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Internet-Jubiläum: 30 Jahre World Wide Web
Für uns ist es heute ganz normal: Wir schauen mal eben was im Internet nach, shoppen online, oder schauen auf YouTube nach neuen Videoclips. Dabei ist das Grundprinzip immer das gleiche: Wir geben im Browser eine Internetadresse mit dem Vorsatz http oder https ein und gelangen dann auf die Webseite mit den gewünschten Inhalten. In der Regel basiert diese Seite auf einer bestimmten Sprache, dem html. Über Links können wir zudem zu unzähligen weiteren Webseiten weiterspringen.
"Stellt euch vor…"
Diese Elemente – von http über html bis zu den URLs der Internetlinks – haben ihren Ursprung in der Idee eines jungen Physikers, der in den 1980er Jahren am Forschungszentrum CERN bei Genf arbeitete. Damals gab es zwar schon das Internet, doch dieses Netzwerk wurde fast nur zum Austausch von E-Mails oder Dateien genutzt. Webseiten wie heute gab es noch nicht, Hauptnutzer des Netzwerks waren große Forschungseinrichtungen – und selbst für deren Mitarbeiter war der Austausch über das Internet schwierig und kompliziert.
Tim Berners-Lee wollte hier Abhilfe schaffen. Er überlegte sich ein Konzept, durch das Informationen einfacher online gestellt und angeschaut werden konnten. "Stellt euch vor, alle Informationen, die auf Computern überall gespeichert ist, wäre verlinkt", so der Physiker. "Und stellt euch vor, ich könnte meinen Computer so programmieren, dass er einen Ort erzeugt, in dem alles mit allem verlinkt wäre."
Das erste Konzept für ein WWW
Um diese Vorstellung wahrmachen zu können, entwickelt Berners-Lee die Komponenten, die ein solches System benötigen würde: Ein Webserver dient als Plattform, auf der verschiedene, mithilfe der Seitenbeschreibungssprache html gebaute Webseiten mit Inhalten laufen. Um sich diese Seiten anzuschauen, hat jeder Nutzer auf seinem Rechner eine Anwendung, die den Code dieser Seite ausliest und als lesbaren Text darstellt – den Browser. Und eine Verknüpfung der verschiedenen Seiten findet mithilfe standardisierter Verweise statt – den Links.
Am 12. März 1989 stellt Tim Berners-Lee dieses unter dem Titel "Information Management: A Proposal" seinen Kollegen vor. Gemeinsam mit dem belgischen Systemingenieur Robert Cailiau entwickelt er das Konzept weiter und veröffentlicht es schließlich offiziell unter dem Titel WorldWideWeb: Vorschlag für ein Hypertext-Projekt". Damit sind die Grundbausteine des heutigen WWW gelegt.
Vom ersten Webserver zum weltumspannenden Netz
Bis Ende 1990 dauert es noch, dann hat Berners-Lee den ersten Prototyp umgesetzt: In seinem Labor läuft der erste Webserver, versehen mit einem handgeschriebenen Hinweisschild: "Dieses Gerät ist ein Server. BITTE NICHT AUSSSCHALTEN!" Auf ihm hat der Forscher eine erste Website konstruiert, die zum einen den CERN-Forschern als Austauschplattform dient, zum anderen aber auch das Prinzip des World Wide Web und ihre Funktionsweise erklärt.
Im Laufe der nächsten Monate wird die neue Technik immer bekannter - zunächst aber nur unter Physikern und anderen Wissenschaftlern, die mit dem CERN in direkter Verbindung stehen. Gleichzeitig arbeiten Berners-Lee und seine Kollegen bereits daran, ihr neues WWW für einen größeren Nutzerkreis zu öffnen: Sie optimieren die WWW-Software und erklären tausenden von Wissenschaftlern weltweit über den CERN-Newsletter, wie das System zu benutzen ist. Verschiedene Forschergruppen beginnen daraufhin, Browser für das System zu verbessern und 1992 entstehen die ersten grafischen Webbrowser.
Der Siegeszug des World Wide Web
Der entscheidende Schritt aber erfolgt am 30. April 1993: Das CERN übergibt die Software für das WWW offiziell der Gemeinfreiheit. Das stellt sicher, dass jeder dieses System kostenfrei nutzen darf. Damit ist der Grundstein für das heutige WWW gelegt. "Die Erfindung des World Wide Web hat unsere Welt transformiert und zeigt bis heute, wie Grundlagenforschung Innovationen hervorbringen kann", sagt CERN-Generaldirektorin Fabiola Gianiotti.
Tatsächlich war der Siegeszug des WWW nicht mehr aufzuhalten: 1993 gab es bereits mehr als 500 Webserver. Die Websites des WWW machten allerdings erst ein Prozent des Internet-Datenverkehrs aus. Heute existieren mehr als zwei Milliarden Websites und die Hälfte der Weltbevölkerung ist im WWW online. Tim Berners-Lee ist heute Vorsitzender des W3-Konsortiums – des Gremiums, das für die Standardisierung der Web-Technologien zuständig ist.