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat verändert haben. Wenn das Statistische Bundesamt also bekanntgibt, dass die Inflationsrate im Juli 2023 bei 6,2 Prozent lag, bedeutet das, dass unser alltägliches Leben aktuell 6,2 Prozent teurer ist als noch im Juli 2022.

Um die Inflationsrate zu berechnen, stellt das Statistische Bundesamt jeden Monat einen fiktiven Warenkorb zusammen. Darin liegen insgesamt 650 Güterarten, für die private Haushalte in der Regel ihr Geld ausgeben, also zum Beispiel Lebensmittel, Mietkosten, Handyverträge, Schuhe, Restaurant- und Kinobesuche oder Bahntickets. Die einzelnen Posten im Warenkorb sind dabei unterschiedlich stark gewichtet, je nachdem welchen Anteil sie an den durchschnittlichen Konsumausgaben privater Haushalte haben. Somit spielt zum Beispiel die Miete eine größere Rolle als Kinobesuche.

Um herauszufinden, wie sich die Kosten für diesen Warenkorb im Laufe der Zeit verändern, erfassen Statistiker jeden Monat mehr als 300.000 Einzelpreise: vom Apfel über die Kinderjacke bis hin zur Flugreise. Auf dieser Basis können sie dann errechnen, wie stark die Preise vom Vorjahresmonat abweichen und wie hoch dementsprechend die aktuelle Inflationsrate ist.

Woher kommt die Inflation?

Inflation = steigende Preise. So weit, so gut. Doch warum steigen die Preise überhaupt und belasten so unseren Geldbeutel? Dafür gibt es aktuell zwei Hauptgründe: die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine. „Ab März 2020 legten die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weltweit ganze Wirtschaftsbereiche lahm. Internationale Lieferketten waren gestört. Es kam zu einem historischen Wirtschaftseinbruch“, erklärt Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank.

Unter anderem führten die Corona-Maßnahmen zu Lieferengpässen und erhöhten Transportkosten, was sich auch im Endpreis einiger Produkte niederschlug. Besonders stark betroffen waren schon damals die Lebensmittelpreise. Doch auch als die Corona-Maßnahmen im vergangenen Jahr weitestgehend wegfielen, half das der Inflation nicht. Im Gegenteil. Viele von uns wollten nun endlich das nachholen, was uns während der Pandemie verwehrt geblieben war, zum Beispiel Reisen oder Restaurantbesuche. Doch so kurz nach der Pandemie konnte das Angebot noch nicht mit der sprunghaft gestiegenen Nachfrage mithalten. Die Anbieter konnten daher in aller Ruhe ihre Preise erhöhen, ohne befürchten zu müssen, dass auf einmal niemand mehr kauft. Ganz nach dem Motto: Wollen zehn Leute die einzige verfügbare Griechenland-Reise buchen, bekommt sie eben der Höchstbietende.

Doch die Corona-Krise und ihre Folgen allein hätten die Inflationsrate nicht so stark steigen lassen, wie es 2022 und 2023 der Fall war. Hier kommt der Krieg in der Ukraine ins Spiel. Er sorgte zusätzlich zu den bestehenden Problemen auch noch für Rohstoffengpässe. Da nun insgesamt weniger Energie, Erdgas und Öl verfügbar waren, stiegen die Preise dafür enorm in die Höhe. Das wiederum erhöhte auch die Lebensmittelpreise immer weiter, denn schließlich mussten nun auch die Landwirte mehr zahlen, um den Traktor zu tanken oder die Verarbeitungsanlagen zu betreiben. Diese Erhöhungen ihrer Produktionskosten gaben sie an die Verbraucher weiter.

Wie schlimm ist die aktuelle Inflation?

Als verhängnisvolles Duo sorgten Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg schließlich dafür, dass die Inflationsrate in Deutschland im Herbst 2022 vorübergehend bei über zehn Prozent lag. Zum Vergleich: Zuvor war sie seit der Einführung des Euro im Jahr 2002 immer zwischen 0,2 und 3,3 Prozent geblieben. Mit der für August 2023 aktuellen Inflationsrate von 6,2 Prozent hat sich die Lage in Deutschland wieder ein wenig beruhigt. Ökonomen schätzen, dass wir 2024 wieder knapp über den üblichen zwei Prozent liegen könnten.

Die aktuelle Inflation ist aber nichts im Vergleich zu der historischen Inflation vor genau 100 Jahren. Kriegsschulden aus dem Ersten Weltkrieg und utopische Reparationsforderungen hatten damals dafür gesorgt, dass das Geld in Deutschland praktisch nichts mehr wert war. So kostete am zweiten Dezember 1923 ein einziges Ei 320 Milliarden Mark und eine Straßenbahnfahrt in Berlin 50 Milliarden Mark. Eine Währungsreform und Unterstützung aus anderen Ländern brachten Deutschland aber schließlich wieder auf Kurs.

Was lässt sich gegen die Inflation tun?

Anders als nach dem Ersten Weltkrieg gibt es im 21. Jahrhundert eine feste Instanz, die in Europa die Inflation überwacht und gegensteuernde Maßnahmen ergreifen kann: die Europäische Zentralbank (EZB). Ihr Ziel ist es, die Inflationsrate niedrig, stabil und berechenbar zu halten – idealerweise bei zwei Prozent. Das gelingt ihr, indem sie den Leitzins anpasst, also die Konditionen, zu denen europäische Banken bei der EZB Geld leihen oder anlegen können.

Liegt die Inflationsrate deutlich über zwei Prozent, erhöht die EZB den Leitzins. Dadurch leihen sich die europäischen Banken weniger Geld und geben die schlechten Kreditkonditionen auch an ihre Kunden weiter. Diese konsumieren in der Folge weniger. Das Preisniveau sinkt wieder. Denn je geringer die Nachfrage, desto geringer auch die Preise. Es ist im Grunde, wie wenn man versucht, etwas bei Ebay Kleinanzeigen zu verkaufen. Zeigt keiner Interesse an meinem Angebot, muss ich den Preis immer weiter senken, um es überhaupt loszuwerden.

Gerade erst im Mai 2023 hat die EZB den Leitzins nochmal um 0,25 Prozent erhöht. Es dauert allerdings in der Regel ein paar Monate, bis die Zinserhöhung wirkt.

Können wir nicht einfach die Löhne erhöhen?

Ein häufig vorgeschlagenes Instrument zur Inflationsbekämpfung ist die Erhöhung der Löhne. Wenn wir alle mehr verdienen, sind die Preise für Lebensmittel und Strom ja schließlich im Verhältnis nicht mehr so utopisch hoch. Oder? Leider nein. „Denn gestiegene Löhne führen zu steigenden Produktionskosten der Unternehmen“, erklärt die Deutsche Bundesbank. Die gestiegenen Kosten versuchen die Firmen dann auszugleichen, indem sie die Preise für ihre Produkte erhöhen. „Die gestiegenen Preise veranlassen die Gewerkschaften dann tendenziell zu weiteren Lohnforderungen, was erneut Preisanhebungen nach sich zieht. Dieser Prozess wird Lohn-Preis-Spirale genannt“, so die Bundesbank weiter.

Das Einzige, was wir aktuell tun können, ist also ausharren, und darauf vertrauen, dass die Zinserhöhung der EZB wirkt und sich die globalen Lieferketten wieder stabilisieren.

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