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Internetsucht: Wenn Chatten, Spielen und Surfen zum Zwang werden

Spielen am PC, mit Freunden chatten, im Internet surfen – viele Eltern haben den Eindruck, ihre Kinder verbringen jede freie Minute vor dem Computer. Gerade manche Online-Rollenspiele können geradezu süchtig machen. Aber ist das noch harmlos und oder wird das langsam wirklich zur Sucht? Und wie kann man eine Gefährdung frühzeitig erkennen?
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Was hilft gegen Internetsucht?
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Ist das eine echte Sucht?

Inzwischen mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Nutzung sozialer Netzwerke, aber vor allem auch Multiplayer-Onlinespiele tatsächlich abhängig machen können – nicht anders als Alkohol, Glücksspiele oder Drogen. So stuft die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Studie „Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA)“ die Zahl der Internetabhängigen in Deutschland auf insgesamt rund ein Prozent ein. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 24 kam die Erhebung sogar auf 2,4 Prozent Computerabhängige. Weitere 13,6 Prozent sehen die Forscher als problematische Internetnutzer an – als durch eine Abhängigkeit gefährdet. Die Übergänge zwischen exzessiver Nutzung und Abhängigkeit sind aber fließend.

Obwohl Suchtberatungsstellen in den letzten Jahren steigende Nachfrage von Eltern und Betroffenen melden, steht die medizinische Anerkennung der Internet- oder Computerspielsucht als echte Suchterkrankung noch aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO plant aber, 2015 eine Sammelkategorie sogenannter „Verhaltenssüchte“ einzuführen, in der Glücksspiel, Internet- und Computersucht mit aufgenommen werden sollen.

Was sind die Anzeichen?

Aber wann handelt es sich um eine Computerspiel- oder Internetsucht? Klar scheint, dass die Zeitdauer, die jemand vor dem Computer verbringt nicht allein ausschlaggebend ist. Es müssen noch andere Faktoren und Warnzeichen hinzukommen. Typisch für eine Abhängigkeit ist es beispielsweise, andere Interessen wie Freunde, Sport oder Hobbys komplett zu vernachlässigen. Selbst wenn die  Betroffenen nicht am Rechner sind, kreisen ihre Gedanken um die virtuelle Welt.   Die Leistungen in der Schule oder dem Beruf leiden entsprechend. In Extremfällen nimmt das Spielen oder Chatten so großen Raum ein, dass selbst Körperpflege und Ernährung vernachlässigt werden.

Hinzu kommt ein zunehmender Kontrollverlust: Onlinesüchtige kommen vom PC einfach nicht los – auch wenn ihnen die schädlichen Folgen bewusst sind. Diese zwanghaften Handlungen wirken ähnlich auf das Gehirn wie der Konsum von Drogen. Auch beim Online-Gaming werden vermehrt Glückshormone ausgeschüttet. Um den erwünschten Kick und die Befriedigung zu erhalten, verbringen die Betroffenen immer mehr Zeit am Rechner. Bei einem erzwungenen Verzicht auf den Computer können dagegen Entzugserscheinungen in Form von Gereiztheit, innerer Unruhe oder Aggressivität auftreten. Und noch etwas hat die Internetsucht mit klassischen Süchten gemeinsam: Die meisten Betroffenen wollen ihr Problem nicht wahrhaben.

Computerspiele bei Jungen, soziale Netzwerke bei Mädchen

Die soziale Herkunft oder das Geschlecht spielen bei der Anfälligkeit für eine Internetsucht keine Rolle, wie Studien zeigen. Frauen und Männer sind fast gleichermaßen betroffen. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in der Art der unkontrollierten Computernutzung: Junge Mädchen verlieren sich oft stundenlang in den sozialen Netzwerken, während Jungs sich vor allem von Online-Rollenspielen wie den Klassikern „World of Warcraft“ oder Ego-Shootern fesseln lassen. Gerade diese Rollenspiele sind jedoch mit einem erhöhten Risiko verbunden, ein süchtiges Spielverhalten zu entwickeln.

Was tun?

Von kategorischen Verboten raten die Experten eher ab. Besser sei es dagegen, in Form von Zeitkonten feste Regeln zum Spielen oder Surfen zu vereinbaren. Das kann auch zur Vorbeugung beitragen – damit Jugendliche erst gar nicht in Gefahr geraten, ein suchtähnliches Verhalten zu entwickeln. Dafür ist es wichtig, sie früh zu erreichen und einen kontrollierten Umgang mit dem Internet zu fördern.

Speziell an Jugendliche wendet sich die Seite ins-netz-gehen. Hier können Kinder ab 12 Jahren selbst testen, ob sie in Gefahr sind, in eine Internet-Abhängigkeit zu rutschen. Ein Online-Programm gibt dann Hilfen und Tipps, um die richtige Balance zwischen der virtuellen und realen Welt zu finden. Außerdem bietet die Seite Informationen dazu, wohin sich Betroffene vor Ort wenden können.

http://www.ins-netz-gehen.de/

http://www.drogenbeauftragte.de/drogen-und-sucht/computerspiele-und-internetsucht.html

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