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Ratschläge von der KI: Wer nutzt die digitalen Helfer wie?

Schon mal einen Chatbot um Rat gefragt? Ob Rezept, berufliche Themen oder sogar Liebeskummer – 40 Prozent der Deutschen lassen sich mindestens einmal pro Woche von Künstlicher Intelligenz beraten. Doch wie sinnvoll ist das eigentlich? Geben KI-Anwendungen guten Rat? Und welche Menschen nutzen die Chatbots am häufigsten?
CMA, 17.12.2025
Chatbot-Assistent mit Aufgabenbereichen

© pingingz, iStock

„ChatGPT, schreib mir einen Artikel über Künstliche Intelligenz als Ratgeber“, so einfach könnte mein Beruf als Wissenschaftsjournalistin sein - theoretisch. Es erscheint praktisch, die jederzeit verfügbare KI als Ratgeber für berufliche Aufgaben herzuziehen, genauso wie für Alltagsthemen wie Rezeptideen oder sogar persönliche Konflikte. Und der Trend in Deutschland zeigt: Viele Menschen nutzen Chatbots wie ChatGPT, Gemini und Co schon für genau diese Dinge, 40 Prozent der Deutschen sogar mindestens einmal pro Woche, was eine neue Befragung von Jabra und YouGov zeigt.

Doch die wachsende KI-Nutzung gilt nicht für jeden gleich. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen Altersgruppen, Geschlechtern und Einkommensklassen. Die entscheidende Frage lautet also: Für welche Gruppen ist KI schon eine echte Ratgeberin – und wer hat noch keinen Zugang dazu?

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Zwischen den Geschlechtern zeigt sich ein deutlicher Unterschied im Umgang mit KI-Ratschlägen: Männer nutzen KI sowohl privat als auch beruflich deutlich häufiger als Frauen. Sie greifen auch bei sensiblen, persönlichen Themen auf die digitalen Helfer zurück – rund 20 Prozent der Männer tun dies privat, bei Frauen sind es nur etwa 14 Prozent.

Auch als zweite Meinung wird die KI von Männern stärker genutzt als von Frauen: Fast 40 Prozent holen sich auf diese Weise regelmäßig Unterstützung, während Nutzerinnen der Chatbots insgesamt zurückhaltender bleiben. Im Berufsalltag setzt sich dieser Trend fort: Etwa 14 Prozent der Männer greifen täglich auf KI zurück, bei Frauen sind es nur rund sechs Prozent.

Wer mehr verdient, nutzt KI-Rat häufiger

Auch beim Einkommen zeigen sich deutliche Unterschiede. Menschen mit höherem Einkommen nutzen KI deutlich häufiger als Geringverdienende, sowohl privat als auch im Beruf. Für niedrigere Einkommensgruppen steht vor allem schnelle Hilfe und unmittelbare Entlastung im Vordergrund. Besserverdienende sehen KI zunehmend als „Sparringspartner“. Sie nutzen sie, um eigene Positionen zu prüfen, Perspektiven zu erweitern und sich eine zweite Meinung einzuholen.

Außerdem interessant: Jüngere Menschen greifen deutlich häufiger auf digitale Ratgeber zurück als ältere. Besonders die Gen Z und Millennials nutzen KI sowohl privat als auch beruflich regelmäßig, während Generation X und Babyboomer deutlich zurückhaltender ist. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die KI besonders jungen, privilegierten Männern hilft, während einkommensschwache, ältere Frauen auf der Strecke bleiben. Trotz dieser Unterschiede teilen alle Gruppen ähnliche Beweggründe: Wer auf KI setzt, möchte vor allem klare, schnelle und unvoreingenommene Antworten erhalten – ganz gleich, ob es um den Alltag oder den Job geht.

Finger weg von sensiblen Themen

Doch ist es wirklich sinnvoll, KI als Ratgeber bei sensiblen Konflikten im Freundeskreis oder für die Beziehung zu nutzen? Eine aktuelle Studie von Myra Cheng von der Stanford University in den USA deutet darauf hin, dass dies eher problematisch sein könnte. Demnach sind ChatGPT und Co keine unvoreingenommenen Ratgeber oder Streitschlichter. Denn die KI-Systeme neigen dazu, ihren Nutzern zu schmeicheln. Sie bestätigen daher die Ansichten und die Handlungen der Person, die sie gerade fragt, um 50 Prozent häufiger als ein menschliches Gegenüber. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Nutzeranfragen Manipulation oder Täuschung enthalten.

Im Experiment führte die Nutzung der KI dadurch dazu, dass die Testpersonen weniger bereit waren, aktiv an einer Lösung von Konflikten zu arbeiten. Gleichzeitig waren sie stärker davon überzeugt, im Recht zu sein – unabhängig davon, ob sie es objektiv betrachtet waren. Hinter der schmeichelnden Haltung der meisten Chatbots steckt vielleicht ein ökonomischer Anreiz: Nutzer bewerten schmeichelhafte Antworten als qualitativ hochwertiger, schenken dem KI-Modell mehr Vertrauen und sind eher bereit, es erneut zu verwenden.

Experten warnen daher davor, Chatbots als Lebensratgeber zu nutzen: „Unsere größte Sorge besteht darin, dass dies die Wahrnehmung der Menschen von sich selbst, ihren Beziehungen und der Welt um sie herum verzerren kann“, sagt Cheng. Manchmal ist der beste Rat eben immer noch menschlich.

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